Aus für die Zeitumstellung nicht in Sicht
Regel In der Nacht auf Sonntag werden die Uhren eine Stunde zurückgestellt. Aber war da nicht mal eine EU-Umfrage?
Brüssel An diesem Sonntag ist es wieder so weit, mit Beginn der Winterzeit werden die Uhren in Europa um eine Stunde zurückgestellt. Ginge es nach dem EU-Parlament, wäre damit nächstes Jahr Schluss. Doch wann das Ende der zumindest in Deutschland bei manchen unpopulären Zeitumstellung wirklich kommt, steht derzeit noch in den europäischen Sternen.
„Die Zeitumstellung gehört abgeschafft“, hatte der damalige Kommissionschef Jean-Claude Juncker 2018 verkündet, nachdem sich in einer EU-weiten Onlineumfrage 84 Prozent der Befragten für deren Ende ausgesprochen hatten. Im März 2019 votierte das Europaparlament mit deutlicher Mehrheit dafür, die Umstellung 2021 abzuschaffen. Doch nun liegt der Ball bei den Regierungen, die die Frage klären müssen, ob sie die dauerhafte Sommeroder Winterzeit wollen. Am Ende müssten die Mitgliedstaaten entscheiden. Doch dazu wird es so bald nicht kommen. Von EU-Diplomaten hieß es diese Woche, dass das Thema während der laufenden deutschen Ratspräsidentschaft nicht mehr groß diskutiert werde. Es gebe sehr viele andere Themen, die drängender seien als die Zeitumstellung.
Der Rat schreibt seinerseits, dass er seinen Standpunkt zu dem Vorschlag noch nicht festgelegt habe. Dafür sei „eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten erforderlich“. Die deutsche Regierung hat sich laut Bundeswirtschaftsministerium noch nicht entschieden, ob sie eine dauerhafte Sommer- oder Winterzeit bevorzugt. „Aus Sicht der Bundesregierung ist es wichtig, Zeitinseln zu verhindern und einen harmonisierten Binnenmarkt zu gewährleisten“, teilt das Ministerium mit. Voraussetzung für „ein angemessenes und harmonisiertes Vorgehen“sei auch eine europaweite Folgenabschätzung.
In der EU gibt es drei Zeitzonen, die größte von ihnen, die der Mitteleuropäischen Zeit, reicht von Spanien bis Polen. Bei einer dauerhaften Sommerzeit würde es im Winter im Westen – aber auch im Nordwesten – des Kontinents erst am Vormittag hell. In Vigo an der spanischen Atlantikküste würde die Sonne am 21. Dezember dann erst um 10.01 Uhr aufgehen, in Brest in der französischen Bretagne um 10.07 Uhr und im norddeutschen Emden um 9.45 Uhr.
Bei einer dauerhaften Winterzeit wiederum würde es im Sommer nicht nur im Biergarten oder in der Strandbar eine Stunde früher dunkel werden als gewohnt. Die Sonne würde im Osten der EU auch extrem früh aufgehen: In Bialystok in Polen wäre das am 21. Juni um 3.01 Uhr, in Warschau um 3.15 Uhr und in Berlin um 3.44 Uhr.
Gleichwohl macht der Status quo vielen Menschen zu schaffen. Viele fühlen sich laut einer DAK-Umfrage schlapp und müde oder haben Einschlaf- und Durchschlafstörungen. 76 Prozent der Befragten fänden, dass die Umstellung überflüssig sei und abgeschafft gehöre. Die unter Juncker eingeleitete Umfrage legt nahe, dass das Thema die Menschen in Deutschland mehr umtreibt als in anderen EU-Staaten. Von den 4,6 Millionen Teilnehmern kamen drei Millionen aus der Bundesrepublik. Die Gesamtzahl der Abstimmenden entsprach dabei aber nur einem Prozent der EU-Bevölkerung. Klaus Blume, dpa