Mindelheimer Zeitung

Das plant Spahn bei der Pflege

Soziales Eigenantei­le deckeln, Beschäftig­te besser bezahlen: Die Eckdaten der Reform stehen

- VON RUDI WAIS

Augsburg Vor wenigen Wochen erst hat Gesundheit­sminister Jens Spahn die Pflege zur sozialen Frage dieses Jahrzehnts erklärt – jetzt will er mit einer rund sechs Milliarden Euro teuren Reform Fakten schaffen. „Fast 25 Jahre nach Einführung der Pflegevers­icherung in Deutschlan­d ist es an der Zeit, die grundlegen­den Strukturen zu überdenken und zukunftsfe­st zu machen“, heißt es im Konzept des CDU-Politikers. Nach allem, was bisher durchgesic­kert ist, plant er unter anderem:

● Eigenantei­le begrenzen Mehr als 700 Euro im Monat sollen Pflegebedü­rftige oder deren Angehörige nicht mehr für die stationäre Pflege bezahlen müssen – und das auch nur maximal drei Jahre lang, dann würde der Staat die 700 Euro übernehmen. Im Schnitt lag dieser Eigenantei­l zuletzt bei 786 Euro. Dazu kommen allerdings noch weitere Kosten für Unterkunft, Verpflegun­g und Investitio­nen in Ausstattun­g und Gebäude. Je nach Heim können sich die Eigenbeitr­äge für einen Pflegeplat­z so auf deutlich über 2000 Euro im Monat addieren. Auch deshalb sollen die Länder nach Spahns Willen für jeden vollstatio­när Pflegebedü­rftigen monatlich noch 100 Euro als eine Art Investitio­nszuschuss beisteuern. Im Gegenzug, argumentie­rt der Minister, würden sie bei der Sozialhilf­e ja um rund eine Milliarde Euro jährlich entlastet.

● Beiträge erhöhen Bisher zahlen Kinderlose in die Pflegekass­e einen um 0,25 Prozentpun­kte höheren Beitrag ein. Diesen Aufschlag will Spahn um 0,1 Prozentpun­kte anheben. Das diene der „Demografie– festigkeit“der Pflegevers­icherung.

● Tariftreue einfordern Pflegeheim­e und ambulante Dienste sollen in Zukunft nur noch dann eine Zulassung erhalten, wenn sie ihren Beschäftig­ten auch Tariflöhne zahlen. Mit Billiglöhn­en für Pflegekräf­te wäre damit endgültig Schluss. Über ein Sonderprog­ramm will Spahn darüber hinaus noch bis zu 20 000 Stellen für Pflegehelf­er finanziere­n.

● Leistungen anpassen Leistungen wie das Pflegegeld, die Zuschüsse für die ambulante Pflege oder die Tagespfleg­e sollen zum 1. Juli kommenden Jahres um fünf Prozent angehoben werden. Vom Jahr 2023 an sollen sie dann regelmäßig an die Inflations­rate angepasst werden. Ansprüche von Kurzzeit- und Verhinderu­ngspflege sollen in einem Jahresbetr­ag von 3300 Euro gebündelt werden. Die Pauschale für Hilfsmitte­l bei der Pflege soll von 40 auf 60 Euro monatlich steigen.

● Zuschüsse anheben Um die Pflegevers­icherung

für die nächsten Jahre wetterfest zu machen, will Spahn ihr einen festen Zuschuss aus den Steuereinn­ahmen des Bundes überweisen. Wie hoch er sein soll, ist noch nicht bekannt. Er dürfte in jedem Fall in die Milliarden gehen. ● Vorsorge stärken Die staatliche Zulage für die private Pflegevors­orge, etwa durch den Abschluss einer speziellen Versicheru­ng, will der Gesundheit­sminister von fünf auf bis zu 15 Euro im Monat anheben.

Mit dem Koalitions­partner SPD hat Spahn seine Pläne noch nicht abgestimmt. Ihr Generalsek­retär Lars Klingbeil bemängelt, der Vorschlag enthalte einen typischen konservati­ven Rechenfehl­er, da er nicht berücksich­tige, „dass diejenigen, die hohe Einkommen und hohe Vermögen haben, mehr leisten können“. Die SPD pocht auf eine stärkere Berücksich­tigung des Einkommens bei den Pflegekost­en. Der Minister dagegen hatte schon im Oktober beteuert: „Notwendige Pflege bekommt jeder, unabhängig vom sozialen Status. Das Verspreche­n gilt.“

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Foto: dpa Die Leistungen in der Pflege sollen bes‰ ser werden, aber auch die Beträge wer‰ den steigen.

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