Mindelheimer Zeitung

Hungrige Pflanzen auf der Jagd

Pflanzen nehmen mit ihren Wurzeln Wasser auf, tanken die Energie der Sonne und verwandeln das Gas CO in Sauerstoff, den wir atmen. Einige Pflanzen fressen auch Fleisch!

- VON PHILIPP BRANDSTÄDT­ER

Eine Fliege krabbelt an der Kante eines grün-roten Kelchs herum. Dieser Kelch ist Teil einer ungewöhnli­chen Pflanze: einer Kannenpfla­nze. Sie hat die Fliege angelockt mit ihren Farben und ihrem Duft. Und mit dem Nektar, den die Fliege vom Inneren des Pflanzenke­lchs trinken möchte. Immer tiefer klettert die Fliege in die Pflanze hinein. Schließlic­h rutscht sie ab. Jetzt ist sie gefangen!

Tatsächlic­h: Manche Pflanzen machen Beute und fressen Fleisch. Das klingt schon ein bisschen gruselig, oder? Warum das so ist, kann die Biologin Gesche Hohlstein erklären: „In Gegenden, wo die Böden sauer, moorig und sehr feucht sind, wachsen manchmal tierfangen­de Pflanzen.“Denn dort können Pflanzen aus dem Boden nur wenige Nährstoffe holen. Der von der Pflanze hergestell­te Zucker reicht zwar zum Wachsen und Überleben. Um Blüten und Früchte auszubilde­n, brauchen sie aber Dünger. Dazu gehört vor allem Stickstoff. Also nutzen die Pflanzen eine andere Quelle, um an ihre Nährstoffe zu kommen: Sie fangen Tiere. Das machen sie auf unterschie­dliche

Weise. „Im Laufe ihrer Entwicklun­g haben sich diese Pflanzen angepasst und verschiede­ne Techniken entwickelt“, sagt die

Expertin. Das Fettkraut zum Beispiel hat Borsten und Widerhaken auf seinen Blättern. An denen bleiben Ameisen und kleine Mücken hängen. Mithilfe der tierischen Nährstoffe kann das Fettkraut dann tolle violette Blüten ausbilden.

Der Sonnentau hingegen bildet klebrige Tropfen an den Härchen seiner Fangblätte­r. Landet ein Krabbeltie­r dort, klebt es daran fest. Das Fangblatt des Sonnentaus rollt sich dann um seine Beute und umschließt sie. Danach wird das Tier allmählich verdaut.

Kannenpfla­nzen kommen eher in wärmeren Gegenden wie den Tropen Asiens vor. „Ihre Blätter haben sie zu einem Trichter geformt“, sagt Gesche Hohlstein. „Der Rand der Kanne hat eine Wachsschic­ht, auf dem Insekten leicht abrutschen.“So ist es der Fliege passiert, die zu tief in den Kelch geschaut hat. Sie hat kaum eine Chance, aus der Falle zu entkommen. Sie ertrinkt in der Kanne in einer sauren und seifigen Flüssigkei­t. Darin wird das Insekt aufgelöst.

Übrigens: Manche Kannenpfla­nzen werden so groß, dass mehrere Liter Flüssigkei­t in sie hineinpass­en. Forscher haben schon Frösche und Mäuse in den Fallen der Pflanzen gefunden. Für Menschen sind diese Pflanzen aber ungefährli­ch.

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Eine Fliege ist vom Duft der Kannen‰ pflanze angelockt worden.
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Fotos: dpa Der Sonnentau fängt seine Beute mit be‰ weglichen Fangblätte­rn.

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