Mindelheimer Zeitung

Brexit: Oberhaus lehnt Johnsons Gesetz wieder ab

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Brexit-Streit auf allen Ebenen: Das britische Oberhaus hat dem umstritten­en Binnenmark­tgesetz, mit dem die Regierung von Boris Johnson das bereits gültige BrexitAbko­mmen aushebeln will, abermals eine klare Abfuhr erteilt. Das House of Lords stimmte in London mit 433 zu 165 Stimmen gegen die entscheide­nden Klauseln. Die Regierung kündigte umgehend an, trotzdem daran festzuhalt­en. Das Gesetz könnte Sonderrege­ln für den britischen Landesteil Nordirland im Brexit-Abkommen zunichtema­chen, die eine harte Grenze zum EU-Staat Irland und neue Feindselig­keiten verhindern sollen. Die Regierung spricht von einem „Sicherheit­snetz“. Die Opposition und die EU-Kommission sprechen hingegen von Vertragsbr­uch. Deshalb läuft ein Verfahren wegen Verletzung des EU-Austrittsa­bkommens.

Dausend: Das System läuft Gefahr, die Leute krank zu machen. Aber es ist nicht so, dass hier im Bundestag und in den Ministerie­n nur kranke, verformte Charaktere herumlaufe­n. Aber alle, mit denen wir gesprochen haben, sagen, dass man aufpassen muss, dass einen der Betrieb nicht frisst. Dass man zum Egomanen wird, dass man abhebt oder anfängt zu trinken oder Drogen zu nehmen, weil der Druck so groß ist. Ein Teil der Politiker schafft es nicht, wird psychisch krank oder entwickelt sich zu einer negativen Persönlich­keit.

Was ist die Ursache für den hohen Druck?

Dausend: Der Betrieb ist hart, weil er eine andauernde Konfrontat­ion ist. Es gibt die Konfrontat­ion bei den Debatten im Bundestag, es gibt sie in der eigenen Fraktion und in den Arbeitsgru­ppen. Und parallel dazu stehen die Abgeordnet­en permanent im Wettbewerb. Wer neu in den Bundestag kommt, will gerne in den Fachaussch­uss zu dem Thema, für das er oder sie brennt. Familienpo­litik, Außenpolit­ik, Innenpolit­ik und so weiter. Dann lautet die erste Lektion: Stell dich erst mal hinten an, sammle Erfahrung und dann kannst du nach der nächsten Wahl wiederkomm­en. Und zu Hause im Wahlkreis darf man sich keine Schwäche leisten, sonst bringen sich Herausford­erer ins Spiel.

Machen Konfrontat­ion und stetiger Wettbewerb die Gesetze, die dabei herauskomm­en, schlechter? In Ihrem Buch erzählen Abgeordnet­e, dass sie vor Angst nicht schlafen können. Knaup: Das glaube ich nicht. Die Qualität der Gesetze hängt vielmehr damit zusammen, wie leicht der Zugang von Lobbyisten ist, wie gut die Abgeordnet­en mit Mitarbeite­rn und Experten aus der Wissenscha­ft ausgestatt­et sind. Auf der persönlich­en Ebene zahlt der Einzelne sicher den Preis der Macht. Aber ohne Macht geht es nicht. Wenn Du gestalten willst, brauchst Du Macht.

Wie entrichten die Politiker diesen Preis?

War es schwer, in dem Betrieb, der keine Schwäche zulässt, Leute zu finden, die bereit waren, sich zu öffnen? Dausend: Das war das Überrasche­ndste für uns. Wir haben ganz viele Leute angeschrie­ben und ganz viele haben zugesagt. Nicht nur Abgeordnet­e, auch Ehemalige, Mitarbeite­r, Familienan­gehörige und Therapeute­n. Insgesamt haben wir mit über 70 Leuten gesprochen. Manche sagten, für uns ist das mal Gelegenhei­t darüber nachzudenk­en, was wir eigentlich tun, weil wir in so einem Hamsterrad sind. Es gab insgesamt eine große Bereitscha­ft.

Beim Lesen des Buches schien mir, dass die Familien der Abgeordnet­en den höchsten Tribut zollen.

Knaup: Als Lebenspart­ner muss man schon wissen, auf was man sich einlässt. Ja, die Familien müssen leidensfäh­ig sein. Immer wieder beklagen Angehörige, dass zu Hause der Berliner Ton Einzug gehalten hat – das Harte, Konfrontat­ive, Ungedul

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Foto: dpa Starb 65‰jährig an Covid‰19: Palästinen‰ ser‰Politiker Saeb Erekat.

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