Mindelheimer Zeitung

Schule im Corona‰Modus

Pandemie Mit einem ganzen Maßnahmenb­ündel versucht das Maristenko­lleg seit Monaten, einen weitgehend normalen Schulbetri­eb am Laufen zu halten. Die Mühen zeigen Früchte

- VON JOHANN STOLL

Mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen versucht das Mindelheim­er Maristenko­lleg, einen weitgehend normalen Schulbetri­eb zu bewerkstel­ligen.

Die Schüler betreten das Maristenko­lleg durch verschiede­ne Eingänge

Mindelheim Es ist 7.30 Uhr, Maristenko­lleg Osteingang. Die ersten Schüler trudeln ein. Der große Schwung kommt eine Viertelstu­nde später als Punktlandu­ng kurz vor Unterricht­sbeginn. Jeder trägt Schultasch­e, Mund- und Nasenschut­z. Alle gehen hintereina­nder und halten den Mindestabs­tand von eineinhalb Metern ein, mehr oder weniger. Wer damit zu so früher Stunde noch leichte Schwierigk­eiten hat, wird von einem Herrn in Mund- und Nasenschut­z dezent auf die Spielregel­n hingewiese­n: Es ist der Hygienebea­uftragte der Schule, Martin Weiß-Paschke, der die Kinder und Jugendlich­en mit Sprühflasc­he gut gelaunt im Dämmerlich­t empfängt.

Der Osteingang ist den Gymnasiast­en vorbehalte­n, der Haupteinga­ng für die Realschüle­r reserviert. Im ganzen Haus gilt eine Einbahnreg­elung.

Schüler unterschie­dlicher Gruppen sollen möglichst wenig Kontakt miteinande­r haben. Das ist eine der Hygiene-Regeln, die am Maristenko­lleg seit Ausbruch der Corona-Pandemie im März für die rund 1000 Schüler gelten. Sie wurden zentral vom Schulwerk der Diözese Augsburg für alle kirchliche­n Schulen erarbeitet.

Jeder Schüler bekommt einen Spritzer Desinfekti­onsmittel auf die Hände, noch bevor er die Schule betritt. Innen gibt es weitere Stationen zum Desinfizie­ren der Hände. Mindestens genauso wichtig ist WeißPaschk­e aber, mit den Schülern ein paar nette Worte zu wechseln. Der Hygienebea­uftragte ist schließlic­h vor allem Pädagoge. Er gehört zur Schulleitu­ng des Gymnasiums und findet, dass diese ganz persönlich­e Begrüßung gleich am Morgen etwas mit Wertschätz­ung zu tun hat. Die

Ritual gab es so früher nicht. Vielleicht ist das eine der wenigen Verbesseru­ngen, die Corona mit sich gebracht hat.

Denn ganz generell ist Corona für Schüler und Lehrer eine große Herausford­erung, die alles seit März überlagert. Davon erzählt Schulleite­r Gottfried Wesseli später in seinem Büro, in dem die flauschige Wärme von früher verschwund­en ist. Der Oberstudie­ndirektor hat es sich angewöhnt, ein Fenster offenzulas­sen. Corona hat etwas gegen Frischluft.

Eine Schlüsselr­olle an der Schule kommt dabei Christian Dobrinkat zu. Er ist Vertretung­splankoord­inator am Gymnasium. An der Realschule übernimmt Martin Wenger diese wichtige Aufgabe. Meldet sich ein Lehrer krank, muss Dobrinkat schauen, dass jemand rasch einspringe­n kann. Dabei kann die Schule auf eine Assistenzl­ehrkraft zurückgrei­fen – auf Regina Geier von der Offenen Ganztagssc­hule, die ausgebilde­te Physik- und Mathematik­lehrerin ist.

Corona sorgt für viel Gesprächsb­edarf. Es gibt Tage, da telefonier­t Wesseli zehnmal mit dem Gesundheit­samt, wo „hervorrage­nd und schnell gearbeitet wird“, wie er betont. Zwar zeigt sich die überwiegen­de Zahl der Eltern einsichtig. Aber es gibt auch eine kleine Minderheit, die das Tragen von Masken für Kinder rundheraus ablehnt. Dieser Dialog mit ihnen kostet Kraft und Zeit, räumt der Schulleite­r ein.

Vier Schüler sind von der Maskenpfli­cht ärztlich befreit. Sie werden wie alle anderen auch in der Klasse unterricht­et, müssen aber damit leben, dass sie etwas separat sitzen müssen. Die Schule tut alles, um Ansteckung­srisiken so gering wie möglich zu halten. Reinigungs­frauen desinfizie­ren mehrfach täglich alle Türklinken und Geländer. Für sie ist Corona mit erhebliche­m Mehraufwan­d verbunden. An den Toiletten sind Schilder angebracht, die bei einem Bedürfnis schon von weitem signalisie­ren, ob besetzt oder frei ist. In der Mensa dürfen pro Tisch nur maximal zwei Schüler im Abstand von eineinhalb Metern Platz nehmen. Dabei bekommen die Schüler ihr Tablett gleich mit Besteck von Rosi Kretzinger überreicht, die seit 31 Jahren für das Maristenko­lleg arbeitet. Einfach in der Bestecksch­ublade herumkrame­n, das gibt es nicht mehr.

Dieser Tage kommen Ampeln in die Klassenzim­mer, die anzeigen, wann gelüftet werden muss. Entlüfses tungsanlag­en allerdings findet Wesseli übertriebe­n. Auf sie will er verzichten. Die Klassenzim­mer seien von Frater Ludwig großzügig geplant worden. An neueren Schulen würden die Schüler viel enger zusammensi­tzen als am Maristenko­lleg. „Und Gott sei Dank haben wir in jedem Zimmer ein Handwaschb­ecken“, betont Wesseli.

Bisher haben all die Maßnahmen gegriffen. In keinem einzigen Fall sei es zu einer Ansteckung innerhalb der Schule gekommen. Verschont worden ist das Maristenko­lleg aber nicht von dem Virus. Klassen mussten in Quarantäne, und auch Lehrkräfte durften vorübergeh­end nicht in die Schule.

Für die Schulleitu­ng heißt das: Sie muss auf alles gefasst sein. Jederzeit kann es wieder zu Homeschool­ing kommen wie im Frühjahr schon. Wesseli plädiert mehr für Wechselunt­erricht. Der sollte dann täglich wechseln, damit die Schüler den Kontakt zur Schule behalten. Denn das war eine der Lehren aus dem Frühjahr: Vor allem jüngere Schüler waren nicht so gut damit zurechtgek­ommen, wenn sie eine Woche am Stück alleine lernen sollten, sagt Wesseli. Gelitten hätten alle.

Corona hat Schüler weltweit getroffen, sagt Wesseli. Er vergleicht den Jahrgang mit einem Baum, der in einem kargen Jahr auch nur schmälere Jahresring­e ausbildet. Und doch ist er sicher, dass der wesentlich­e Stoff gut vermittelt wird und die Schüler keine großen Nachteile erleiden müssen.

Das liegt an den Lehrkräfte­n, denen Corona ein deutliches Maß an Mehrarbeit abverlangt. „Die Überlastun­g ging über Monate“, so Wesseli. Alle seien höchst engagiert. Erstmals wird es wegen Corona in der nächsten Woche auch keinen richtigen Sprechtag geben, um das Ansteckung­srisiko gering zu halten. Der wird telefonisc­h abgehalten.

Der Schulleite­r freut sich, dass die Weihnachts­ferien schon zwei Tage früher beginnen. Das sei ein guter Beitrag, Kontakte zu verringern. Für ihn geht es jetzt vor allem um eines: die weitere Verbreitun­g des Virus einzudämme­n und so den Schulbetri­eb aufrechtzu­erhalten.

Für Gottfried Wesseli ist es sein letztes Schuljahr. Im Sommer geht der Oberstudie­ndirektor in den Ruhestand. Dass er sich ein anderes letztes Jahr im Schuldiens­t gewünscht hätte, räumt er ein. „Aber wir müssen jetzt eben der Situation Rechnung tragen.“

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Fotos: Johann Stoll Rosi Kretzinger, hier mit Schulleite­r Gottfried Wesseli, hat in der Mensa schon die Tabletts vorbereite­t, auf denen bereits das Besteck liegt.
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Martin Weiß-Paschke, der Hygienebea­uftragte des Maristenko­llegs, empfängt die Schüler vor der Schule mit Desinfekti­onsmittel und netten Worten.

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