Auf den Zahn gefühlt
Anthropologie Was Forscher im Gebiss des Neandertalers fanden
Wissen Sie, was der Unterschied zwischen Menschen und Delfinen ist? Richtig! Delfine haben keine Milchzähne. Viele andere Säugetiere hingegen schon. Wie etwa Fledermäuse. Katzen. Hunde. Sie müssen sich wie der Mensch mit einem Zahnwechsel herumplagen. Bekanntlich sind Zähne übrigens für Anthropologen ein fruchtbares Forschungsgebiet. Zähne sind viel länger haltbar als etwa Knochen. Am Zahnabrieb kann man sogar ablesen, dass selbst die meisten Neandertaler Rechtshänder waren.
Und so verwundert es nicht, dass Forscher Milchzähne dieser wohl vor rund 30 000 Jahren ausgestorbenen Menschengattung untersucht haben. Menschengattung. Jawohl. Denn der Neandertaler ging aufrecht, er konnte mit Werkzeugen umgehen und er bestattete seine Toten rituell. Nun haben diese Forscher durch Untersuchung der Milchzähne herausgefunden, dass der Homo neanderthalensis etwa so lange gestillt wurde wie wir. Und sie stellen sich der These von anderen Experten entgegen, der Neandertaler könnte ausgestorben sein, weil er zu lange gestillt wurde – und ihm darum vielfältige Nährstoffe für die Entwicklung des Gehirns entgingen.
Wie kann man eigentlich auf eine so seltsame These kommen? Wo doch jeder weiß, dass das Stillen gut ist für das Kind. Und somit sicher auch für das Neandertalerkind. Seine Gattung ist nach allem, was man weiß, deshalb ausgestorben, weil sie sich nicht so rasch vermehrte wie der Homo sapiens. Schon ein paar Prozent Unterschied in der Vermehrungsrate können ganze Völker verschwinden lassen. Die Wissenschaftler sollten sich also eher mit der Fortpflanzung des Neandertalers auseinandersetzen. Sicher auch ein fruchtbares Forschungsgebiet.