Der Staudenbahn droht endgültig das Abstellgleis
Verkehr Für Ausbau und Unterhalt der Strecke fehlen elf Millionen Euro – und der Zeitplan wackelt. Die Verzögerung liegt vor allem daran, dass die Politik über die Zuständigkeit diskutiert. Wie es mit dem Großprojekt weitergeht
Ettringen/Landkreis Augsburg Die Zeit für die Reaktivierung der Staudenbahn drängt, doch jetzt hängt das Projekt offenbar zwischen den CSU-geführten Ministerien in Berlin und München fest. Sie sollen die fehlenden elf Millionen Euro für das Vorhaben lockermachen. Schwabens Grüne und der CSU-Bundestagsabgeordnete Hansjörg Durz warnen vor einem Pingpongspiel, dessen Verlierer der Nahverkehr im Augsburger Land wäre. Vor wenigen Wochen erhoffte sich Landrat Martin Sailer noch bis zum Jahresende die Entscheidung, ob der Bund finanziell einspringt. Doch der Zeitplan wackelt – wieder einmal.
Klar ist dagegen: Ohne die Millionen aus Berlin dürfte die bereits mehrfach verschobene Reaktivierung der Bahn ein Traum bleiben.
Denn Ausbau und Unterhalt der rund 13 Kilometer langen Strecke zwischen Gessertshausen und Langenneufnach sollen deutlich mehr kosten, als die „Gleismiete“einbringt. Elf Millionen Euro groß ist nach den Berechnungen der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm die Finanzierungslücke. Die soll nach Ansicht der heimischen Politiker nun der Bund mit Mitteln nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) schließen. Regionale Politiker mehrerer Parteien haben sich in Berlin beim Verkehrsministerium dafür eingesetzt.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz wandte sich zuletzt in einem persönlichen Schreiben an Verkehrsminister Andreas Scheuer. Sie weist den CSU-Politiker darauf hin, dass die neue Gesetzeslage die Sanierung bestehender Verkehrsnetze förderfähig mache.
Scheuer möge die Reaktivierung der Staudenbahn als zweites Pilotprojekt in die GVFG-Förderung aufnehmen, schreibt Deligöz.
Die Antwort aus dem Bundesverkehrsministerium liegt inzwischen vor, löst bei den örtlichen GrünenAbgeordneten aber gemischte Gefühle aus. Max Deisenhofer sagt dazu: „Der Bund bestätigt im Prinzip, dass er sich an der Reaktivierung der Staudenbahn beteiligen kann. Auch stimmt mich der neue Fördersatz von bis zu 90 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten optimistisch.“
Allerdings betont Staatssekretär Enak Ferlemann, dass „grundsätzlich die Länder“über den Einsatz der Mittel entscheiden. Konkret müsse das Verkehrsministerium in München prüfen, ob bei der Staudenbahn die Voraussetzungen für eine Co-Finanzierung durch den
Bund vorliegen. Genau das solle die Staatsregierung nun tun, fordern die Augsburger Landtagsabgeordneten der Grünen im Schreiben an die zuständige Ministerin Kerstin Schreyer und ihre Stadtberger Kabinettskollegin Carolina Trautner (beide CSU). Deisenhofer mahnt diesbezüglich zur Eile: „Wir brauchen schnell Gewissheit. Deswegen darf jetzt kein Pingpongspiel zwischen München und Berlin beginnen.“
Seit den 1990er-Jahren hatten Berlin und München die Verantwortung für den Ausbau der Bahnstrecken nach Dinkelscherben und Donauwörth einander zugeschoben. Gebaut wurde kein Meter Gleis für den Nahverkehr. Das soll jetzt im Zuge des Ausbaus der Bahnstrecke zwischen Ulm und Augsburg nachgeholt werden. Der Zeitpunkt ist allerdings ebenso offen wie der Trassenverlauf für die Strecke.
Ähnlich wie Deisenhofer warnt auch der Neusässer CSU-Bundestagsabgeordnete Hansjörg Durz davor, dass die Ministerien in München und Berlin – beide von CSUPolitikern geführt – die Verantwortung hin- und herschieben könnten. Durz’ Angaben zufolge verhandeln Bund und Länder derzeit, wie die zusätzlichen GVFG-Mittel, die der Bund zur Verfügung stellt, verteilt werden.
Erst wenn in diesem Punkt Klarheit herrsche, könne man einen Antrag für die Staudenbahn stellen. Durz: „Die Bedingungen müssen geklärt sein.“
Damit aber sei „realistischerweise“nicht vor Anfang 2021 zu rechnen. Die Hoffnung fahren lassen will Durz allerdings noch nicht. Unverdrossen wirbt er in Berlin dafür, dass die Staudenbahn als Pilotprojekt unterstützt wird.