Mindelheimer Zeitung

Der Corona‰Test für die Couch

Pandemie Daheim herausfind­en, ob man Covid 19 hatte: Das geht, behauptet die Drogerieke­tte dm, die seit kurzem einen Antikörper­test vertreibt. Wie der funktionie­rt? Ein Selbstvers­uch

- VON FABIAN KLUGE (mit cup)

Augsburg Meine letzten Erfahrunge­n als Arzt habe ich im Kindergart­enalter gesammelt. Mit einer übergroßen

Der Corona-Test für die Couch sozusagen. Der Händler wirbt damit, dass der Test einfach anzuwenden sei und bereits nach kurzer Zeit ein Testergebn­is vorliege. „Der Test basiert auf einer verlässlic­hen Analyse in einem spezialisi­erten Fachlabor“, sagt dm-Geschäftsf­ührer Sebastian Bayer. „Er hat deswegen eine sehr hohe Genauigkei­t.“

59,95 Euro kostet der Antikörper­test im Onlineshop des Drogeriema­rkts, Lieferzeit angeblich zwei bis drei Werktage. Für Verzögerun­gen entschuldi­gt sich das Unternehme­n gleich im Voraus. Aufgrund der hohen Corona-Zahlen könne die Lieferung etwas länger dauern. Das tut sie letztlich auch: Fünf Werktage nach der Bestellung liegt der Antikörper­test im Briefkaste­n.

Das Testkit beinhaltet zwei Röhrchen, zwei Lanzetten zum Piksen, ein Desinfekti­onstuch, einen Tupfer und sogar ein Pflaster. Dazu gibt es eine mehrseitig­e Anleitung, die Kunden bei den 19 Schritten unterstütz­t. Zunächst halte ich meine Hand unter warmes Wasser und kreise meinen Arm. Sieht zwar komisch aus, hilft aber dabei, die Blutzirkul­ation anzuregen. Dann kommt der entscheide­nde Moment. Die Wahl meines Schicksals­fingers habe ich längst getroffen: Der linke Ringfinger soll es sein. Ein wenig Kraft ist nötig, um die Lanzette so stark auf den Finger zu drücken, dass sie auslöst. Doch es klappt, gleich beim ersten Mal.

Kurz nach dem Pikser sammelt sich ein Blutstropf­en. Vier bis fünf solcher Tropfen massiere ich aus dem Finger, bis die nötige Menge im Röhrchen gelandet ist. Das Pflaster ist übrigens neutral gehalten – vor rund 20 Jahren, als ich meine Eltern verarztete, waren da noch Dinosaurie­r drauf. Meine Blutprobe bringe ich im mitgeschic­kten Rückumschl­ag zur Post. Ein Ergebnis soll innerhalb von zwei Tagen kommen. Zuvor muss ich den Test aber über die Homepage von Cerascreen oder via App aktivieren.

Doch welche Aussagekra­ft hat dieses Ergebnis? Was bei der Redurchfüh­ren. cherche auffällt: Viele Ärzte halten sich zurück und verweisen darauf, keine belastbare­n Daten zu haben. Das bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it möchte sich zu konkreten Hersteller­n und Produkten aus Neutralitä­tsgründen nicht äußern. Grundsätzl­ich gelte: „Es ist bekannt, dass nicht in jedem Fall einer Sars-CoV2-Infektion Antikörper gebildet werden, beziehungs­weise dass Antikörper auch rasch wieder abfallen können“, sagt Sprecher Alexander Szumilas. Das heißt: Manche Infektione­n lassen sich durch einen Antikörper­test nicht nachweisen.

„Auch nach einem Test bleibt die Unsicherhe­it“, sagt Peter Grieble, Abteilungs­leiter Gesundheit bei der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Ihn stört, dass die Tests nicht mehr nur medizinisc­hes Fachperson­al vertreibt, sondern auch Drogeriemä­rkte. Das sei problemati­sch. Denn: Medizinisc­he Laien könnten nie sicher sein, den Test korrekt durchgefüh­rt zu haben.

Mein laienhafte­s medizinisc­hes Können genügte, sodass das Labor die Blutprobe auswerten konnte. Statt der versproche­nen zwei Werktage hat es vier gedauert. Jetzt steht in der App: „Es konnten keine Antikörper in Ihrer Probe nachgewies­en werden.“Ich hatte noch kein Corona. Wahrschein­lich. Eine Garantie gibt es nicht.

Fabian Kluge wollte es wissen: Hatte er schon Corona?

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Foto: Maria Weinkam

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