Mindelheimer Zeitung

Pilze im Wörishofer Wald: lecker oder giftig?

Natur Eine schier unzählbare Vielfalt an Pilzen erwartet Spaziergän­ger im herbstlich­en Wörishofer Wald. Manfred Fischer und Katja Sundermeie­r zeigen, wie schwierig es ist, die richtige Wahl zu treffen

- VON MARIA SCHMID

Bad Wörishofen Es ist Herbst. Es ist Pilzzeit. Zu finden gibt es jede Menge – man muss nur wissen wo. Und natürlich sollte man auch wissen, was man sich da in das Körbchen packt. Pilzcoach Katja Sundermeie­r und Pilzberate­r Dr. Manfred Fischer wissen das genau und teilten ihr Wissen bei der Hubertuswo­che in Bad Wörishofen.

Wenn die Nebel steigen und die Sonne kleine und große Geheimniss­e der Natur freigibt, dann ist es die schönste Zeit des Jahres, um im Bad Wörishofer Wald diese Geheimniss­e zu lüften. Wissenscha­ftlich gesehen gehören Pilze zum Beispiel weder zur Pflanzen- noch zur Tierwelt. Sie sind eine Spezies für sich und führen ein versteckte­s Leben als „Fadenwesen“. Die feinen Fäden, aus denen jeder Pilzorgani­smus besteht, werden Hyphen genannt. Sie leben unentdeckt im Waldboden und können organische Gewebe durchdring­en.

Pilze leben in einer einzigarti­gen Symbiose mit Bäumen. Sie versorgen die Bäume mit notwendige­m Wasser und Mineralien, dafür erhalten sie von den Bäumen den Zucker, den diese durch ihre Fotosynthe­se gewinnen. Es ist ein stetiges Geben und Nehmen.

Pilze leben auf toten Pflanzenre­sten, Laub- und Nadelstreu, Altholz, winzigen Insekten, großen Tierkörper­n und von vielen Materialie­n, die durch die Pilze abgebaut und in einen neuen Stoffkreis­lauf eingebrach­t werden. „Damit sind die Pilze der weltweit größte Abfall-Entsorgung­sdienst, ohne den sich unsere Wälder schnell in ein undurchdri­ngliches Chaos verwandeln würden“, sagt Manfred Fischer. Der Apotheker aus Bad Wörishofen ist auch Sachverstä­ndiger für chinesisch­e Heilpflanz­en und natürlich Pilzliebha­ber. Die Pilze seien eine Spezies, ohne die ein Leben auf unserem blauen Planeten nicht möglich sei, sagt Fischer.

Die Pilze in ihrer unvorstell­bar großen Zahl sind einfach überall, meistens kaum sichtbar, oft mikroskopi­sch klein. Wie ein Wunder schaffen sie es, plötzlich und fast unerwartet aus dem Boden zu schießen. Sie sind da und erfreuen nicht nur die Augen der Menschen durch ihre Schönheit und Vielfalt. Doch man hat die Qual die Wahl: Welche dürfen auf dem Speiseplan stehen? Welche Pilze sind geeignet und wo sind sie zu finden? Woran erkennt man den richtigen Pilz, der kein Gift enthält?

Die Unterschie­de sind oft für das bloße Auge nicht zu erkennen. Eines gilt aber immer: „Alle Pilze sind, roh gegessen, giftig“, sagt Manfred Fischer. Also Finger weg von rohen Pilzen, gleich welcher Art, ob Steinpilz, Pfifferlin­g oder auch Champignon. Erst beim Garen von mindestens fünfzehn Minuten bei 80˚ C sind diese Speisepilz­e laut Fischer

Einem Fliegenpil­z oder anderen giftigen Sorten kommt man aber auch damit nicht bei.

Wie schwierig es ist, den Unterschie­d zu erkennen, ob ein Pilz Giftstoffe enthält oder nicht, zeigt Fischer am Beispiel vom „Grünblättr­igen Schwefelko­pf“. Erkennbar ist er an den leicht grünlichen Lamellen. Sind diese allerdings grau statt grün, dann ist er nicht essbar und enthält Gift.

Manfred Fischer sagt: „Die meisten Vergiftung­en nach dem Genuss von Pilzmahlze­iten sind nicht den eigentlich­en Giftpilzen geschuldet, sondern sind das Resultat einer Eiweiß-Zersetzung. Fäulnis macht auch den besten Speisepilz zum Giftpilz.“Fischer empfiehlt: „Lassen Sie deshalb alte Pilze im Wald stehen und für die Verbreitun­g ihrer Sporen sorgen.“

Ein einziger, durchschni­ttlich großer Fruchtkörp­er bringe es da schon mal auf einen Sporenabwu­rf von 30 bis 40 Millionen Sporen pro Stunde, erläutert Manfred Fischer. Sie sind winzig und können überall hin vordringen.

Deswegen fänden sich Pilzsporen auch im Grönlandei­s und Schimmelun­bedenklich. pilzsporen in jedem Kühlschran­k, so Fischer.

In Deutschlan­d wurden von der Deutschen Gesellscha­ft für Mykologie mehr als 11.000 Pilzarten beschriebe­n. Weltweit wird diese Zahl der Pilzarten auf drei bis fünf Millionen geschätzt. In Bayern seien es 5000 Pilzarten, sagt Fischer. Und gewiss ist, dass sie zum größten Teil mit Schwermeta­llen, Blei, Arsen oder auch vom radioaktiv­en Cäsium 137 belastet sind. Man solle deshalb pro Woche nicht mehr als 250 Gramm Wildpilze essen, sagt Fischer.

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Foto: Maria Schmid Bei einem Spaziergan­g durch den Bad Wörishofer Wald findet man zahlreiche Pilzsorten, einige davon tragen sehr einprägsam­e Namen. Dazu gehört auch der „Semmelgelb­e Schleimkop­f“.
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Foto: sid Von oben hui, von unten pfui, möchte man sagen: Dieser „Grünblättr­ige Schwefel‰ kopf“im Wörishofer Wald ist giftig und nicht für den Verzehr geeignet.
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Foto: Schmid Manfred Fischer zeigt den Pilz „Sparri‰ ger Schüppling“.
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Foto: Maria Schmid So sieht der Hallimasch aus, wenn er schon älter ist.

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