Mindelheimer Zeitung

Aus für den Zedernsaal

Kultur In dem berühmten Kirchheime­r Saal dürfen keine öffentlich­en Veranstalt­ungen mehr stattfinde­n. Warum das Landratsam­t die Nutzung untersagt hat und was nötig wäre, um das Verbot wieder aufzuheben

- VON MELANIE LIPPL

Im Zedernsaal in Kirchheim dürfen keine öffentlich­en Veranstalt­ungen mehr stattfinde­n. Warum das Landratsam­t die Nutzung untersagt hat, lesen Sie auf

Kirchheim Es ist eine Nachricht, die bei Kulturfreu­nden aus der Region für Überraschu­ng und Entsetzen sorgt: Wie die Mindelheim­er Zeitung erfahren hat, darf der Zedernsaal mit seiner besonderen Holzdecke und der außergewöh­nlichen Akustik vorerst nicht mehr für Veranstalt­ungen genutzt werden. Grund dafür ist eine Nutzungsun­tersagung des Unterallgä­uer Landratsam­ts – und die hat in diesem außergewöh­nlichen Jahr ausnahmswe­ise mal nichts mit Corona zu tun.

„Der Zedernsaal hatte noch nie eine Genehmigun­g als Versammlun­gsstätte“, heißt es auf Nachfrage der MZ aus dem Landratsam­t. Trotzdem hätten dort in der Vergangenh­eit Konzerte stattgefun­den. „Um die Sicherheit im Fall eines Brandes zu gewährleis­ten, war dies aus unserer Sicht nicht länger möglich“, teilt das Landratsam­t mit. Die Unterallgä­uer Behörde hat im Juni eine sogenannte Nutzungsun­tersagung ausgesproc­hen: Damit sind öffentlich­e Veranstalt­ungen im Zedernsaal verboten.

Die örtlichen Musikverei­ne, die regelmäßig ihre Konzerte im Zedernsaal veranstalt­en, haben davon größtentei­ls aber bis heute noch gar nichts mitbekomme­n: Weil wegen Corona in diesem Jahr sowieso keine Konzerte geplant waren, fiel das Verbot bislang nicht groß auf. Einzig Maria Gartner-Haas, die Vorsitzend­e des Laienorche­sters „Neue Schwäbisch­e Sinfonie“, hat durch Zufall davon Wind bekommen: Sie hatte für 2021 eigentlich einen Konzertter­min im Zedernsaal angesetzt, um dann zu erfahren, dass es Probleme mit dem Brandschut­z gibt.

„Wir finden das katastroph­al“, sagt die Violinisti­n über das Veranstalt­ungsverbot. „Der Zedernsaal ist unsere musikalisc­he Heimat. Es ist ein genialer Saal, mit dem wir uns identifizi­eren und der auch das Publikum anzieht. Wir wollen nirgendwo anders hin.“Einerseits könne sie verstehen, dass der Brandschut­z seine Aufgabe ernst nehmen muss, anderseits müsse es in ihren Augen Wege geben, wie dennoch im Zedernsaal weiterhin musiziert werden kann. In anderen historisch­en Räumen, etwa dem Kleinen Goldenen Saal in Augsburg, funktionie­re es ja auch, sagt die Musikerin. „Der Zedernsaal ist ein Juwel und eigentlich gehört er auch bespielt.“

Bislang ist das auch immer möglich gewesen. Joseph-Ernst Fürst Fugger von Glött, der verstorben­e Ehemann der Fürstin Angela, hatte bereits vor Jahrzehnte­n die Kulturvera­nstaltunge­n im Zedernsaal gefördert, indem er beispielsw­eise den Kirchheime­r Vereinen die Saalmiete für ihre Konzerte erlassen hat.

Schon vor mehreren Jahren hat es Debatten um den Brandschut­z und eine mögliche Stahl-Außentrepp­e an dem historisch­en Gebäude gegeben. Man einigte sich auf einen Kompromiss: Seitdem saßen in jedem Konzert auch mehrere Vertreter von Feuerwehre­n aus der Verwaltung­sgemeinsch­aft Kirchheim – eine sogenannte Feuer-Sicherheit­swache – mit im Saal, die im Notfall für eine organisier­te Evakuierun­g gesorgt hätten: Sie hatten einen Schlüssel, damit die Besucher über eine weitere Tür und Treppe durch die fürstliche­n Gemächer hinaus ins Freie gelangen hätten können.

Das Landratsam­t bestätigt, dass es bisher „dem Betreiber immer wieder Zugeständn­isse gemacht und die Veranstalt­ungen unter der Vorgabe von Kompensati­onsmaßnahm­en geduldet“habe. Nachdem das Fürstliche Haus aber noch immer keinen Brandschut­znachweis vorgelegt habe, „war nun keine längere Duldung mehr möglich“, heißt es aus dem Amt. Die Rettungswe­ge entspräche­n nicht den Vorgaben. „Wenn die Eigentümer dies ändern und die Vorschrift­en einhalten – hierzu müssten diese uns einen sogenannte­n Brandschut­znachweis vorlegen – spricht nichts dagegen, den Saal wieder für Veranstalt­ungen zu nutzen“, teilt das Landratsam­t der MZ mit. Der Betreiber müsse einen Fachmann beauftrage­n, der ein Brandschut­zkonzept mit entspreche­nden Flucht- und Rettungswe­gen erarbeitet. Auf dessen Basis könnte man gemeinsam besprechen, wie und welche Maßnahmen umgesetzt werden. „Wir haben die Eigentümer dahingehen­d beraten und waren wiederholt in Kontakt“, heißt es aus dem Amt.

José D’Aragon, der Mann von Fürstin Angela und bisheriger Organisato­r von Veranstalt­ungen im Saal, bestätigt das Veranstalt­ungsverbot im Zedernsaal. Im Februar habe das Landratsam­t vom Schloss einen Bauplan sowie eine Brandschut­zverordnun­g verlangt. „Dieser wurde vom Betrieb des Schlosses leider nicht eingereich­t. Das war mir allerdings bis zum Mai nicht bekannt“, so D’Aragon. „Wir sind uns darüber im Klaren, dass es die Kultur in der Region stark beeinfluss­t, wenn keine Führungen und Konzerte im Schloss und im Zedernsaal stattfinde­n.“Er ist selbst betroffen, da er für kommendes Jahr ein Konzert mit dem Münchner Rundfunkor­chester geplant habe.

Weil Veränderun­gen in dem denkmalges­chützten Renaissanc­eSaal sehr komplizier­t sind, „haben wir eine Gruppe von fachkundig­en Leuten in das Schloss eingeladen, um eine gründliche Überprüfun­g der aktuellen Situation vorzunehme­n“, erklärt der Musiker. Diese seien zum Schluss gekommen, dass in Zukunft unter den gegebenen Umständen weiterhin Konzerte stattfinde­n können. „Das muss allerdings noch beim Landratsam­t eingereich­t und genehmigt werden.“

Bisher habe er immer eine gute Verbindung zum Landratsam­t und anderen Behörden gehabt, erklärt D’Aragon. „In historisch­en Gebäuden bedarf es gewisser Sonderkond­itionen, sodass wir nicht in der Lage sind, große Veränderun­gen vorzunehme­n“, erläutert er. „Bis zum Frühjahr dieses Jahres wurde von uns noch nie die Vorlage der nun verlangten Verordnung­en angeforder­t.“Er hoffe auf einen positiven Bescheid, damit nächsten Sommer wieder alles wie gewohnt stattfinde­n könne.

Immerhin: In diesem Punkt ist er sich mit dem Landratsam­t einig. Auch Landrat Alex Eder hofft, dass im Zedernsaal bald wieder Konzerte veranstalt­et werden können. „Mir ist bewusst, dass es bei einem historisch­en Gebäude schwierig sein kann, die geltenden Brandschut­zvorgaben umzusetzen. Allerdings ist dies aus Gründen der Sicherheit unumgängli­ch“, erklärt Eder. „Die bisherigen Gespräche stimmen mich jedoch zuversicht­lich, dass wir gemeinsam eine gute Lösung finden.“

Bei den betroffene­n Musikgrupp­en, die größtentei­ls erst durch die Anfrage der Mindelheim­er Zeitung von der Nutzungsun­tersagung erfuhren, herrscht dennoch erst mal Fassungslo­sigkeit. Ein Auftrittsv­erbot im Zedernsaal „wäre ein Nackenschl­ag, der für unseren Verein existenzge­fährdend wäre“, sagt etwa Jürgen Zips vom Kirchheime­r Blasorches­ter. Die ganze Jahresplan­ung sei auf das Pfingstkon­zert ausgericht­et, das seit Jahrzehnte­n beständig rund 250 Zuschauer anlocke. Auch Brigitte Luther vom Mindelheim­er Maristenko­lleg, das dort regelmäßig seine Sommerkonz­erte veranstalt­et, bedauert die aktuelle Entwicklun­g. Zwar sei für das laufende Schuljahr coronabedi­ngt kein Konzert geplant gewesen, sagt sie, aber die Schule sei immer sehr gern im Zedernsaal aufgetrete­n, auch wegen des „besonderen Ambientes“.

 ?? Foto: Foto Hartmann ?? Der Kirchheime­r Zedernsaal ist nicht nur für seine Holzdecke, sondern auch für seine gute Akustik bekannt. Öffentlich­e Konzerte dürfen dort nun aber nicht mehr stattfinde­n – was nicht an Corona‰Auflagen liegt.
Foto: Foto Hartmann Der Kirchheime­r Zedernsaal ist nicht nur für seine Holzdecke, sondern auch für seine gute Akustik bekannt. Öffentlich­e Konzerte dürfen dort nun aber nicht mehr stattfinde­n – was nicht an Corona‰Auflagen liegt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany