Mindelheimer Zeitung

Trotz aller Vorsicht

Basketball Schon bisher sind Spiele ausgefalle­n. Jetzt beginnt für Ulm und die anderen Vereine die Bundesliga-Saison. Ein prominente­r Kritiker plädiert für eine Reduzierun­g des Programms

- VON PIT MEIER

Ulm Es wird auch intern diskutiert: Kann das alles auf Dauer halbwegs gut gehen und funktionie­ren? Seit Ende September wird in den europäisch­en Basketball-Wettbewerb­en gespielt, im zweitklass­igen Eurocup fielen in dieser Woche von zwölf angesetzte­n Spielen vier der Pandemie zum Opfer. Mit dem Pokal wollte man eigentlich schon durch sein. Hat wegen Corona nicht geklappt. Mehrere Vorrundens­piele wurden auf irgendwann verschoben, das Finalturni­er ebenfalls. Am Wochenende beginnt die neue Spielzeit in der Bundesliga, Ratiopharm Ulm spielt zum Auftakt am Samstag um 20.30 Uhr in Würzburg. Der nationale Wettbewerb ist in Deutschlan­d und beinahe überall in Europa das Brot-und-Butter-Geschäft der Basketball­er. Mit Bayreuth gegen Bonn, Gießen gegen Weißenfels und Crailsheim gegen Chemnitz sind bereits drei Partien des ersten Bundesliga-Spieltags abgesagt. Die sollte man auch irgendwann nachholen.

Jetzt hat sich ein Mann eindringli­ch zu Wort gemeldet, dessen Meinung Gewicht hat im europäisch­en Basketball. Ettore Messina hat als Trainer vier Mal die europäisch­e Königsklas­se gewonnen, er hat berühmte Vereinsman­nschaften wie Benetton Treviso, ZSKA Moskau und Real Madrid sowie die italienisc­he Nationalma­nnschaft betreut. Derzeit arbeitet der 61–jährige Grandsigne­ur bei Olimpia Mailand, auf der Homepage des Nobelklubs aus der Lombardei hat Messina einen offenen Brief an alle „Freunde des Basketball­s“veröffentl­icht. Die seiner Ansicht nach einzig logische Lösung: ein Aussetzen der europäisch­en Wettbewerb­e und Konzentrat­ion auf die nationalen Ligen in den nächsten vier Monaten. Messina spielt mit Mailand selbst in der kontinenta­len Königsklas­se. Der Italiener beklagt die gesundheit­lichen Risiken für Mannschaft­en und

Schiedsric­hter bei internatio­nalen Reisen und eine Art sportliche­s Glücksspie­l. Ergebnisse hängen nach Messinas Befürchtun­g auch davon ab, wen die Pandemie heftiger und wen sie weniger heftig erwischt.

Die Ausführung­en des Startraine­rs wurden natürlich auch bei Ratiopharm Ulm wahrgenomm­en. Thorsten Leibenath kann die Argumente des Italieners nachvollzi­ehen, aber er teilt sie nicht. Der Ulmer Sportdirek­tor plädiert für ganz viel Flexibilit­ät bei der (Neu-) Ansetzung von Partien und er sagt: „Es ist keine Situation, die wir als Klub oder Liga nicht meistern können.“Viel lieber würde er natürlich darüber reden, wie viel Spaß ihm bisher die Ulmer Mannschaft gemacht hat, die zwar beileibe nicht immer gewinnt, die aber so schön spielen und so bissig verteidige­n kann. Bloß sind solche Themen beinahe zur Nebensache geworden vor einer Bundesliga-Saison, die Corona weiter prägen wird.

Gespielt wird etwa bis mindestens Ende November in leeren Hallen, was sogar dem Bundesliga-Krösus Bayern München wirtschaft­lich zu schaffen macht. Geschäftsf­ührer Marko Pesic befürchtet: „Eine komplette Saison ohne Zuschauer wird auch der FC Bayern Basketball nicht durchstehe­n können, da wir hier finanziell bereits jetzt an Grenzen stoßen.“Weniger gut betuchte Vereine wie Ulm, die bisher einen großen Teil ihrer Einnahmen aus dem Verkauf von Karten und Verpflegun­g an den Spieltagen generiert haben, trifft es noch härter. Die Spieler kommen dagegen inzwischen mit der merkwürdig­en Atmosphäre bei Geisterspi­elen recht gut klar. Der Ulmer Kapitän Per Günther sagt: „Wir Sportler sind schnell darin, uns auf alle möglichen Umstände einzustell­en. Es würde sich wahrschein­lich inzwischen komisch anfühlen, in einer vollen Halle zu spielen.“

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Foto: Horst Hörger Hinter Masken wird intensiv diskutiert – hier zwischen dem Ulmer Sportdirek­tor Thorsten Leibenath und Assistenzt­rainer Tyron McCoy.

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