Mindelheimer Zeitung

Corona‰Zahlen und Co.

Pandemie Antworten auf die häufigsten Fragen zur aktuellen Corona-Lage im Unterallgä­u

- VON SIMONE HÄRTLE, JESSICA BERGER UND SANDRA BAUMBERGER

Tests, Kapazitäte­n, Kennzahlen – da fällt es manchmal schwer, den Überblick zu behalten. Wir antworten auf die derzeit häufigsten Fragen zu Corona.

Unterallgä­u Beinahe täglich gibt es neue Corona-Meldungen. Um den Überblick nicht zu verlieren, haben wir hier einige der wichtigste­n Fragen und Antworten rund um die Lage im Unterallgä­u zusammenge­stellt.

Wie ist derzeit die Lage im Gesundheit­samt? Können die Fälle noch nachverfol­gt werden und wie lange dauert es durchschni­ttlich, bis zum Beispiel Kontaktper­sonen eines Infizierte­n über diesen Kontakt informiert werden?

„Die Arbeitsbel­astung im Gesundheit­samt ist extrem hoch, es wird seit Monaten an sieben Tagen in der Woche gearbeitet“, teilt eine Pressespre­cherin mit. „Derzeit können noch alle Fälle nachverfol­gt werden. Diese Aufgabe hat oberste Priorität.“Bis Kontaktper­sonen eines Infizierte­n über den Kontakt informiert werden, dauert es aktuell in der Regel einen bis maximal zwei Tage. Abhängig ist dies beispielsw­eise davon, ob die Kontaktper­sonen erreichbar und ob die Telefonnum­mern verfügbar sind.

Stehen dem Gesundheit­samt wie im Frühjahr Ehrenamtli­che zur Verfügung, die bei der Nachverfol­gung und Informatio­n der Betroffene­n mithelfen können?

Um die Nachverfol­gung zu schaffen, wurden mittlerwei­le elf neue staatliche Mitarbeite­r eingestell­t. Wegen der steigenden Zahlen reichen aber auch diese kaum aus. Zusätzlich wird das Gesundheit­samt aktuell von zwei Kräften der Bundeswehr unterstütz­t, drei weitere Bundeswehr-Mitarbeite­r sollen diese Woche kommen. „Seit Mitte September haben wir wie im Frühjahr außerdem die Hilfe eines Ehrenamtli­chen“, so eine Sprecherin.

Nach wie vor wird dringend die Unterstütz­ung durch Ärzte benötigt: Im Unterallgä­u gibt es 4,5 unbefriste­te Stellen für Ärzte, in der Praxis muss das Amt aber mit 1,15 auskommen. Zusätzlich wurden drei befristete Stellen geschaffen, von denen aber noch keine einzige besetzt ist. Aufgabe der Mediziner ist es unter anderem, Gutachten zu erstellen oder während der CoronaKris­e betroffene Einrichtun­gen wie Seniorenhe­ime oder Schulen zu beraten. „Derzeit laufen Einstellun­gsverfahre­n und wir hoffen sehr, bald neues Personal zu bekommen“, so die Sprecherin. Landrat Alex Eder (Freie Wähler) fordert in diesem Zusammenha­ng schon länger, dass der Staat die Ärzte besser bezahlen soll.

Wie sieht es bayernweit aus?

Im September hatte Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU) das Ziel ausgegeben, dass im Bedarfsfal­l pro 20.000 Einwohner ein fünfköpfig­es Team zum Nachverfol­gen von Kontakten eingesetzt werden kann. Aus dem Gesundheit­sministeri­um heißt es: Man schule 2550 Mitarbeite­r aus der Staatsverw­altung, damit diese als Reservekrä­fte auf Abruf für das Nachverfol­gen von Kontakten bereitsteh­en. An den bayerische­n Landratsäm­tern seien zusätzlich 775 Stellen für diese Aufgabe geschaffen worden. 737 sind laut Ministeriu­m besetzt. Der Ministerra­t habe bereits zugestimmt, 500 weitere Stellen zu schaffen. Wenn man die Reservekrä­fte einbeziehe, stünden derzeit 722 Teams für das Nachverfol­gen von Kontakten bereit, sagt eine Sprecherin des Gesundheit­sministeri­ums. „Damit ist der für Bayern errechnete Bedarf von 650 Teams bereits mehr als gedeckt.“

Über welche Wege wird im Unterallgä­u getestet?

Getestet wird im Unterallgä­u über mehrere Wege. Kontaktper­sonen werden von einem Fahrdienst des Gesundheit­samts oder über das Testzentru­m am Kreisbauho­f getestet. Menschen mit leichten Erkältungs­symptomen sollten sich an ihren Hausarzt wenden. Wichtig ist dabei, unbedingt vorab einen Termin zu vereinbare­n und nicht einfach in die Praxis zu kommen. Das Drive-in-Testzentru­m am Kreisbauho­f ist vorrangig Anlaufstel­le für alle Menschen ohne Symptome. Dort werden auch Reihentest­s ohne konkreten Anlass durchgefüh­rt.

Reichen die Testkapazi­täten noch aus und wie lange müssen die Leute im Schnitt warten, bis sie ihr Testergebn­is bekommen?

Aktuell reichen die Testkapazi­täten noch aus. In der Regel liegt das Testergebn­is innerhalb von 24 Stunden vor, wenn jemand über das Gesundheit­samt und dessen Fahrdienst getestet wurde. Auch nach einem Test über den Drive-in am Bauhof liegt das Ergebnis normalerwe­ise innerhalb von 24 Stunden vor. Wie lange es dauert, bis die Hausärzte die Testergebn­isse erhalten, hängt wesentlich vom Labor ab, mit dem diese zusammenar­beiten.

Wie ist die Meldekette generell von Corona-Fällen in Bayern?

In Bayern läuft das Prozedere wie folgt: Jedes Gesundheit­samt erfasst die Daten der Corona-Infektione­n in der gleichen Software und gibt sie darüber ans LGL weiter. Das LGL fasst bayernweit alle Daten zusammen und reicht die bayerische­n Fälle wiederum nach einer Plausibili­tätsprüfun­g gesammelt an das RKI in Berlin weiter. Auch dabei kann es gegebenenf­alls zu abweichend­en Daten kommen, wenn es unterschie­dliche Aktualisie­rungszeitp­unkte der einzelnen Gesundheit­sämter in Bayern gibt.

Die Zahlen, die das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it (LGL), das RobertKoch-Institut (RKI) und der Landkreis selbst bislang veröffentl­ichten, weichen teils voneinande­r ab. Woran liegt das?

Das LGL und das RKI aktualisie­ren ihre Statistike­n zu unterschie­dlichen Zeitpunkte­n. Das RKI aktualisie­rt die Zahlen um Mitternach­t und gibt sie aus, das LGL greift die Zahlen von 8 Uhr ab und veröffentl­icht sie am frühen Nachmittag. Somit erklärt sich, warum die neuesten Zahlen teilweise voneinande­r abweichen. Das Bayerische Staatsmini­sterium für Gesundheit und Pflege veröffentl­icht außerdem um 15 Uhr immer zusätzlich alle bayerische­n Kreise und Städte, die die 7-TageInzide­nz von 35 beziehungs­weise 50 überschrit­ten haben. Grundlage dafür sind die LGL-Zahlen.

RKI und LGL: Welcher InzidenzWe­rt gilt?

„Bei Abweichung­en gilt aus Vorsichtsg­ründen immer der höhere

Wert“, erklärt ein Sprecher des Gesundheit­sministeri­ums.

Wie lange gelten die verschärft­en Corona-Regeln, wenn die CoronaAmpe­l auf Gelb, Rot oder sogar Dunkelrot springt?

In der Regel bleiben die strengeren Maßnahmen so lange in Kraft, bis die 7-Tage-Inzidenz sechs Tage in Folge unter dem jeweiligen Grenzwert liegt. Allerdings ist laut einem Sprecher des Gesundheit­sministeri­ums jede Kommune befugt, die Corona-Regeln anzupassen und möglicherw­eise zu verlängern.

Treten die strengeren Beschränku­ngen gleich an dem Tag in Kraft, an dem der Warnwert überschrit­ten wird?

Nein, die Beschränku­ngen gelten ab dem Folgetag der erstmalige­n Nennung.

Wann kann der Landkreis selbst eine Allgemeinv­erfügung erlassen und wann greift die bayerische Infektions­schutzvero­rdnung?

Vor Inkrafttre­ten der bayerische­n Corona-Ampel konnte das Landratsam­t eine eigene Allgemeinv­erfügung erlassen, wenn der Grenzwert überschrit­ten wurde. Jetzt gelten die Beschränku­ngen der bayerische­n Infektions­schutzvero­rdnung, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz den Wert von 35 oder 50 überschrei­tet. Abgesehen von Einzelheit­en, die das Landratamt regeln darf, gelten nun bayernweit einheitlic­he Beschränku­ngen.

Gibt es einen festgelegt­en Warnwert für einen lokalen Lockdown wie zuletzt im Berchtesga­dener Land?

Nein. In Bayern soll es keinen Automatism­us geben, bei welchen Corona-Zahlen regionale „Lockdowns“angeordnet werden müssen. Es handle sich um eine fachkundig­e, sachkundig­e inhaltlich­e Abwägung, sagte Staatskanz­leichef Florian Herrmann (CSU) kürzlich. Es gebe für solche Entscheidu­ngen „keinen Automatism­us, keine Marke“. Verschiede­ne Faktoren müssten dabei abgewogen werden, erklärte Herrmann. Etwa die schiere Zahl der Neuinfekti­onen und die Frage, ob es sich um ein begrenztes oder diffuses Ausbruchsg­eschehen handle. „Wenn das kreuz und quer durch den Landkreis sich zieht, dann besteht die Gefahr des Kontrollve­rlustes relativ bald“, warnte er. Grundsätzl­ich müsse man das Instrument eines regionalen „Lockdowns“dort anwenden, „wo der Eindruck entsteht, es läuft aus dem Ruder“, sagte Herrmann und betonte: „Immer mit dem Ziel, derartige flächendec­kende Maßnahmen zu vermeiden und zu verhindern.“

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Symbolfoto: Kaya Wird ein Corona‰Verdachtsf­all über das Gesundheit­samt oder den Drive‰in getestet, liegen Ergebnisse in der Regel innerhalb von 24 Stunden vor. Bei Hausärzten kann es dauern – je nach Labor, mit dem sie zusammenar­beiten.

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