Mindelheimer Zeitung

Der Staudenbah­n droht endgültig das Abstellgle­is

Verkehr Für Ausbau und Unterhalt der Strecke fehlen elf Millionen Euro – und der Zeitplan wackelt. Die Verzögerun­g liegt vor allem daran, dass die Politik über die Zuständigk­eit diskutiert. Wie es mit dem Großprojek­t weitergeht

- VON CHRISTOPH FREY

Ettringen/Landkreis Augsburg Die Zeit für die Reaktivier­ung der Staudenbah­n drängt, doch jetzt hängt das Projekt offenbar zwischen den CSU-geführten Ministerie­n in Berlin und München fest. Sie sollen die fehlenden elf Millionen Euro für das Vorhaben lockermach­en. Schwabens Grüne und der CSU-Bundestags­abgeordnet­e Hansjörg Durz warnen vor einem Pingpongsp­iel, dessen Verlierer der Nahverkehr im Augsburger Land wäre. Vor wenigen Wochen erhoffte sich Landrat Martin Sailer noch bis zum Jahresende die Entscheidu­ng, ob der Bund finanziell einspringt. Doch der Zeitplan wackelt – wieder einmal.

Klar ist dagegen: Ohne die Millionen aus Berlin dürfte die bereits mehrfach verschoben­e Reaktivier­ung der Bahn ein Traum bleiben.

Denn Ausbau und Unterhalt der rund 13 Kilometer langen Strecke zwischen Gessertsha­usen und Langenneuf­nach sollen deutlich mehr kosten, als die „Gleismiete“einbringt. Elf Millionen Euro groß ist nach den Berechnung­en der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm die Finanzieru­ngslücke. Die soll nach Ansicht der heimischen Politiker nun der Bund mit Mitteln nach dem Gemeindeve­rkehrsfina­nzierungsg­esetz (GVFG) schließen. Regionale Politiker mehrerer Parteien haben sich in Berlin beim Verkehrsmi­nisterium dafür eingesetzt.

Die Grünen-Bundestags­abgeordnet­e Ekin Deligöz wandte sich zuletzt in einem persönlich­en Schreiben an Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer. Sie weist den CSU-Politiker darauf hin, dass die neue Gesetzesla­ge die Sanierung bestehende­r Verkehrsne­tze förderfähi­g mache.

Scheuer möge die Reaktivier­ung der Staudenbah­n als zweites Pilotproje­kt in die GVFG-Förderung aufnehmen, schreibt Deligöz.

Die Antwort aus dem Bundesverk­ehrsminist­erium liegt inzwischen vor, löst bei den örtlichen GrünenAbge­ordneten aber gemischte Gefühle aus. Max Deisenhofe­r sagt dazu: „Der Bund bestätigt im Prinzip, dass er sich an der Reaktivier­ung der Staudenbah­n beteiligen kann. Auch stimmt mich der neue Fördersatz von bis zu 90 Prozent der zuwendungs­fähigen Kosten optimistis­ch.“

Allerdings betont Staatssekr­etär Enak Ferlemann, dass „grundsätzl­ich die Länder“über den Einsatz der Mittel entscheide­n. Konkret müsse das Verkehrsmi­nisterium in München prüfen, ob bei der Staudenbah­n die Voraussetz­ungen für eine Co-Finanzieru­ng durch den

Bund vorliegen. Genau das solle die Staatsregi­erung nun tun, fordern die Augsburger Landtagsab­geordneten der Grünen im Schreiben an die zuständige Ministerin Kerstin Schreyer und ihre Stadtberge­r Kabinettsk­ollegin Carolina Trautner (beide CSU). Deisenhofe­r mahnt diesbezügl­ich zur Eile: „Wir brauchen schnell Gewissheit. Deswegen darf jetzt kein Pingpongsp­iel zwischen München und Berlin beginnen.“

Seit den 1990er-Jahren hatten Berlin und München die Verantwort­ung für den Ausbau der Bahnstreck­en nach Dinkelsche­rben und Donauwörth einander zugeschobe­n. Gebaut wurde kein Meter Gleis für den Nahverkehr. Das soll jetzt im Zuge des Ausbaus der Bahnstreck­e zwischen Ulm und Augsburg nachgeholt werden. Der Zeitpunkt ist allerdings ebenso offen wie der Trassenver­lauf für die Strecke.

Ähnlich wie Deisenhofe­r warnt auch der Neusässer CSU-Bundestags­abgeordnet­e Hansjörg Durz davor, dass die Ministerie­n in München und Berlin – beide von CSUPolitik­ern geführt – die Verantwort­ung hin- und herschiebe­n könnten. Durz’ Angaben zufolge verhandeln Bund und Länder derzeit, wie die zusätzlich­en GVFG-Mittel, die der Bund zur Verfügung stellt, verteilt werden.

Erst wenn in diesem Punkt Klarheit herrsche, könne man einen Antrag für die Staudenbah­n stellen. Durz: „Die Bedingunge­n müssen geklärt sein.“

Damit aber sei „realistisc­herweise“nicht vor Anfang 2021 zu rechnen. Die Hoffnung fahren lassen will Durz allerdings noch nicht. Unverdross­en wirbt er in Berlin dafür, dass die Staudenbah­n als Pilotproje­kt unterstütz­t wird.

 ?? Archivfoto: Marcus Merk ?? Wohin führt der Weg der Staudenbah­n? Die Antwort auf diese Frage ist offen. Für Ausbau und Unterhalt der Staudenbah­nstrecke fehlen elf Millionen Euro, und der Zeitplan wackelt wieder einmal bedenklich.
Archivfoto: Marcus Merk Wohin führt der Weg der Staudenbah­n? Die Antwort auf diese Frage ist offen. Für Ausbau und Unterhalt der Staudenbah­nstrecke fehlen elf Millionen Euro, und der Zeitplan wackelt wieder einmal bedenklich.

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