Goldene Zeiten für Elektroautos?
Verkehr Die staatlichen Kaufprämien treiben die Zulassungen der Stromer auf Rekordhöhe. Aber Zweifel an ihrem Nutzen für das Klima bleiben, wie eine neue Studie unterstreicht
Berlin Schon wieder ein Rekord. Im vierten Monat in Folge hat die Zahl der in Deutschland abgesetzten Elektroautos einen neuen Höchststand erreicht. 32324 Anträge auf den staatlichen Umweltbonus für die angeblich klimafreundlichen Fahrzeuge hat das Bundeswirtschaftsministerium im Oktober verzeichnet. So hieß es am Mittwoch aus dem Haus von Peter Altmaier (CDU). Seitdem im Juli die staatlichen Zuschüsse im Zuge des Konjunkturpakets deutlich angehoben wurden, sind demnach über 100 000 Fahrzeuge gefördert worden. Mehr als im gesamten Jahr 2019.
Diese für den Staat recht teure Erfolgsgeschichte könnte sich zumindest eine Zeit lang fortschreiben. Denn erst mal gilt die erhöhte Prämie bis Ende 2021. Reine Elektroautos werden bis dahin mit bis zu 9000 Euro gefördert. 6000 Euro davon übernimmt der Bund, die Hersteller den Rest. Auf diese massive Ankurbelung der Nachfrage wird jetzt sogar noch etwas draufgelegt. Ab dem 16. November können E-Auto-Käufer verschiedene Förderungen von Bund und Ländern gleichzeitig in Anspruch nehmen. Das war seit dem Sommer nicht mehr möglich. Zusätzliches Geld kann es etwa aus Förderprogrammen des Bundesverkehrs- und des Umweltministeriums geben. Über die Details informiert das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Auch beim Leasing von Elektroautos ändert sich der Förderrahmen. Leasingverträge mit einer Laufzeit ab 23 Monaten erhalten weiterhin die volle Förderung. Bei kürzeren Vertragslaufzeiten wird die Förderung entsprechend angepasst. Auch hier gilt: Der staatliche Anteil wird befristet bis zum 31. Dezember 2021 als Innovationsprämie verdoppelt. Alles auf Strom also.
Doch selbst wenn die Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen steigen, liegen sie immer noch auf relativ niedrigem Niveau. So waren von den 274303 im Oktober neu zugelassenen Pkw nur knapp 23 200 reine Elektroautos. Das macht einen Anteil von 8,4 Prozent, wie das Kraftfahrt-Bundesamt bei der Vorlage der aktuellen Monatsstatistik am Mittwoch mitteilte. Das sind zwar immerhin fast fünfmal so viele wie im Oktober des Vorjahres. Aber um die Klimaziele zu erreichen muss dieser Anteil massiv steigen, betont die Bundesregierung immer wieder. Doch dieses Mantra ist womöglich nicht ganz richtig. Denn so klimafreundlich wie behauptet, sind Elektroautos womöglich gar nicht.
Diese Vermutung gibt es schon länger. Eine Studie zur Ökobilanz von Pkw mit verschiedenen Antriebssystemen, durchgeführt vom Zentrum für Klima, Energie und Gesellschaft, unter anderem im Auftrag vom ADAC, bestätigt sie nun aber eindrücklich. Blickt man auf die gesamte Wertschöpfungskette, sind moderne Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren
bislang oft noch schadstoffärmer als Elektrofahrzeuge, heißt es dort. Großer Schwachpunkt des Elektroantriebs mit Batterie ist demnach der hohe Energieund Materialaufwand in der Produktion. Die Forscher haben sich auch angesehen, wie die einzelnen Antriebsarten im Vergleich abschneiden, wenn man davon ausgeht, dass die Batterien der Elektroautos mit Strom geladen werden, der entsprechend dem aktuellen Strommix in Deutschland erzeugt wird. Ergebnis: Der klimafreundlichste Antrieb für einen handelsüblichen Mittelklassewagen ist derzeit ein Erdgasantrieb. Erst wenn Hybridund reine Elektrowagen ausschließlich mit Strom aus regenerativen Energiequellen angetrieben werden, sind sie deutlich klimafreundlicher.
Ein moderner Diesel ist unter Klimagesichtspunkten einem aktuellen Hybridauto sogar überlegen. Stand jetzt wird der Vorteil des Elektroautos im Vergleich zum Verbrenner, im Betrieb keine Emissionen mehr zu produzieren, erst nach vielen Kilometern Laufleistung wirksam. Nach den Berechnungen der Autoren muss man rund 127 500 Kilometer mit einem Elektroauto fahren, bevor man klimafreundlicher unterwegs ist als mit einem Benziner. Beim Diesel liegt der Wendepunkt gar erst bei 219000 Kilometern. Schuld daran ist neben dem immer noch vergleichsweise schmutzigen Strom in Deutschland vor allem die energieintensive Produktion der Batterien.
Aber, und hier kommt die gute Nachricht für die Autohersteller, die ganz auf die Elektromobilität setzen: Wenn es gelingt sowohl in der Fahrzeugherstellung wie auch in der Energiebereitstellung die Emissionen zu drücken, dreht sich das Blatt und die Treibhausgas-Bilanz von Elektroautos wird viel besser.
Ein aktueller Diesel ist viel besser für das Klima