Erst Azubi, dann sein eigener Chef Mediengestalter David Knöbl hat einen Raketenstart hingelegt: Er gründete nach der Ausbildung ein IT-Startup. Was er und Kompagnon Neele de Vries leisten und was sie Schülern raten
Allgäu Jugendliche haben derzeit beste Chancen, um eine Ausbildung im Handwerk oder in Berufen der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu beginnen: Das betonen Schwabens Handwerkspräsident Hans-Peter Rauch und IHK-Regionalgeschäftsführer Markus Anselment. Die wichtige Botschaft beider Kammern: Der Ausbildungsbeginn werde sehr flexibel gehandhabt. „Jeder kann jederzeit einsteigen“, sagt Anselment. Auch Rauch sieht in einem Ausbildungsstart bis Jahresende „keinerlei Probleme“.
Corona habe auch im Allgäu für ein Minus bei den Ausbildungszahlen gesorgt, erläutert Anselment. Die IHK verzeichne nun aber einen starken „Aufholeffekt“. Anselment schätzt, dass am Jahresende knapp zehn Prozent weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen sein werden als im Vorjahreszeitraum, wo 4500 neue Azubis starteten. Im Handwerk betrage das Minus nur etwa zwei Prozent, sagt Rauch. Bis Ende September habe die HWK im Allgäu 1100 neue Lehrlinge gezählt.
„Die Firmen stehen zu ihrer Verantwortung und nehmen die Ausbildung trotz der schwierigen Situation ernst“, sagen Rauch und Anselment unisono. Auch die Übernahmequote sei im Sommer nicht signifikant niedriger ausgefallen als im Vorjahr. Beide hoffen nun, dass die ab Februar geplanten Exkursionen im Rahmen der Berufsoffensive in vollem Umfang stattfinden können.
Kempten Erst Azubi, dann Geselle – und vielleicht nach vielen Jahren den Meisterbrief oder das Hochschuldiplom obendrauf. So stellen sich viele die Karriere im Handwerk oder einem Beruf der Industrie- und Handelskammer vor. Das Beispiel von David Knöbl aus Aitrang (Ostallgäu) zeigt, dass man nach einer Berufsausbildung mit Kreativität und Selbstvertrauen einen Raketenstart hinlegen kann. Der 22-Jährige ist zusammen mit Neele de Vries (23) sein eigener Chef. Das Duo kennt sich seit der Schulzeit – und hat die gemeinsame Begeisterung für Computertechnologie 2019 zum Beruf gemacht. Die Picture Framing GmbH (künftig Dynamic Video) hat eine spezielle Softwareplattform für Videos entwickelt. Sie hat sechs Teilzeitmitarbeiter (vor allem ITEntwickler). Sitz ist im Digitalen Gründerzentrum in Kempten.
„Wir hatten nie den Plan, ein Start-Up zu gründen“, verrät Neele de Vries. Die Selbstständigkeit habe sich eher „nebenbei“entwickelt. Schon in der Schulzeit drehten beide gerne Videoclips. Irgendwann entdeckten sie jene Marktlücke, die sie seit 2019 als Geschäftsmodell nutzen: Ihre App „mozaik“erlaubt es jedermann, ohne fremde Hilfe personalisierte Videos zu gestalten – etwa mit eingeblendeten Namen oder Logos. „Das Ganze professionell, günstig und mit wenig Zeitaufwand“, sagt David Knöbl.
Bevor der 22-Jährige Ostallgäuer den Sprung in die Selbstständigkeit wagte, absolvierte er eine Ausbildung zum Mediengestalter Bild und Ton bei einem großen Privatsender.
Neele de Vries studierte an der Hochschule Kempten Wirtschaftswissenschaften und jobbte nebenbei als Kellner. Mit gut 20 Euro Startkapital riefen beide ihr erstes Unternehmen ins Leben, eine GbR. Sie wurde 2019 zur GmbH, was 25 000 Euro kostete. Das Geld hatten sich beide vorab zusammengespart.
Jeweils etwa 60 Stunden arbeitet das Duo derzeit pro Woche. Bislang ging es für Picture Framing steil nach oben. Zu den Kunden der kleinen IT-Schmiede zählen neben vielen Privatleuten auch Sparkassen, Steuerberater, Pflegeeinrichtungen oder der Fernsehsender Pro7/SAT1. Auch Schulen nutzen „mozaik“in Seminaren oder für Bewerbervideos. Wobei sich die App gerade in Corona-Zeiten ideal für den Digital-Unterricht eigne, finden die Jungunternehmer: „Auch kurze Erklärstücke, etwa für den Matheunterricht, lassen sich so in wenigen Minuten produzieren.“
Und was sind in den Augen des Duos die Hauptzutaten für den beruflichen Erfolg? „Man muss überzeugt sein von dem, was man tut. Wenn man für etwas Leidenschaft mitbringt, kommt auch etwas Gutes heraus“, sagen beide. „Und natürlich darf bei allem der Spaß nicht fehlen“, ergänzt David. Das bedeute aber auch, dass Eltern Zutrauen in die Fähigkeiten ihrer Kinder haben müssten. Generell sei es für Jugendliche wichtig, in irgendeinem Bereich aktiv zu sein – das sei besser, als stundenlang am Handy zu hängen. „Da ist es egal, ob man was mit Holz macht oder am kaputten Toaster rumtüftelt.“Wobei die beiden schließlich zum Thema Ausbildung kommen: Die sei eine gute Basis, egal was man später vorhabe.
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