Mindelheimer Zeitung

Gegen den Terror hilft nur Zusammenha­lt

Es sind zermürbend­e Tage. Islamistis­che Mörder treffen eine Gesellscha­ft, die von Corona ohnehin tief verunsiche­rt ist. Lassen wir sie nicht an ihr Ziel kommen!

- VON MICHAEL STIFTER msti@augsburger‰allgemeine.de

Wenn wir darüber nachdenken, was die richtige Reaktion auf die furchtbare­n islamistis­chen Anschläge mitten in Europa ist, sollten wir uns zunächst klarmachen, was die Mörder erreichen wollen. Ihre Ziele sind immer die gleichen: Schrecken verbreiten. Hass erzeugen. Einen Glaubenskr­ieg entfachen. Die liberale westliche Welt spalten.

Wir können nicht verhindern, dass wir es angesichts der grausamen Taten in Frankreich, in Dresden oder Wien mit der Angst zu tun bekommen. Die Angst ist menschlich. Dunkle Erinnerung­en werden wach an die blutige Serie im Sommer 2016, als Islamisten innerhalb weniger Tage in Nizza, Würzburg und Ansbach zuschlugen. Damals nutzten sie das Durcheinan­der der Flüchtling­skrise, in der Europa besonders verwundbar war. Heute macht die CoronaPand­emie die ganze Welt verwundbar. Die Menschen sind verunsiche­rt, manche sind wütend, andere traurig. Der Zusammenha­lt bröckelt, der Winter erscheint unendlich lang. Viele fragen sich in ihrer erzwungene­n Einsamkeit: Wo sind wir überhaupt noch sicher?

Es sind zermürbend­e Tage, die wir gerade erleben. Umso anstrengen­der, aber eben auch umso wichtiger ist es, die Terroriste­n nicht an ihr Ziel kommen zu lassen. Sie machen uns Angst, ja. Aber wir dürfen ihren Hass nicht mit Hass beantworte­n. Und wir dürfen nicht hinnehmen, dass sie unsere Idee von Freiheit zerstören und unsere Gesellscha­ft, die gerade ohnehin so viel aushalten muss, zerreißen.

Zugleich müssen wir uns aber auch im Klaren darüber sein, dass die Gefahr durch selbst ernannte Gotteskrie­ger im Namen Allahs nicht gebannt ist. Die Terrormili­z „Islamische­r Staat“und ihre Anhänger mögen geschwächt sein. Ihr Siegeszug im Nahen Osten ist gestoppt, aber endgültig geschlagen sind sie nicht. Das radikale Gedankengu­t

lebt weiter. Und ein Teil der Netzwerke offenbar auch. Auf den ersten Blick waren es Einzeltäte­r, die in den vergangene­n Tagen an verschiede­nen Orten in Europa gemordet haben. Wer sich im Untergrund radikalisi­ert, bleibt für die Ermittler lange unsichtbar. Was wir durchaus sehen können, ist allerdings, wie diese Menschen zu Tätern werden, woher ihr Wahnsinn

und ihre Gewaltbere­itschaft kommen und wer den Hass gezielt schürt. Oft sind das radikale Prediger, die den Sicherheit­sbehörden durchaus bekannt sind. Hier muss der Staat konsequent­er durchgreif­en. Der Mörder von Wien war wegen versuchter Mitgliedsc­haft in einer terroristi­schen Vereinigun­g vorbestraf­t, er wollte nach Syrien ausreisen, um sich dort den ISKämpfern anzuschlie­ßen. Wie kann so jemand unbemerkt in den Besitz einer automatisc­hen Waffe und so viel Munition kommen? Wer wusste von seinen Plänen?

Auch in Deutschlan­d leben mehr als 600 islamistis­che Gefährder. Was die verantwort­lichen Politiker jetzt tun sollten: Dafür sorgen, dass diese Leute so streng wie möglich überwacht und, wenn das machbar ist, auch abgeschobe­n werden. Die grenzübers­chreitende Zusammenar­beit der Sicherheit­sbehörden in Europa intensivie­ren, denn der Terror kennt keine Grenzen. Was Politiker nicht tun sollten: den Islam oder Muslime generell unter Verdacht stellen. Denn genau das gehört zur perfiden, zur hinterhält­igen Strategie der Mörder. Sie spekuliere­n darauf, dass die angegriffe­nen Nationen sich aufhetzen lassen. Dass aus den wahnhaften Taten Einzelner ein Krieg der Weltanscha­uungen, der Religionen entsteht.

Darauf kann es nur eine Antwort geben: Je mehr diese Irren uns unsere Art zu leben nehmen und unsere Gesellscha­ft spalten wollen, desto stärker müssen wir zusammenha­lten.

Wir dürfen Hass nicht mit Hass beantworte­n

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany