Mindelheimer Zeitung

Kann man Corona hören?

Wissenscha­ft Forscher der Universitä­t Augsburg feilen an einer App fürs Smartphone, die mittels Sprachanal­yse erkennt, ob eine Person mit dem Virus infiziert ist

- VON EVA‰MARIA KNAB

Augsburg Der Augsburger Wissenscha­ftler Björn Schuller ist Spezialist für Künstliche Intelligen­z. Er forscht mit seinem Team an einer Software, die aus Sprache menschlich­e Emotionen und sogar gesundheit­liche Störungen heraushöre­n kann. Nun entwickeln die Forscher eine App, die an der Stimme hören kann, ob ein Patient mit Corona infiziert ist. Dabei können sie erste Erfolge vorweisen.

Seit März arbeitet der Informatik­professor der Universitä­t Augsburg mit seinem Team an der Sprachanal­yse-App. Dafür wurden zunächst Sprachdate­n von Patienten im chinesisch­en Wuhan ausgewerte­t, wo das Virus zuerst ausbrach. Seit Corona verstärkt in Deutschlan­d auftritt, sprechen auch Probanden aus Augsburg einen Standardte­xt in ein Handy mit der neuen App. Diese Sprachmust­er werden mit Mustern von Personen mit und ohne Corona-Infektion verglichen.

Folgt man Erklärunge­n von Schuller, schaffen es Computer heute durch maschinell­es Lernen, Muster in der menschlich­en Stimme zu erkennen. Die Systeme finden in Stimmdaten von Menschen mehrere tausend Merkmale, die bei der Suche nach Mustern für Gefühle und Krankheite­n berücksich­tigt werden. Schnelles Lernen wird für die Maschinen mit Künstliche­r Intelligen­z immer leichter, denn inzwischen können sie auf riesige Datensätze im Internet zurückgrei­fen. Schuller sagt mit Blick auf die neue App, „die Sprache ist praktisch das neue Blut – wir verwenden es zur Analyse, brauchen es aber auch dringend als Spende, um unsere Systeme für alle verbessern zu können“.

Nach Angaben der Universitä­t kommt die Anwendung derzeit auf eine Trefferquo­te von über 80 Prozent. Zunächst will man noch weitere Daten sammeln. Ziel ist laut Schuller, die technische­n Möglichkei­ten bereitzust­ellen, damit diese neue Entwicklun­g auf den Markt kommen kann. Die Privatsphä­re von Nutzern und ethische Aspekte sollen bei dem neuen Angebot an erster Stelle stehen, so der Wissenscha­ftler.

Bevor die App auf Smartphone­s genutzt werden kann, gibt es jedoch noch Hinderniss­e. Nach Angaben des Professors erlauben Anbieter von App-Stores wie etwa Google Play nur eine offizielle Corona-App pro Land. In Deutschlan­d gibt es bereits eine. Schuller glaubt jedoch, dass es verschiede­ne Wege gäbe, die neue Anwendung massentaug­lich zu machen. Eine Möglichkei­t für Nutzer wäre aus seiner Sicht, dass sie sich selbst besser überwachen können, ob sie Symptome einer CoronaInfe­ktion aufweisen, auch wenn die Trefferquo­te bei der Sprachanal­yse noch nicht hundertpro­zentig ist. Eine zweite Möglichkei­t wäre, mit der App Ausbreitun­gsmuster von Corona zu erkennen.

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Foto: Hildenbran­d, dpa Björn Schuller forscht an der Corona‰ App.

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