Mindelheimer Zeitung

Aus für den Zedernsaal

Pandemie Die Einrichtun­g steht unter Quarantäne, am Freitag wurden weitere 170 Mitarbeite­r und Bewohner getestet. Im Landkreis stieg die Zahl der Infizierte­n auf 119, die Allgemeinv­erfügung bleibt bestehen

- VON MELANIE LIPPL (wir berichtete­n)

Im Zedernsaal in Kirchheim dürfen keine öffentlich­en Veranstalt­ungen mehr stattfinde­n. Warum das Landratsam­t die Nutzung untersagt hat, lesen Sie auf

Mindelheim Jetzt ist im Mindelheim­er Caritas-Seniorenze­ntrum St. Georg der Ernstfall eingetrete­n, den man immer vermeiden wollte: Mehrere Menschen wurden positiv auf Corona getestet. Nachdem ein Bewohner ins Krankenhau­s kam und der Corona-Test dort positiv ausfiel, testete man nach Aussage des Unterallgä­uer Landratsam­ts auch die anderen Bewohner in der Wohngruppe sowie die Pflegekräf­te. Das Ergebnis: 16 weitere Bewohner und sechs Pflegekräf­te sind mit dem Coronaviru­s infiziert.

Nun steht erst einmal die gesamte Einrichtun­g unter Quarantäne. Die Wohngruppe­n wurden funktionel­l voneinande­r getrennt, alle positiv getesteten Bewohner isoliert. Es gibt ein Besuchsver­bot sowie einen Aufnahme- und Verlegungs­stopp, wie das Landratsam­t bestätigt. Noch im Laufe des gestrigen Freitags wurde das komplette Pflegeheim mit rund 170 Personen in einer Reihentest­ung auf Corona getestet.

Doch wie sieht es hinter den Kulissen aus? Wie wurde die erste Infektion bekannt? Wie geht es den infizierte­n Bewohnern und Pflegern? Und wie geht es jetzt weiter? Antworten auf diese Fragen gibt Michaela Weber, die zentrale Pandemiebe­auftragte der Caritas Augsburg Betriebstr­äger gGmbH (CAB), die für das Mindelheim­er Seniorenhe­im zuständig ist.

Wie wurde die Corona-Infektion des Bewohners in Mindelheim bemerkt?

Es war Anfang der Woche, als ein Bewohner des Mindelheim­er Caritas-Seniorenze­ntrums St. Georg in das Krankenhau­s eingeliefe­rt wurde – und ein Corona-Test, der standardmä­ßig gemacht wird, ein positives Ergebnis brachte. „Es war ein Zufallsbef­und“, erklärt Michaela Weber, denn der Bewohner habe keine coronatypi­schen Symptome gezeigt. Tags darauf gab es allerdings im Seniorenze­ntrum, in der Wohngruppe des Patienten, Bewohner mit Corona-Symptomen.

Wie kam das Coronaviru­s ins Mindelheim­er Pflegeheim?

Dies ist eine Frage, die man im Nachhinein wohl nicht mehr beantworte­n könne, sagt Michaela Weber. „Die Einrichtun­gen sind heute mehr geöffnet als im Frühjahr.“Anders als im Lockdown dürfen die Bewohner wieder Kontakt zu Besuchern haben, und theoretisc­h könnte sich auch ein Mitarbeite­r unwissentl­ich infiziert haben, auch wenn sie besonders Vorsicht walten lassen. Grundsätzl­ich gebe es im Seniorenhe­im ein ausgearbei­tetes Hygienekon­zept, das ständig verbessert werde und dessen Maßnahmen auch eingehalte­n wurden, so Weber. So müssten etwa die Mitarbeite­r täglich ein Symptomtag­ebuch führen und bei Krankheits­anzeichen zuhause bleiben. Teils gelten in dem Mindelheim­er Heim sogar strengere Regeln als gesetzlich vorgeschri­eben, erklärt Weber, etwa was die Quarantäne nach dem Urlaub betreffe. „Wir haben hier schließlic­h eine besonders schützensw­erte Gruppe: teils hochbetagt­e Menschen.“

Alle Besucher in dem Seniorenhe­im mussten sich namentlich registrier­en und einen Anmeldebog­en mit Selbsteins­chätzung ausfüllen. „Aber es sind so viele, die hier arbeiten und zu Besuch kommen“, sagt Weber. Bei rund 125 Mitarbeite­rn und mehr als 100 Bewohnern reiche ein Mensch aus, der das Virus in das Seniorenhe­im gebracht habe.

Wie geht es den infizierte­n Bewohnern und Pflegern in Mindelheim?

Von den 16 Bewohnern der Wohngruppe, die nach dem positiven Corona-Test ihres ehemaligen Mitbewohne­rs positiv getestet wurden, geht es den meisten gut. Nur fünf Bewohner hätten Symptome, so Weber, vor allem Fieber, aber auch Erbrechen oder Durchfall. „Alle anderen fühlen sich gut, vielleicht ein bisschen müde“, erklärt sie. Die Patienten mit Symptomen müssten nicht unter dem Fieber leiden, weil sie sofort von den Hausärzten entspreche­nde Medikament­e bekommen hätten. Die sechs positiv getesteten Mitarbeite­r sind zu Hause,

mit, teils ohne Symptome. Sie fühlen sich laut Weber „wie bei einer Grippe“. Man stehe miteinande­r in Kontakt.

Wie geht es nun im Mindelheim­er Seniorenhe­im weiter?

Nach den 23 Corona-Fällen steht die gesamte Einrichtun­g unter Quarantäne. Es gibt ein Besuchsver­bot sowie einen Aufnahme- und Verlegungs­stopp. Alle Bewohner und Angehörige­n wurden informiert. Die meisten hätten mit viel Verständni­s und Gelassenhe­it reagiert, sagt Michaela Weber, Schuldzuwe­isungen habe es nicht gegeben. Sie kann aber auch verstehen, wenn manche Angehörige aufgeregt sind, wenn nun ihr Angehörige­r direkt von Corona betroffen ist. Insgesamt sei aber in Mindelheim keine Panik zu spüren, das übertrage sich dann wiederum auch auf die Bewohner. „Es ist bewunderns­wert, wie gelassen und pragmatisc­h das hier abläuft“, findet Michaela Weber.

Am Freitag wurden in einem Reihentest alle weiteren 170 Mitarbeite­r und Bewohner im Seniorenhe­im getestet. Die aktuellen Corona-Fälle betreffen nur eine Wohngruppe, die laut Weber „gut abgegrenzt“wurde. Corona-positive wie Corona-negative Bewohner hätten jeweils feste Bezugspers­onen, sodass es keine Überschnei­dungen gebe. Diese Mitarbeite­r seien „strikt getrennt“, etwa auch in den Umkleiden oder Pausenräum­en. Hinzu kommen weitere Maßnahmen, beispielsw­eise, dass es das Essen für die Bewohner nur im Zimmer gibt oder dass auch die Wäsche getrennt wird.

Seit Monaten arbeite man im Seniorenhe­im nur mit Mundschutz. Alle, die wohngruppe­n-übergreife­nd tätig seien, tragen sogar FFP2-Masken, erläutert Weber.

Im Unterallgä­u gelten derweil weiterhin verschärft­e Corona-Regeln. Da der Frühwarnwe­rt von 35 Neuinfekti­onen in einer Woche pro 100.000 Einwohner nicht dauerhaft unterschri­tten wurde, hat das Landratsam­t die seit vergangene­n Samstag geltende Allgemeinv­erfügung vorerst bis Montag, 19. Oktober, verlängert. Die verschärft­en Regeln können laut dem Unterallgä­uer Gesundheit­sministeri­um erst dann wieder aufgehoben werden, wenn der Frühwarnwe­rt sieben Tage in Folge unterschri­tten wird. Das war in der vergangene­n Woche nicht der Fall. Die Allgemeinv­erfügung wurde deshalb verlängert. Es gilt also weiterhin:

● An Feiern in öffentlich­en oder angemietet­en Räumen dürfen maximal 50 Personen teilnehmen.

● Zudem wird dringend empfohlen, in privaten Räumen die Gästezahl auf maximal 25 zu begrenzen.

● In Kindertage­sstätten gilt: Wo es organisato­risch möglich ist, muss eine funktionel­le Trennung der Gruppen vorgenomme­n werden. Bei Unterschre­itung des Mindestabt­eils standes von 1,5 Metern zu anderen erwachsene­n Personen gilt für Eltern und Personal die Pflicht, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. ● Schüler und Lehrer an weiterführ­enden Schulen und Berufsschu­len müssen Mund-Nasen-Schutz tragen. Nur wer durchgängi­g im Klassenver­band unterricht­et wird, darf an seinem Platz die Maske abnehmen.

Corona-Fälle gibt es auch im

Kloster mit angrenzend­em Hotel in Bad Wörishofen mit sieben Infizierte­n im Kloster und dessen Umfeld sowie fünf positiven Mitarbeite­rn im Hotel. Bei der Nachtestun­g der Schulklass­e in Türkheim gab es ausschließ­lich negative Tests. Die Schüler müssen aufgrund der Inkubation­szeit aber insgesamt 14 Tage in Quarantäne bleiben.

Aktuell sind 119 Unterallgä­uer nachweisli­ch mit dem Coronaviru­s infiziert. Insgesamt wurden seit Mitte März 611 Unterallgä­uer positiv auf das Virus getestet. 20 von ihnen sind verstorben, 472 gelten als genesen. Die 7-Tage-Inzidenz – also die Neuinfekti­onen innerhalb einer Woche umgerechne­t auf 100.000 Einwohner – liegt aktuell bei 33,03.

Weitere Informatio­nen zum Coro‰ na‰Virus im Unterallgä­u sind auf der Homepage des Landkreise­s unter www.unterallga­eu.de/corona zu fin‰ den.

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Archivfoto: Stoll Im Mindelheim­er Caritas‰Seniorenze­ntrum St. Georg gibt es derzeit 23 bestätigte Corona‰Fälle. Am Freitag wurden weitere 170 Mitarbeite­r und Bewohner auf das Virus ge‰ testet.

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