Schule im CoronaModus
Pandemie Mit einem ganzen Maßnahmenbündel versucht das Maristenkolleg seit Monaten, einen weitgehend normalen Schulbetrieb am Laufen zu halten. Die Mühen zeigen Früchte
Mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen versucht das Mindelheimer Maristenkolleg, einen weitgehend normalen Schulbetrieb zu bewerkstelligen.
Die Schüler betreten das Maristenkolleg durch verschiedene Eingänge
Mindelheim Es ist 7.30 Uhr, Maristenkolleg Osteingang. Die ersten Schüler trudeln ein. Der große Schwung kommt eine Viertelstunde später als Punktlandung kurz vor Unterrichtsbeginn. Jeder trägt Schultasche, Mund- und Nasenschutz. Alle gehen hintereinander und halten den Mindestabstand von eineinhalb Metern ein, mehr oder weniger. Wer damit zu so früher Stunde noch leichte Schwierigkeiten hat, wird von einem Herrn in Mund- und Nasenschutz dezent auf die Spielregeln hingewiesen: Es ist der Hygienebeauftragte der Schule, Martin Weiß-Paschke, der die Kinder und Jugendlichen mit Sprühflasche gut gelaunt im Dämmerlicht empfängt.
Der Osteingang ist den Gymnasiasten vorbehalten, der Haupteingang für die Realschüler reserviert. Im ganzen Haus gilt eine Einbahnregelung.
Schüler unterschiedlicher Gruppen sollen möglichst wenig Kontakt miteinander haben. Das ist eine der Hygiene-Regeln, die am Maristenkolleg seit Ausbruch der Corona-Pandemie im März für die rund 1000 Schüler gelten. Sie wurden zentral vom Schulwerk der Diözese Augsburg für alle kirchlichen Schulen erarbeitet.
Jeder Schüler bekommt einen Spritzer Desinfektionsmittel auf die Hände, noch bevor er die Schule betritt. Innen gibt es weitere Stationen zum Desinfizieren der Hände. Mindestens genauso wichtig ist WeißPaschke aber, mit den Schülern ein paar nette Worte zu wechseln. Der Hygienebeauftragte ist schließlich vor allem Pädagoge. Er gehört zur Schulleitung des Gymnasiums und findet, dass diese ganz persönliche Begrüßung gleich am Morgen etwas mit Wertschätzung zu tun hat. Die
Ritual gab es so früher nicht. Vielleicht ist das eine der wenigen Verbesserungen, die Corona mit sich gebracht hat.
Denn ganz generell ist Corona für Schüler und Lehrer eine große Herausforderung, die alles seit März überlagert. Davon erzählt Schulleiter Gottfried Wesseli später in seinem Büro, in dem die flauschige Wärme von früher verschwunden ist. Der Oberstudiendirektor hat es sich angewöhnt, ein Fenster offenzulassen. Corona hat etwas gegen Frischluft.
Eine Schlüsselrolle an der Schule kommt dabei Christian Dobrinkat zu. Er ist Vertretungsplankoordinator am Gymnasium. An der Realschule übernimmt Martin Wenger diese wichtige Aufgabe. Meldet sich ein Lehrer krank, muss Dobrinkat schauen, dass jemand rasch einspringen kann. Dabei kann die Schule auf eine Assistenzlehrkraft zurückgreifen – auf Regina Geier von der Offenen Ganztagsschule, die ausgebildete Physik- und Mathematiklehrerin ist.
Corona sorgt für viel Gesprächsbedarf. Es gibt Tage, da telefoniert Wesseli zehnmal mit dem Gesundheitsamt, wo „hervorragend und schnell gearbeitet wird“, wie er betont. Zwar zeigt sich die überwiegende Zahl der Eltern einsichtig. Aber es gibt auch eine kleine Minderheit, die das Tragen von Masken für Kinder rundheraus ablehnt. Dieser Dialog mit ihnen kostet Kraft und Zeit, räumt der Schulleiter ein.
Vier Schüler sind von der Maskenpflicht ärztlich befreit. Sie werden wie alle anderen auch in der Klasse unterrichtet, müssen aber damit leben, dass sie etwas separat sitzen müssen. Die Schule tut alles, um Ansteckungsrisiken so gering wie möglich zu halten. Reinigungsfrauen desinfizieren mehrfach täglich alle Türklinken und Geländer. Für sie ist Corona mit erheblichem Mehraufwand verbunden. An den Toiletten sind Schilder angebracht, die bei einem Bedürfnis schon von weitem signalisieren, ob besetzt oder frei ist. In der Mensa dürfen pro Tisch nur maximal zwei Schüler im Abstand von eineinhalb Metern Platz nehmen. Dabei bekommen die Schüler ihr Tablett gleich mit Besteck von Rosi Kretzinger überreicht, die seit 31 Jahren für das Maristenkolleg arbeitet. Einfach in der Besteckschublade herumkramen, das gibt es nicht mehr.
Dieser Tage kommen Ampeln in die Klassenzimmer, die anzeigen, wann gelüftet werden muss. Entlüfses tungsanlagen allerdings findet Wesseli übertrieben. Auf sie will er verzichten. Die Klassenzimmer seien von Frater Ludwig großzügig geplant worden. An neueren Schulen würden die Schüler viel enger zusammensitzen als am Maristenkolleg. „Und Gott sei Dank haben wir in jedem Zimmer ein Handwaschbecken“, betont Wesseli.
Bisher haben all die Maßnahmen gegriffen. In keinem einzigen Fall sei es zu einer Ansteckung innerhalb der Schule gekommen. Verschont worden ist das Maristenkolleg aber nicht von dem Virus. Klassen mussten in Quarantäne, und auch Lehrkräfte durften vorübergehend nicht in die Schule.
Für die Schulleitung heißt das: Sie muss auf alles gefasst sein. Jederzeit kann es wieder zu Homeschooling kommen wie im Frühjahr schon. Wesseli plädiert mehr für Wechselunterricht. Der sollte dann täglich wechseln, damit die Schüler den Kontakt zur Schule behalten. Denn das war eine der Lehren aus dem Frühjahr: Vor allem jüngere Schüler waren nicht so gut damit zurechtgekommen, wenn sie eine Woche am Stück alleine lernen sollten, sagt Wesseli. Gelitten hätten alle.
Corona hat Schüler weltweit getroffen, sagt Wesseli. Er vergleicht den Jahrgang mit einem Baum, der in einem kargen Jahr auch nur schmälere Jahresringe ausbildet. Und doch ist er sicher, dass der wesentliche Stoff gut vermittelt wird und die Schüler keine großen Nachteile erleiden müssen.
Das liegt an den Lehrkräften, denen Corona ein deutliches Maß an Mehrarbeit abverlangt. „Die Überlastung ging über Monate“, so Wesseli. Alle seien höchst engagiert. Erstmals wird es wegen Corona in der nächsten Woche auch keinen richtigen Sprechtag geben, um das Ansteckungsrisiko gering zu halten. Der wird telefonisch abgehalten.
Der Schulleiter freut sich, dass die Weihnachtsferien schon zwei Tage früher beginnen. Das sei ein guter Beitrag, Kontakte zu verringern. Für ihn geht es jetzt vor allem um eines: die weitere Verbreitung des Virus einzudämmen und so den Schulbetrieb aufrechtzuerhalten.
Für Gottfried Wesseli ist es sein letztes Schuljahr. Im Sommer geht der Oberstudiendirektor in den Ruhestand. Dass er sich ein anderes letztes Jahr im Schuldienst gewünscht hätte, räumt er ein. „Aber wir müssen jetzt eben der Situation Rechnung tragen.“