Nirgendwo kracht es häufiger
Verkehr Sie gilt als die unfallträchtigste Straße in unserer Region. Aber warum ist die Münchener Straße in Ingolstadt so gefährlich? Eine Spurensuche zwischen Autos, Lastern und Bussen
Ingolstadt Aus den Lautsprechern plärren blecherne Bandansagen. Vor den Bäckereien treffen Frühaufsteher auf Wachgebliebene. Pendler versuchen sich einen Weg durch die träge Menschenmasse zu bahnen. Bahnhofs-Charme an einem frostigen Oktobermorgen in Ingolstadt. Kaum hat man das Bahnhofsgebäude verlassen, schon macht sie mit ihrem Getöse auf sich aufmerksam: die Münchener Straße, Ingolstadts Problemstraße.
Darauf, dass sie die Problemstraße ist, lassen zumindest die Zahlen des Unfallatlas schließen. Zweimal jährlich veröffentlicht das Bundesamt für Statistik eine Übersicht, auf welchen Streckenabschnitten es besonders häufig gekracht hat. Die meisten Unfälle mit Personenschaden in Schwaben und dem angrenzenden Oberbayern sind 2019 demnach auf besagter Münchener Straße passiert – nämlich gut 50. Damit ist sie im Unfallatlas als einzige Straße der Region rot markiert. Natürlich gibt es in der Region noch viele andere Schwerpunkte. Wie etwa die A8 zwischen Augsburg-Ost und Derching, die B2 zwischen Augsburg-Ost und Hochzoll, die A96 zwischen Buchloe und Landsberg am Lech. Doch keiner ragt so heraus wie die Münchener Straße in Ingolstadt.
Auf rund fünf Kilometern verläuft die B13 als Münchener Straße in Nord-Süd-Richtung durch Ingol
Vorbei an Discountern, Wohnhäusern und Bürogebäuden. Aber auch vorbei am Hauptbahnhof. Eine Zählung aus dem Jahr 2019 hat ergeben, dass im Schnitt 30 000 Fahrzeuge pro Tag durch die Münchener Straße fahren. Am Mittwochmorgen gegen 7.45 Uhr bekommt man eine Ahnung davon, warum dort vergleichsweise viele Unfälle passieren.
Abwechselnd schieben sich Lastwagen, Schulbusse und Autos über die insgesamt vier Spuren. Rote Ampeln führen zu zahlreichen Staus. Die Münchener Straße kreuzt viele Seitenstraßen. Zahlreiche Parkbuchten und Zufahrten erhöhen außerdem die Abbiegevorgänge. Zeigt ein Autofahrer an, dort links abbiegen zu wollen, wo es keine separate Spur dafür gibt, wechseln die nachfolgenden Fahrer reflexartig die Spur. Es wird gebremst, gehupt, geschimpft.
Eine Fußgängerin, die in der Nähe der Straße wohnt, kennt Situationen wie diese. „An den Kreuzungen passiert eigentlich ständig etwas“, sagt die junge Frau. Meistens seien das aber Auffahrunfälle. Der Blick in den Unfallatlas gibt ihr recht: Zwar haben sich durchaus Verkehrsteilnehmer verletzt, tödlich endete im vergangenen Jahr jedoch keiner der Unfälle. Eine Idee, wie die Zahl der Unfälle in der Münchener Straße wieder sinken könnte, liefert die Anwohnerin gleich mit: „Mehr Linksabbiegestreifen würden helfen, weil viele nicht sehen, dass man an manchen Stellen abbiegen darf.“
Ist also die Verkehrsplanung an dem Unfallschwerpunkt schuld? Michael Klarner, Pressesprecher der Stadt, verneint. Anders als das Statistische Bundesamt es tut, dürfe man die Münchener Straße nicht als einen großen Unfallschwerpunkt betrachten. Nicht einmal der Bereich in der langen Münchener Straße, in dem sich die meisten der rund 50 Unfälle mit Personenschaden ereignet haben, sei dem städtischen Verkehrsmanagement oder der Verkehrspolizei aus den Vorjahren als besonderer Unfallschwerpunkt bekannt.
Die Stadt vermutet daher eine statistische Zufälligkeit, die man sich näher ansehen müsse. „Dies geschieht gewöhnlich in der Unfallschau, die mindestens zweimal im Jahr tagt. Ausgehend hiervon werden gegebenenfalls weitere Maßnahmen angeregt“, sagt Klarner. Die Unfälle 2019 seien in diesem Bereich ersten Erkenntnissen zufolge jedoch alle „im Umfeld von Abbiegemöglichkeiten passiert“. Wieso will die Stadt aber eigentlich nicht von einem Unfallschwerpunkt sprechen? War das Jahr 2019 mit über 50 Unfällen vielleicht einfach ein Ausreißerjahr?
Dagegen sprechen die Unfallatlanten der vergangenen Jahre. Auch da ereigneten sich regelmäßig Unfälle in der Straße. Im ersten Halbjahr 2020 hat die Polizei übrigens auf der kompletten Länge der Münstadt. chener Straße 19 Verkehrsunfälle mit Personenschaden aufgenommen. Das Resultat: kein Todesopfer, aber 25 Leicht- sowie drei Schwerverletzte.
Im aktuellen Unfallatlas gibt es insgesamt auch erfreuliche Zahlen. Noch nie seit der deutschen Wiedervereinigung gab es in einer ersten Jahreshälfte so wenige Tote und Verletzte im Straßenverkehr wie 2020. Dafür mitverantwortlich: die Corona-Pandemie, die im Frühjahr die deutschen Straßen leer fegte.
Von Januar bis einschließlich Juni sind in ganz Deutschland laut Statistik 1281 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen. Das waren 13,2 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2019.
Und die Zahl der Verletzten ging um 18,7 Prozent auf knapp 148100 Personen zurück. Auch die Zahl der Unfälle insgesamt sank um knapp ein Fünftel auf 1,1 Millionen Unfälle.
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