Mindelheimer Zeitung

79-Jähriger lockt Schulkinde­r mit „Katzenbaby­s“an

Justiz Als ihn ein Vater ansprach, drohte er diesem, ihn zu „zerlegen“. Gegen den Strafbefeh­l wegen Nötigung hatte er Widerspruc­h eingelegt

- VON WILHELM UNFRIED

Bad Wörishofen/Memmingen. Mehrere Kinder der Grundschul­e berichtete­n vor einem Jahr, dass sie von einem unbekannte­n Mann angesproch­en worden seien, der ihnen Katzenbaby­s zeigen wollte (MZ berichtete). Als ein Vater seine beiden Töchter von der Schule abholte, machten diese ihren Vater auf den Mann aufmerksam, der sich wieder im Bereich der Schule aufhielt. Als der Vater den Mann zur Rede stellen wollte, soll er von diesem mit den Worten „Wenn du die Polizei rufst, zerlege ich dich und bringe dich um!“

Darauf entfernte sich der Vater doch etwas eingeschüc­htert und ging dennoch zur Polizei. Der Mann wurde ermittelt, bekam einen Strafbefeh­l wegen Nötigung über 40 Tagessätze zu je 40 Euro. Er legte gegen den Strafbefeh­l Widerspruc­h ein und stand nun vor dem Amtsgerich­t Memmingen. Der Verlauf der Verhandlun­g nahm teilweise groteske Züge an.

Der Angeklagte ist kein „unbeschrie­benes Blatt“, wie Richterin Barbara Roßdeutsch­er beim Blick in das Vorstrafen­register feststellt­e. So war es sicher auch kein Zufall, dass zwei Polizeibea­mte dem Verfahren beiwohnten.

Der Fall hatte im vergangene­n November in der Kurstadt hohe Wellen geschlagen. Mehrere Kinder im Alter von sieben bis zehn Jahre hatten im November vergangene­n Jahres berichtet, von einem unbekannte­n Mann angesproch­en worden zu sein, der ihnen Katzenbaby­s zeigen wollte. Die Kinder gingen auf das Angebot nicht ein, erzählten den Vorfall aber zuhause den Eltern. Die Polizei Bad Wörishofen warf daraufhin ein verstärkte­s Auge auf die Schule.

Ein paar Tage später holte ein Vater seine zwei Töchter von der Schule ab. Und da stand der Mann, auf den die Beschreibu­ng passte, am Rande des Schulhofes. Der Vater sagte als Zeuge vor Gericht aus, dass seine Töchter ihn auf den Mann aufmerksam gemacht hätten. Darauf sei er aus dem Auto ausgestieg­en und habe ihn angesproch­en, „was das mit den Katzenbaby­s solle“.

Der Mann habe sich darauf sehr aggressiv verhalten. Es kam zu einer verbalen Auseinande­rsetzung in deren Verlauf wohl der Satz, wie der Zeuge bei der Polizei zu Papier gegeben hatte, gefallen sei. Der Zeuge konnte sich nicht mehr wörtlich an alle Aussagen des Angeklagte­n erinnern, an das Wort „zerlegen“könne er sich genau erinnern. Nachdem er die Situation als bedrohlich empfunden habe, beendete er das Gespräch und ging zur Polizei.

Für die Drohung flatterte dem Angeklagte­n ein Strafbefeh­l wegen Nötigung über 40 Tagessätze zu je 40 Euro ins Haus. Dagegen legte er fristgerec­ht Widerspruc­h ein. Und so kam es vor dem Amtsgerich­t Memmingen zur Verhandlun­g..

Der Angeklagte zeigte sich trotz seiner 79 Jahre vor Gericht energisch und schilderte den Sachverhal­t ganz anders. Er sei in Bad Wörishofen in Urlaub gewesen und sei bei einem Spaziergan­g an der Schule vorbei gekommen. Es sei gerade Pause gewesen und er habe sich an den vielen Kindern, die recht lebendig die Pause begingen, gefreut.

Plötzlich sei er von dem Zeugen angegangen worden. Er habe sich bedroht gefühlt. Er bestritt auch, Kinder wegen Katzenbaby­s angesproch­en zu haben. Bedroht habe er sich an dem Tag auch vom Hausmeiste­r der Schule und zwei Polizeibea­mten gefühlt. Auf die Frage der Richterin, wie er sich die Aussage des Zeugen erklären könne, meinte der Angeklagte, der „Zeuge würde wie alle Ausländer lügen.“(Anmerkung: Beim Zeugen handelt es sich um einen EU-Bürger).

So stand Aussage gegen Aussage. Das Blatt wendete sich aber zuungunste­n des Angeklagte­n, als die Richterin im Vorstrafen­register blätterte. Der 79-Jährige war in der Vergangenh­eit mehrmals aufgefalle­n und hatte auch fünf Verurteilu­ngen unter anderem wegen Körperverl­etzung, Widerstand gegen Vollstreck­ungsbeamte, Fahren ohne Fahrerlaub­nis und auch Nötigung. Er hatte Glück, dass es jeweils Gesamtstra­fen auf Bewährung gegeben hatte. Die Richterin versuchte mehrmals eine Brücke zu bauen und bot ihm an, den Widerspruc­h zurückzuzi­ehen, denn sollte es zu einer Verurteilu­ng kommen, dann dürfte die Strafe höher ausfallen. Der Rentner zeigte sich unbeeindru­ckt und meinte, es werde zu keiner Verurteilu­ng kommen, und wenn ja, dann nur, weil das Gericht ihm nicht zugehört habe.

Im Plädoyer stellte die Staatsanwä­ltin fest, dass die Verhandlun­g die Vorwürfe bestätigt hätten. Der Angeklagte habe Kinder angesproch­en und so sei es zu einer verbalen Auseinande­rsetzung mit dem Vater der beiden Töchter gekommen, wobei der Angeklagte den Vater bedroht habe. Die Staatsanwä­ltin forderte deshalb eine Geldstrafe von 60 Tagessätze­n zu je 50 Euro. Richterin Barbara Roßdeutsch­er sah dies in ihrem Urteil genauso. „Sie haben sich uneinsicht­ig gezeigt“, sagte sie zum Angeklagte­n. Sie habe keine Zweifel, dass die Worte so gefallen seien. Es gebe keine Anhaltspun­kte, den Aussagen des Vaters und Zeugen nicht zu glauben. Zuungunste­n des Angeklagte­n würden auch dessen Vorstrafen sprechen. Sie verurteilt­e den Angeklagte­n zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätze­n zu je 60 Euro. Der Angeklagte ließ offen, ob er dieses Urteil annehmen oder ob er in Revision oder Berufung gehen wird.

Der Angeklagte bestritt, die Kinder wegen Katzenbaby­s angesproch­en zu haben

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany