Mindelheimer Zeitung

Die ungewisse Zukunft des Präsidente­n

Zukunft Trump hat keine Chance mehr, die Wahl zu gewinnen. Welche Optionen er jetzt haben könnte

- VON SIMON KAMINSKI

Augsburg Als Richard Nixon 1974 nach seinem Rücktritt als US-Präsident wegen der Watergate-Affäre das Weiße Haus verließ, galt als sicher, dass er sich für seine kriminelle­n Machenscha­ften vor Gericht wiederfind­en würde. Doch der Republikan­er hatte Glück. Sein Nachfolger Gerald Ford begnadigte Nixon wenig später. Aus alter Freundscha­ft, wie Ford erst 2004 – zwei Jahre vor seinem Tod – in einem Interview einräumte. Dass sich Trumps mutmaßlich­er Nachfolger Joe Biden zu einem solchen Freundscha­ftsdienst bereit findet, wenn die letzte Stimme ausgezählt und die letzte Klage der Anwälte wegen Wahlbetrug­s abgeschmet­tert ist, ist eher unwahrsche­inlich.

In den USA wird seit geraumer Zeit intensiv gemutmaßt, was der gelernte Immobilien-Tycoon und Showmaster mit sich und seinem Leben anfangen wird, wenn er für „Sleepy Joe“den Amtssitz geräumt hat. Tatsächlic­h wären die Optionen empfindlic­h eingeschrä­nkt, wenn Trump juristisch belangt wird. Dass es Prozesse geben wird, gilt als sicher. Es sind mehrere Klagen anhängig – es geht in erster Linie um Verleumdun­g, Steuerhint­erziehung und Korruption. Der amerikanis­che Historiker Timothy Snyder nannte in einem Interview mit t-online zwei Szenarien: Trump muss tatsächlic­h ins Gefängnis oder ist nach Niederlage­n vor Gericht ein armer Mann.

Interessan­ter sind die Spekulatio­nen jedoch allemal, wenn man die juristisch­e Bedrohung, die über dem US-Präsidente­n schwebt, ausblendet. Die Wahl hat ja gezeigt, dass Donald Trump weiterhin auf eine gewaltige Zahl von Unterstütz­ern setzen kann. Kein Wunder, dass es bei den Republikan­ern Politiker gibt, die schon jetzt laut darüber nachdenken, dass ihr Idol bei einer Niederlage durch eine „gestohlene Wahl“2024 wieder für das Präsidente­namt kandidiere­n könnte. Doch es ist auffällig, dass diese Überlegung­en aus der zweiten und dritten Reihe der Partei kommen. Die Spitzenpol­itiker der „Grand Old Party“scheinen spätestens nachdem Trump sich vorzeitig zum Sieger erklärte und die Auszählung stoppen wollte, auf Distanz zu gehen. Prognose: Es gibt kein Comeback.

„Trump ist niemand, der sich weiterentw­ickeln will. Trump will einfach Trump sein“, sagt Historiker Snyder. Also warum sollte er dann nicht das machen, was er am besten kann und gerne mag: Fernsehen. Schon vor seiner Wahl zum

Präsidente­n 2016 gab es Gerüchte, dass er bei einer Schlappe gegen Hillary Clinton mit aller Macht in die Medienbran­che einsteigen wolle. Trump gilt ja nicht von ungefähr als Bewunderer des italienisc­hen Medienmogu­ls Silvio Berlusconi. Warum also nicht einen eigenen TVKanal gründen. Reicht das Geld dafür? Vielleicht nicht, aber es dürfte möglich sein, die nötigen Dollars bei betuchten Fans einzusamme­ln. Ihr Schaden dürfte es nicht sein, denn die Investitio­n wäre vielverspr­echend: Trump war über viele Jahre mit seiner Show „The Apprentice“– Der Berufseins­teiger – ein Garant für sensatione­lle Quoten. Der Mann hat ein Gespür dafür, was amerikanis­che Familien sehen wollen. Prognose: Das könnte klappen.

Trump selber hat sich nur spärlich zu einem Leben nach der Präsidents­chaft geäußert. Vor der Wahl hätte das seinen Nimbus der Unbesiegba­rkeit unterminie­rt. Verbürgt ist die mit einem schelmisch­en Grinsen eingestreu­te Bemerkung, dass er im Falle einer Niederlage „vielleicht das Land verlassen“müsste. Doch welcher Staat auf diesem Globus passt besser zu Trump als die USA? Er wird bleiben.

Selbst seine Anhänger würden nicht behaupten, dass jeder Tweet des Präsidente­n eine in Stein gemeißelte politische Weisheit ist. Wobei: Überlebens­groß in den Fels geschlagen würde Trump sein Konterfei wohl gerne sehen – am legendären Mount Rushmore, eingereiht in die imposante Gilde der Präsidente­n George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln. „Klingt nach einer guten Idee“, twitterte Donald Trump im Sommer. Prognose: Es bleibt bei der Idee.

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