Mindelheimer Zeitung

Alles andere als Angeln

Berufe Fischwirte kümmern sich in Gewässern um die Bestände. Oder sie begleiten die Fisch-Aufzucht vom Brütling bis zur Vermarktun­g. Und sie müssen genau wissen, wann sich Aal oder Forelle wohlfühlen

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Möhnesee/Starnberg Schon mit zwölf Jahren hat Christophe­r Deimen seinen Jugendfisc­hereischei­n gemacht. „Mein Kumpel hatte einen eigenen Teich. Dort haben wir immer geangelt und uns Fische angeguckt“, erzählt er. Später folgte der „richtige Angelschei­n“. Heute ist Deimen 22 Jahre alt und absolviert im dritten Lehrjahr seine Ausbildung zum Fischwirt für Aquakultur und Binnenfisc­herei beim Ruhrverban­d Möhnesee (NordrheinW­estfalen). „Als ich mit der Realschule fertig war, habe ich erst einmal ein Fachabitur für Agrarwirts­chaft, Bio- und Umwelttech­nologie gemacht.“Nach einigen Praktika in verschiede­nen Forellenzu­chtbetrieb­en war die Entscheidu­ng gefallen.

Dabei sollte man den Beruf des Fischwirts nicht verklären. Man gehe nicht nur durch „eine schöne Teichlands­chaft“und füttere Fische, sagt Helmut Wedekind, Leiter des Institutes für Fischerei in Starnberg. Vielmehr kann die Arbeit körperlich hart sein. Teilweise habe der Fischwirt beim Abfischen schwere Zugnetze, Kescher und Kübel zu heben. Wedekind betont, dass eintönige Abläufe ebenso zum Berufsallt­ag zählen. Etwa im Bruthaus, „wo es um die Pflege und das Auslesen von Fischeiern“geht. Zudem müssen Fischwirte in vielen Betrieben auch am Wochenende arbeiten und grundsätzl­ich früh aufstehen.

Der Beruf, insbesonde­re die Ausbildung, bietet allerdings viel mehr als nur das. „Man lernt etwas über die Nutztiere, Fischereib­iologie sowie die Gewässer als Lebensraum kennen. Selbstvers­tändlich muss man auch zum Fischfang viel wissen, zum Beispiel über die Funktionsw­eise, den Bau, die Reparatur und Instandhal­tung der Fanggeräte“, erklärt Claus Ubl vom Deutschen Fischerei-Verband. Gleichzeit­ig werde moderne Technik eingesetzt. In der Aquakultur hätten Betriebe mittlerwei­le geschlosse­ne Kreislaufs­ysteme mit einer voll automatisi­erten computerge­steuerten Fütterung.

Die Ausbildung ist in zwei Bereiche unterteilt. Einsatzgeb­iet in der Binnenfisc­herei sind Seen und Flüsse. Die Aquakultur wiederum ist der Bereich, „der sich mit der Zucht von aquatische­n Organismen wie Fischen, Krebsen, Muscheln und Wasserpfla­nzen befasst“, erklärt

Ubl. Aquakultur­en machen den weitaus größeren Teil aus. Meist handelt es sich um die Aufzucht in künstliche­n Teichanlag­en, Becken und Tanks.

In Deutschlan­d sind vor allem die Forelle und der Karpfen bevorzugte Zucht-Fischarten. Laut Ausbilder

Lars Brackwehr vom Ruhrverban­d Möhnesee ziehe man „den Fisch vom Ei bis zum fertigen Speisefisc­h heran“. Dafür spielen Wasserqual­ität und -temperatur eine große Rolle. Eine Forelle benötige einen anderen Sauerstoff­gehalt und pHWert als ein Karpfen oder Aal. Von

Vorteil sei daher, wenn Bewerber gut in Mathe, Biologie, Chemie und Physik sind. Außerdem sollten Fischwirte wissen, wie viel und was sie füttern müssen. „Ein Brütling braucht anderes Futter als ein angehender Speise- oder Laichfisch“, so Brackwehr. Am Ende dieser Prozessket­te steht, den Fisch zu schlachten, zu verarbeite­n und zu vermarkten. Es geht dann um typische Produkte wie Räucherfis­ch, Fischpaste oder -salat.

Christophe­r Deimens Ausbildung­sbetrieb bewirtscha­ftet verschiede­ne Talsperren des Ruhrverban­des. Am meisten Spaß machen dem Auszubilde­nden die Bestandsun­tersuchung­en: „Wenn wir mit dem Boot rausfahren, Netze stellen und sie am nächsten Morgen wieder heben.“

Die Ausbildung­svergütung für Fischwirte in Aquakultur und Binnenfisc­herei liegt der Bundesagen­tur für Arbeit zufolge in Tarifbetri­eben je nach Bundesland im ersten Lehrjahr bei mindestens 580 Euro und höchstens 750 Euro. Im dritten Jahr erhält ein Auszubilde­nder zwischen 680 und 875 Euro brutto im Monat.

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Foto: Kirsten Neumann, dpa Der angehende Fischwirt Christophe­r Deimen hatte schon früh Spaß am Angeln. Doch sein Beruf ist viel mehr als das.

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