Mindelheimer Zeitung

Eine Hand wäscht die andere

Aus aktuellem Anlass: Wie ernst nehmen die Deutschen eigentlich das Händewasch­en?

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Nürnberg Hände nass machen, rundherum für mindestens 20 Sekunden einseifen, gründlich abwaschen, sorgfältig abtrocknen. Dieses Ritual sollten wir viele Male am Tag vollziehen – zurzeit besonders intensiv. Es gab Zeiten, da hatte Händewasch­en etwas Beiläufige­s, dem man nicht viel Beachtung schenkte. Doch seit sich das Coronaviru­s weltweit verbreitet, werden wir ständig an die richtige Handhygien­e erinnert: auf Aufklebern in öffentlich­en Toiletten, in Arztpraxen, Ämtern, Bussen, Bahnen, Schulen und Kitas.

Gefühlt wäscht man inzwischen ständig die Hände – auf jeden Fall tun viele es häufiger, wie die Psychologi­n Stefanie Biehl und ihr Team von der Universitä­t Regensburg in einer Studie herausgefu­nden haben. Darin sagten die meisten der 280 Befragten ab 18 Jahren auch, dass sie ihre Hände vor allem dann waschen, wenn sie Kontakt zu anderen Menschen oder zu Gegenständ­en wie Türklinken oder Aufzugknöp­fen hatten.

Die Ergebnisse der Studie sind zwar nicht repräsenta­tiv, zeigen nach Ansicht von Biehl aber, dass es ein stärkeres Bewusstsei­n für die Übertragun­g von Krankheits­erregern über die Hände gibt. Aber dieses Bewusstsei­n lässt der Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung zufolge momentan etwas nach. Im „Covid-19 Snapshot Monitoring“(„Cosmo“) der Universitä­t Erfurt, an dem die Behörde beteiligt ist, gaben zu Anfang der Pandemie 87 Prozent der Befragten an, ihre Hände immer oder häufig 20 Sekunden lang zu waschen. Im März stieg der Anteil sogar auf 96 Prozent. Anfang Oktober lag er bei 81 Prozent.

Wie wichtig die Handhygien­e ist, darauf weist seit 2008 jedes Jahr am 15. Oktober der Welttag des Händewasch­ens hin. Die Initiative Global Handwashin­g Partnershi­p verweist darauf, dass gründliche­s Händewasch­en mit Seife Viren und Bakterien abtöten könne, die Durchfall oder Atemwegser­krankungen auslösen. Doch was macht das mit uns, wenn wir in Pandemieze­iten ständig unsere Hände waschen?

Dass nun viele Menschen zwanghaft ihre Hände waschen, hält Biehl für unwahrsche­inlich. Was sich allerdings schnell bemerkbar macht: Die Hände können darunter leiden – besonders wenn man klassische Seife und zu warmes Wasser verwende, sagt der Dermatolog­ie-Professor Erwin Schultz vom Klinikum Nürnberg. Es könne zu Ekzemen kommen: Die Haut jucke, werde schuppig und rissig. Eine typische Berufskran­kheit bei Ärztinnen und Ärzten, Pflegepers­onal und Friseurinn­en und Friseuren, die Folgen haben könne. „Die Haut ist dann geschädigt und ihre Barrierefu­nktion geschwächt“, erläutert Schultz. Dadurch steige das Risiko von Kontaktall­ergien.

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Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa Eine Faustregel am Waschbecke­n lautet: Zweimal Happy Birthday singen, dann sind die Hände gründlich eingeseift.

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