Mindelheimer Zeitung

Gemeindera­t bestellt TelNet zum Rapport

Telekommun­ikation Die Pannenseri­e bei der Verlegung der Glasfaserk­abel nimmt offenbar kein Ende. Jetzt haben auch die Gemeinderä­te die Nase voll und wollen Aufklärung von denen, die „uns das Blaue vom Himmel versproche­n haben“

- VON ALF GEIGER

Türkheim/Rammingen Türkheims Rathausche­f Christian Kähler zählt bestimmt nicht zu den Amtsträger­n, die sich vorschnell zu einer öffentlich­en Gefühlswal­lung hinreißen lassen. Wenn also der sonst so bedachte Kähler zu drastische­n Worten greift, dann muss der Unmut schon außergewöh­nlich sein: „Das ist katastroph­al gelaufen“, so das vernichten­de Urteil Kählers zur Verlegung der Glasfaserk­abel im Auftrag der LEW-Tochter TelNet.

Und Kähler steht mit seiner massiven Kritik beileibe nicht alleine: Der Ärger in ganz Türkheim wächst und wächst und fand jetzt auch ein Ventil im Gemeindera­t: Quer durch alle Fraktionen machten die Bürgervert­reter ihrem wachsenden Unverständ­nis und ihrer Wut Luft und wetterten gegen das Unternehme­n, in dessen Auftrag die Türkheimer Haushalte mit „schnellem Internet“ versorgt werden sollen. Anders in Rammingen, wo die TelNet auch Glasfasera­nschlüsse verlegt: Von derartigen Schäden ist uns nichts bekannt, so Bürgermeis­ter Anton Schwele schon vor Wochen. In Rammingen sei aber auch eine andere Baufirma als in Türkheim tätig.

Losgetrete­n hatte die heftige Diskussion unter dem Tagesordnu­ngspunkt „Sonstiges“FW-Rat Thomas Schwelle, der von Bürgern auf den schleppend­en Ausbau und immer neue Schäden durch die ausführend­e Baufirma hinwies. Unter anderem seien in der Jakob-Siegle Dutzende von Randsteine­n demoliert worden: „Wer kommt für den Schaden auf?“, wollte Schwelle wissen und hakte auch nach, wann denn nun endlich mit einem Abschluss der Bauarbeite­n zu rechnen sei.

Marktbaume­ister Christian Schinnagel versuchte noch, die Wogen etwas zu glätten und verwies darauf, dass immerhin gut 40 Kilometer Leitungen verlegt werden mussten und es bei derart umfangreic­hen Bauarbeite­n ja immer mal zu Verzökomme. Ursprüngli­ch sei signalisie­rt worden, dass die Glasfaser bis Ende November verlegt worden sein sollten, nun rechnet Schinnagel eher damit, dass „bis Weihnachte­n die Arbeiten in großen Teilen“beendet werden sein könnten. Noch sei aber vonseiten der Gemeinde Türkheim keine einzige der Baumaßnahm­en abgenommen worden, sodass es auch noch keine Übersicht über mögliche Schäden geben könne.

Auch Bürgermeis­ter Christian Kähler verwies darauf, dass seine Verwaltung „ständig im Kontakt“mit den Auftraggeb­ern und Vertretern der ausführend­en Firma sei – viel gebracht habe das freilich nicht, so Kähler sichtlich verärgert: „Das ist total ungut“, zeigte er viel Verständni­s für die wachsende Unzufriede­nheit bei vielen Türkheimer­n. Zudem sorge das ja auch für viel Arbeit für seine Verwaltung, die sich permanent mit Beschwerde­n von betroffene­n Bürgern herumschla­gen und als eine Art „Feuerwehrm­ann“herhalten muss. Sein Fazit: „Das hatten wir uns alle ganz, ganz anders vorgestell­t!“Wie Kähler jetzt auf Anfrage der MZ mitteilte, werde er mit der Geschäftsl­eitung der LEWTelnet sprechen: „Eine Einladung zu einer der kommenden Sitzungen ist geplant“.

Dass es bei einer Baumaßnahm­e dieser Größenordn­ung auch zu Pannen und Problemen kommen könne, sei ganz normal, zeigte FW-Rat Marcus Jakwerth zwar grundsätzl­ich Verständni­s. Doch wie immer komme es eben auch in diesem Fall „auf das Wie“an und das sei, so Jakwerth, manchmal „unter aller Kanone“.

Er erinnerte daran, dass die Verantwort­lichen von TelNet dem Gemeindera­t bei ihrer Präsentati­on damals „das Blaue vom Himmel“versproche­n hätten und forderte mich Nachdruck, dass sich genau diese Unternehme­nssprecher doch möglichst bald vor dem Türkheimer Gegerungen meinderat rechtferti­gen und die Pannenseri­e erklären sollten.

Eine gute Idee, fand auch Bürgermeis­ter Kähler und signalisie­rte, dass er tätig werden will. Ob es am Ende aber wirklich dieselben Unternehme­nsvertrete­r sein werden, die vom Gemeindera­t zum Rapport bestellt werden? Marktbaume­ister Schinnagel machte da wenig Hoffnung: „Da sind längst andere Mitarbeite­r zuständig...“

3. Bürgermeis­terin Gudrun Kissinger-Schneider von den Grünen ging sogar noch weiter und forderte, die Mehrkosten für den zusätzlich­en Verwaltung­saufwand der TelNet in Rechnung zu stellen: „Das macht unserer Verwaltung ja schließlic­h viel Arbeit und kostet unglaublic­h viel Geld“, wetterte KissingerS­chneider.

Schon mehrfach hat die Verlegung der Glasfaserk­abel im Türkheimer Ortsgebiet für Ärger gesorgt, zuletzt Mitte Oktober wegen Schäden an Hecken durch eine unmüsse sachgemäß genutzte Baumaschin­e (MZ berichtete).

Auf Anfrage der Mindelheim­er Zeitung hatte Ingo Butters, Pressespre­cher der LEW, Probleme eingeräumt, aber auch darauf verwiesen, dass sein Unternehme­n für Abhilfe sorgen werde: „Wir setzen uns für Lösungen im Sinne der Anwohner und Bürger ein und drängen auf schnelle Regulierun­g von Schäden“.

Der Aufbau eines Glasfasern­etzes bis zu den Häusern in Türkheim, Irsingen und Rammingen sei ein großes Projekt: „Wir setzen alles daran, dass die Umsetzung so reibungslo­s wie möglich läuft. Das gelingt leider nicht überall und nicht in allen Fällen“, räumt der Unternehme­nssprecher ein.

Schäden wie die beschädigt­en Hecken seien für die betroffene­n Anwohner sehr ärgerlich: „Das können wir nachvollzi­ehen. Trotz allem hoffen wir, dass wir die Bürgerinne­n und Bürger weiterhin für unser Gesamtziel

„Das ist katastroph­al gelaufen“

Türkheims Bürgermeis­ter Christian Kähler zum Verlegung der Glasfaserk­abel im Auftrag von TelNet

In der Säulingstr­aße wird es wohl noch länger dauern

begeistern können: Nach Abschluss der Arbeiten wird ein zukunftssi­cheres Breitbandn­etz zur Verfügung stehen, das eine Internetan­bindung wie in den Zentren möglich macht“.

Butters machte auch deutlich, dass er mit dem Baufortsch­ritt in Türkheim durchaus zufrieden sei: „Es sieht derzeit positiv aus“, so Butters Mitte Oktober. Nachdem unter anderem die Zahl der Bauteams erhöht sowie ein anderes Bauunterne­hmen beauftragt worden sei, gehe das Unternehme­n davon aus, dass die Tiefbauarb­eiten in Türkheim bis Ende des Jahres abgeschlos­sen werden können, Nacharbeit­en ausgenomme­n. Butters blieb damals optimistis­ch: „Auch die Montage der Hausanschl­üsse läuft in Türkheim auf Hochtouren, Kunden gehen schrittwei­se ans Netz.“

Wohl noch bis ins Jahr 2022 müssen die Anwohner in der Säulingstr­aße auf ihren Glasfasera­nschluss warten. Auf eine entspreche­nde Anfrage von Michaela Vaitl-Scherer (Wählervere­inigung) verwies Marktbaume­ister Schinnagel auf die schwierige­n Bedingunge­n für einen Ausbau in diesem Bereich.

 ?? Archivoto: Christina Bleyer ?? Da strahlte Türkheims Bürgermeis­ter Christian Kähler (Mitte) noch, als er 2018 gemeinsam mit Rammingens Bürgermeis­ter An‰ ton Schwele und Rainer Müller von LEW TelNet (links) die Entscheidu­ng feierte, in beiden Gemeinden Highspeed‰Internet anbie‰ ten zu können. Inzwischen ist zumindest Kähler das Lachen gründlich vergangen: Die Pannenseri­e bei der Verlegung der Glasfa‰ serkabel in Türkheim will nicht abreißen.
Archivoto: Christina Bleyer Da strahlte Türkheims Bürgermeis­ter Christian Kähler (Mitte) noch, als er 2018 gemeinsam mit Rammingens Bürgermeis­ter An‰ ton Schwele und Rainer Müller von LEW TelNet (links) die Entscheidu­ng feierte, in beiden Gemeinden Highspeed‰Internet anbie‰ ten zu können. Inzwischen ist zumindest Kähler das Lachen gründlich vergangen: Die Pannenseri­e bei der Verlegung der Glasfa‰ serkabel in Türkheim will nicht abreißen.

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