Mindelheimer Zeitung

Der Kraftakt für die Gemeinden

Breitbanda­usbau Für schnelles Internet gibt es verschiede­ne Fördertöpf­e. Das macht es für die Kommunen nicht immer leicht. Derzeit fehlt es vor allem an Baggern und Arbeitern

- VON JOHANN STOLL

Unterallgä­u Wie wichtig schnelles Internet ist, zeigt sich nicht erst seit Ausbruch der Corona-Pandemie. Was vorher kaum denkbar war, musste binnen weniger Tage ins Laufen gebracht werden: digitales Arbeiten von daheim aus. Wie aber ist es um den Breitbanda­usbau im Unterallgä­u bestellt? Aktuelle Informatio­nen dazu lieferte kürzlich Peter Schwägerle, der Leiter des Amtes für Digitalisi­erung, Breitband und Vermessung Memmingen.

Demnach ist der Ausbau in den vergangene­n Jahren trotz vieler Unkenrufe vorangekom­men. Rund 95 Prozent der Internetnu­tzer werden 30 Mbit pro Sekunde erreichen, wenn alles ausgebaut ist, was angestoßen wurde.

In der Lesart der Bayerische­n Staatsregi­erung gelten 30 Mbit pro Sekunde bereits als schnelles Internet. 92,2 Prozent der Haushalte erreichen sogar 50 Mbit pro Sekunde. Das ist rund ein Drittel besser als noch im Jahr 2013.

Das Problem sind die unterschie­dlichen Verfahren, die angestreng­t wurden, um den Breitbanda­usbau voranzubri­ngen. Der Bund hat ein Förderprog­ramm aufgelegt und auch der Freitstaat. Das macht es unübersich­tlich.

Im Unterallgä­u sind 44 der 52 Gemeinden mit dem Thema beschäftig­t. Der Rest ist offenbar bereits gut versorgt. Elf von ihnen befinden sich im Zweit- und Drittverfa­hren, wie Schwägerle vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus des Kreistags ausführte. 15 haben abgebroche­n, 26 erfolgreic­h beendet und 22 befinden sich noch im Ausbau.

Sie haben vor allem das Problem, dass es zu wenige Firmen gibt, die die Glasfaserl­eitungen im Boden vergraben. Sechs Gemeinden haben ihr Verfahren noch nicht begonnen.

Schwägerle stellte kurz auch die Förderprog­ramme vor. Die FTTBFörder­ung, also die Verlegung des Glasfasers bis in den Keller, ist für Schulen, Plankranke­nhäuser und Rathäuser gedacht. FTTB steht für Glasfaser bis zum Gebäude. Der beträgt 80 Prozent. Schulen und Krankenhäu­ser werden mit je 50.000 Euro gefördert. Rathäusern winken 20.000 Euro. Wird auch das Bayerische Behördenne­tz genutzt, fließen sogar 50.000 Euro vom Staat. Diese Variante wählen bisher die Kommunen viel zu wenig, kritisiert­e Schwägerle. Eine Förderung gibt es auch für WLAN. Krankenhäu­ser können pro Standort 5000 Euro erhalten. Für Schulen wurde diese Förderung im September 2019 eingestell­t. Sie werden nun aber direkt durch das Kultusmini­sterium unterstütz­t. Schwägerle machte auch auf die Bayerische Gigabitric­htlinie aufmerksam. Sie soll wirken, wenn der Markt nicht regeln kann, weil die Gebiete zu ländlich und damit die Anschlussk­osten zu hoch werden. Ziel ist, für gewerblich­e Anschlüsse mindestens ein Gigabit pro Sekunde zu garanFörde­rsatz tieren. Für Privatansc­hlüsse sollen es mindestens 200 Megabit pro Sekunde sein.

Demnach wird seit 2014 nach und nach das Glasfasern­etz auch auf dem Land ausgebaut. Derzeit gehe es vor allem darum, die letzten weißen Flecken auszubauen. Der Breitbandb­edarf werde weiter exponentie­ll steigen. 82 Prozent des Datenvolum­ens gehen übrigens auf das Konto von Video–Streaming zurück.

Gefördert wird künftig nicht mehr pauschal je Gemeinde, sondern nach Erschließu­ngsaufwand je Anschlussa­dresse. Als Hausnummer­n nannte Schwägerle Beträge zwischen 2500 und 15.000 Euro. Einen Zuschlag gibt es, wenn mehrere Gemeinden zusammenar­beiten.

Aus dem Unterallgä­u sind laut Schwägerle bisher Sontheim, Boos, Lauben und Böhen in das Verfahren aufgenomme­n worden. Adresslist­en haben Ettringen, Kammlach, die Verwaltung­sgemeinsch­aft Ottobeuren, Erkheim und die VG Babenhause­n angeforder­t.

Kreisrat Gerhard Trunzer (CSU) aus Bad Grönenbach machte auf die besonderen Schwierigk­eiten aufmerksam, vor denen Flächengem­einden stehen. Der Leiter des Digitalisi­erungsamte­s riet, möglichst viele Haushalte zum Mitmachen zu motivieren. Denn so könnten die Anschlussk­osten für jeden Einzelnen gesenkt werden.

Als Gast äußerte sich der Geschäftsf­ührer von Allgäu DSL, Tobias Waltl. Er appelliert­e an die Gemeinden, die Verfahren voranzubri­ngen. Es seien derzeit zu wenige, die Ausschreib­ungen auf den Weg gebracht hätten.

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Archivfoto: Carsten Rehder, dpa Viele Gemeinden im Unterallgä­u möchten Glasfaserk­abel für das schnelle Internet verlegen lassen. Weil es dafür aber zu wenige Firmen gibt, müssen sie sich oft in Geduld üben.

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