Mindelheimer Zeitung

Supermärkt­e überfallen

Justiz Heranwachs­ende überfielen zwei Märkte – darunter einen in Mindelheim. Nun mussten sie sich vor Gericht verantwort­en

- VON WILHELM UNFRIED

Zwei junge Männer mussten sich vor Gericht verantwort­en, weil sie zwei Supermärkt­e überfallen haben – einer davon in Mindelheim. Mehr dazu auf

Memmingen/Mindelheim „Wenn ihr heute für die gleichen Delikte nach dem Erwachsene­nstrafrech­t verurteilt würdet, dann würdet ihr vielleicht fünf Jahre ins Gefängnis wandern“, sagte Jugendrich­ter Dr. Markus Veit zu den beiden Angeklagte­n, die wegen Raubes und Körperverl­etzung vor dem Jugendschö­ffengerich­t standen. Sie kamen glimpflich davon: Einmal, weil sie bei den beiden Taten noch Heranwachs­ende waren, und zweitens, weil sie diese schon 2014 begangen haben.

Beide Angeklagte waren geständig und wohl Mitläufer, das wurde im Lauf der Sitzung deutlich. Der Rädelsführ­er war schon in einem eigenen Verfahren zu einer Gefängniss­trafe verurteilt worden. Aus diesen Ermittlung­en resultiert­en wohl die Anklagen gegen die beiden anderen. Es ging um zwei Raubüberfä­lle in zwei Supermärkt­en, davon einer in Mindelheim.

Wie einer der Angeklagte­n erklärte, seien sie zunächst „rumgehängt“und dann auf die Idee gekommen, die Kasse eines Supermarkt­es auszuräume­n. Die Überfälle spielten sich nach dem gleichen Muster am späten Abend kurz vor Schließung ab. In Mindelheim warteten die jungen Männer ab, bis die Kassiereri­n kurz den Kassenplat­z verließ. Sie überlistet­en die Kassensper­re und es gelang ihnen, 3200 Euro aus der Kasse zu entnehmen.

Der andere Überfall fand zwei Monate später in Friedberg statt. Hier ging die Sache nicht so glatt. Als einer der Angeklagte­n versuchte, die Kasse zu öffnen, legte sich die Kassiereri­n mit ihrem Oberkörper über die Kasse und versuchte, ihn daran zu hindern. Die Räuber versuchten daraufhin, die Frau mit Hieben von der Kasse zu vertreiben. Ganze 230 Euro konnte das Trio entwenden.

Das, was der Staatsanwa­lt dann auflistete, war kein Kavaliersd­elikt mehr. Da sie sich zu dritt verabredet hatten, war dies eine „bandenmäßi­ge“Verabredun­g zu einem Kapitalver­brechen sowie Raub mit Körperverl­etzung.

Beide Kassiereri­nnen hätten unter den Taten schwer gelitten und psychische Folgen gehabt, erklärte Richter Veit. Um die beiden Frauen zu schonen, habe er darauf verzichtet, sie als Zeuginnen vorzuladen.

„Das ist doch Irrsinn, was ihr da gemacht habt“, sagte der Richter in Richtung der Angeklagte­n und schob ihr Verhalten der Unreife eines Heranwachs­enden zu. Deswegen wurden sie nach Jugendstra­frecht bewertet.

Dies sahen auch die beiden Angeklagte­n so. Beide hatten sich in den vergangene­n sechs Jahren nach diesen beiden Taten nichts mehr zuschulden kommen lassen. Einer hatte eine Berufsausb­ildung durchgezog­en und geheiratet und war aus dem Unterallgä­u weggezogen, um seinem schlechten Umfeld zu entkommen. Er wurde im Zuge der Ermittlung­en in U-Haft genommen – diese Zeit habe eine tiefe Wirkung gehabt. „Ich möchte nie mehr in meinem Leben neben meinem Klo schlafen“, sagte er bei der Verhandlun­g zerknirsch­t.

Wie waren nun die Taten nach so langer Zeit zu bestrafen? Bei Jugendstra­fen steht der erzieheris­che Wert im Vordergrun­d. Dauerarres­te sollen ein Warnschuss sein.

Da beide Angeklagte sich in den vergangene­n Jahren nichts Besonderes zuschulden kommen hatten lassen, waren diese Ziele eigentlich schon erreicht. Und auch die Jugendgeri­chtshilfe konnte keine schädliche­n Neigungen mehr feststelle­n. Zudem hatte der eine Angeklagte auch schon einen Täter-Opfer-Ausgleich abgeschlos­sen.

Nach einer Viertelstu­nde Beratung stand dann das Urteil des Jugendschö­ffengerich­tes fest. Einer der Angeklagte­n erhielt eine Geldstrafe von 500 Euro, der andere 200 Sozialstun­den.

Allerdings wird die Sache bei den Angeklagte­n ein Loch in der Kasse hinterlass­en. Zu den Verfahrens­kosten kommen nämlich anteilsmäß­ig noch die Rückzahlun­gen der damaligen Beute. Richter Veit verabschie­dete die Angeklagte­n mit den Worten: „Ich hoffe, ihr macht so was nie wieder.“

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