Der Soldat im Stangenwald
Ski alpin Das Leben von Julian Rauchfuß ist geprägt von Disziplin. Seinem Sport ordnet der Slalom-Spezialist von der RG Burig Mindelheim alles unter. Das zahlt sich in dieser Saison aus
Sonthofen/Mindelheim Am Wochenende startet der alpine Ski-Zirkus in die neue Weltcup-Saison. Mittendrin ist Julian Rauchfuß, der einst bei der RG Burig Mindelheim seine ersten Rennen fuhr. Geholfen hat ihm die Disziplin – sein ständiger Wegbegleiter.
Denn Julian Rauchfuß dient zum einen als Soldat in der Bundeswehr im Range eines Feldwebels. Hier hat er seine Basis in der Sportfördergruppe Sonthofen. Zum anderen fährt er für den Deutschen Skiverband (DSV) Skirennen. Und wenn einer das so erfolgreich tut, dass er inzwischen im Weltcup mit den besten seiner Zunft weltweit unterwegs ist, erfordert auch das ein hohes Maß an Disziplin.
Rauchfuß kommt aus Mindelheim, startet für die dortige RG Burig. Vor 13 Jahren verlegte seine Familie ihren Lebensmittelpunkt nach Fischen ins Oberallgäu. Vater Manuel, selbst früher erfolgreicher Rennläufer, bestritt Senioren-Rennen in der Fis-Master-Cup-Serie. Kein Wunder also, dass die Sprösslinge Julian und Fabian in seine Fußstapfen traten. Während Fabian seine Karriere verletzungsbedingt schon frühzeitig beenden musste, hat sich Julian inzwischen an der DSV-Spitze etabliert.
Der Weg dorthin war allerdings von Hindernissen gesäumt. 2011 in den DSV-Nachwuchskader berufen, schien die Karriere schon beendet, ehe sie angefangen hatte. Zwei Schulterverletzungen, die operativ behandelt werden mussten, zwangen Rauchfuß zwei Jahre lang zur Untätigkeit. „Vor allem nach der zweiten Operation an der gleichen Schulter stellte ich bisweilen den Sinn des Ganzen infrage“, erinnert sich der 26-Jährige. „Ich kenne genügend Beispiele, die den Skisport nach mehreren Verletzungen an den Nagel hängten.“Doch Rauchfuß biss sich durch, fasste im Europacup wieder Fuß.
Mit ausschlaggebend war der Rückhalt seitens des Verbands sowie ein dreiwöchiges privates Trainingscamp, das er zusammen mit seinem Vater in Neuseeland absolvierte. „Mit seiner Hilfe konnte ich mich motivieren weiterzumachen.“In der Saison 2018/19 bekam er erste Einsätze im Weltcup, verpasste aber stets knapp das Finale. Im vergangenen Winter überzeugte er im Europacup mit Top-Ergebnissen und fuhr in drei Slaloms auf das Podest, im Weltcup konnte er seine gute (noch) nicht unter Beweis stellen. Das soll sich nun ändern. „Mein Ziel ist es, mich unter den weltbesten dreißig Athleten zu etablieren, mir einen guten Startplatz zu erfahren“, sagt Rauchfuß. Den Ehrgeiz dafür hat er. Zu seinen Stärken zählt er zudem Selbstdisziplin und Fokussierung auf den Sport, dem er alles unterordnet. Druck von außen verspüre er bislang nicht.
Auch nicht von den Medien. Deren Hauptansprechpartner war früher Felix Neureuther. Nach seinem Rücktritt sind es Stefan Luitz, Alexander Schmid, Sebastian Holzmann und Linus Strasser. Laut Rauchfuß repräsentieren sie dabei die gesamte Mannschaft. „Obwohl wir Skirennläufer Einzelsportler sind, ist es gerade das Team, das uns und mich vorwärtsbringt und motiviert. Wir arbeiten nicht gegeneinander, sondern jeder hilft dem anderen, freut sich mit ihm über den Erfolg, gibt gute Tipps oder pusht sich, wenn’s mal nicht so gut läuft.“Für den Erfolg wird erheblicher Aufwand auch hinter den Kulissen betrieben. Der Südtiroler Daniel Zonin von der Skifirma Rossignol ist der Servicemann für Stefan Luitz und Julian Rauchfuß. Beim Training wie auch beim Rennen ist er für das Material verantwortlich. Das heißt, pro Rennläufer gilt es 15 bis 20 Paar Ski parat zu haben. Verschiedene Kanten-, Schliff- und Wachspräparierungen, unterschiedliche Längen- und Modellfabrikate sollen eine rasante und erfolgreiche Fahrt garantieren. Verantwortlich für den Trainingszustand sowie die richtige Skitechnik sind Konditionstrainer Alex Böhme (Blaichach) und Techniktrainer Bernd Brunner (TiForm rol) vom DSV. Zum Team zählen auch Physiotherapeuten, Fahrer und weitere Betreuer.
Überhaupt hat das disziplinierte Leben eines Skirennläufers nicht nur Sonnenseiten. Rauchfuß: „Bei einem Trainingslager im Sommer müssen wir jeden Tag gegen vier Uhr raus, um frühzeitig am Hang zu sein – bei jedem Wetter. Zeit für private Hobbys bleibt kaum. Letztes Jahr war ich nur einen Tag mit meiner Freundin beim Skifahren. Ab und zu gehe ich mal zum Klettern oder zum Golfen – nach dem Training wohlgemerkt. Und doch ist das Skifahren meine Leidenschaft. Reisen, schöne Erlebnisse, das Kennenlernen von interessanten Mitmenschen: All das lohnt die Mühe und den Aufwand.“Vielleicht schon einem der nächsten Weltcup-Rennen.