Seine Zivilcourage bezahlt er mit dem Leben
Mordsgeschichten Ein Brauer will 1973 einen Betrunkenen daran hindern, an eine Hauswand in der Mindelheimer Maximilianstraße zu urinieren. Dramatische Minuten in der Nacht
Mindelheim Es ist eine laue Sommernacht im August 1973 in der Maximilianstraße. Es ist Ruhe eingekehrt in der Stadt. Einige Spaziergänger schlendern durch die Straße. Auch der ehemalige Brauer Karl H. vertritt sich die Füße. Vor einem Geschäftshaus kommt es zur tödlichen Begegnung.
Karl H. nähert sich dem Wildpiesler und spricht ihn an. Doch der reagiert offenbar nicht. Also ruft Karl H. der Geschäftsinhaberin im ersten Stock zu, dass sie ans Fenster kommen soll. Sie geht ans Telefon und wählt die Nummer der Stadtpolizei. Der Wildpiesler zieht sich die Hosen hoch und will flüchten. Doch Karl H. hält ihn fest. Es kommt zu einer Rangelei. Der Fremde zieht sein Messer aus der Hosentasche und rammt es Karl H. zweimal in den Bauch. Dann torkelt er zur Frundsbergstraße.
Die Ladenbesitzerin und ein weiterer Passant in der Maximilianstraße beobachten, wie der verletzte Karl H. bis zur Apotheke wankt. Dort spricht ihn ein anderer Spaziergänger an. Doch Karl H. antwortet nicht. Der Spaziergänger erinnert sich später: Wie automatisch sei er wieder zurück zu der Stelle gegangen, wo ihm der betrunkene Spüler die beiden Messerstiche zugefügt hat. Mittlerweile ist die Polizei eingetroffen. Karl H. flüstert ihm mit letzter Kraft zu, dass er mit einem Messer verletzt worden sei. Dann bricht er zusammen. Eine halbe Stunde später stirbt er im Kreiskrankenhaus Mindelheim. Die Obduktion ergibt, dass der 59-Jährige eine Leberverletzung erlitten hat. Einer der beiden Stiche war tödlich gewesen. Die Polizei fasst den Mörder Minuten später in der Steinstraße. In seiner Hand hält er das blutverschmierte Taschenmesser.
Der Messerstecher, ein 52-jähriger Spüler und Küchenhelfer aus Wörishofen, erinnert sich nach dem tödlichen Vorfall an nichts mehr. Sein erster Kommentar: „Ich weiß von nichts.“Nachdem er in einer Ausnüchterungszelle seinen Vollrausch ausgeschlafen hat, sagt er: „Ich war völlig betrunken.“Er sei an seinem freien Tag mit dem Zug von Wörishofen nach Mindelheim gefahren. Zunächst habe er drei Flaschen Bier getrunken und dann in einem Kaufhaus sechs Flaschen Perlwein gekauft. Mit dem Alkohol habe er es sich in die Grünanlage beim Landwirtschaftsamt gemütlich gemacht. Dort traf er einen Bekannten, der auch gerne dem Alkohol zusprach. Nachdem der 52-Jährige die Flaschen geleert hatte, schickte er den Bekannten weg. Anschließend besorgte er sich drei weitere Flaschen, die er dann alleine leerte. Ab diesem Zeitpunkt hatte er einen Filmriss. Er sei so betrunken gewesen, dass ihm jede Erinnerung fehle, beteuerte er gegenüber der Polizei. Eine Untersuchung ergab, dass Max C. zur Tatzeit einen Blutalkoholwert von 2,5 Promille hatte.