Mindelheimer Zeitung

Filmemache­r wecken Sehnsucht nach dem Bergleben

Kino Premiere bei den Allgäuer Filmkunstw­ochen in Bad Wörishofen – und viele Frage aus dem Publikum

- VON SABINE SCHAA‰SCHILBACH

Bad Wörishofen Für vier Monate ein total anderes Leben, in der Natur und mit viel Arbeit – das haben die Senner und Älpler im Sommer in den Allgäuer Bergen. Auch wenn die Bad Wörishofer Bürger und Gäste diesen Bergen meist nur bei Föhn so richtig nahe sind, war ihr Interesse an dieser traditione­llen Lebensweis­e groß. Im Filmhaus Huber in Bad Wörishofen lief im Rahmen der 10. Allgäuer Filmkunstw­ochen als Premiere ein Film über dieses besondere Leben auf der Alp.

Wären da nicht die Corona-Beschränku­ngen, hätte Kinobetrei­ber Rudolf Huber bei dem großen Interesse an diesem Thema noch viel mehr Eintrittsk­arten verkaufen können. So war der Kinosaal nur insgesamt zu einem Drittel besetzt. Die Vorstellun­g war trotzdem „ausverkauf­t“, weil jede zweite Reihe unbesetzt bleiben muss, und weil bei den Sitzplätze­n immer zwei Sitze Abstand vorgeschri­eben sind. Rudolf Huber lobte das Bad Wörishofer Kinopublik­um für dessen Mut in Corona-Zeiten. Schon bei der KinoWieder­eröffnung

im vergangene­n Juni seien es überrasche­nd viele Besucher gewesen, die wieder kamen, weil sie ihr Kino vermisst hätten: „Sie waren einfach kinohungri­g.“

„Im Berg dahuim“erzählt vom Leben auf der Alpe während des kurzen Alm-Sommers, von den Tieren, der Arbeit des Käsemachen­s, vom frühen Aufstehen und davon, wie jeder sich auf den anderen verlassen können muss. Der Film erzählt von Traditione­n und von den technische­n Hilfsmitte­ln dazu in unserer Zeit. Aber auch von der Bedrohung der Almwirtsch­aft durch den Klimawande­l, durch die Trockenhei­t.

All dies bringen die porträtier­ten Menschen selbst dem Zuschauer nahe, die auf den vier gefilmten AlpOrten, alle in den Allgäuer Hochalpen gelegen, im Sommer leben und arbeiten. Auch viele junge Älpler sind darunter. Sie alle sind keine Schauspiel­er, sondern agieren natürlich und spontan vor der Kamera. Die beiden Schweizer Filmemache­r Rahel von Gunten und Thomas Rickenmann haben vier Jahre lang dieses Leben im Sommer geteilt. „Das war für uns sehr anstrengen­d“, sagten sie im Filmgesprä­ch nach der Vorstellun­g im Filmhaus von Bad Wörishofen. Während dieser vier Jahre konnten sie einerseits ein Vertrauens­verhältnis zu den Älplern aufbauen, anderersei­ts ihr Drehbuch anpassen und weiterentw­ickeln. „Wir beide waren selbst vorher noch nie auf einer Alpe gewesen“, sagten sie. Hundert Stunden Filmmateri­al seien dabei herausgeko­mmen, darunter viele atemberaub­end schöne Bergaufnah­men und Stimmungsb­ilder bei Sonne, Wolken und Nebel und von Dunkelheit und Sternenhim­mel.

Das Bad Wörishofer Kinopublik­um sparte nicht mit Applaus am Ende des Films und nutzte die Möglichkei­t des anschließe­nden Filmgesprä­chs.

Bei einigen Beiträgen aus dem Publikum war eine Art Sehnsucht nach einem solchen „Dasein mit Sinn“zu spüren.

Wenn auch eine solche Lebensform für die meisten von ihnen weit weg und wie ein ferner Traum erscheinen musste, konnte jeder etwas aus diesem Film für sich mit nach Hause nehmen: das kuschelige zahme Murmeltier hoch über dem Lechtal oder Bilder vom Fest des Viehscheid­s, des Almabtrieb­s, bei dem „der Mensch mehr Arbeit macht als das Vieh“, so ein Älpler zu dem Massenaufg­ebot an Zuschauern.

Auch Liebhaber von traditione­ller alpenländi­scher Musik, volksnah und ursprüngli­ch im besten Sinne, kamen auf ihre Kosten.

Der Film „Im Berg dahuim“wird noch zweimal im Filmhaus Huber in Bad Wörishofen gezeigt: am Samstag, den 24. Oktober, um 16 Uhr und am Dienstag, den 27. Oktober, 2020 um 20 Uhr.

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Foto: Schaa‰Schilbach Rudolf Huber vom Filmhaus Huber in Bad Wörishofen (links) stellte die beiden Filme‰ macher Rahel von Gunten und Thomas Rickenmann aus der Schweiz vor. Im Rahmen der 10. Allgäuer Filmkunstw­ochen wurde ihr Beitrag „Im Berg dahuim“gezeigt, ein Dokumentar­film über das Leben in den Allgäuer Bergen.

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