Mindelheimer Zeitung

Vier Schritte zum Glück

Ganzheitsm­ediziner erklärt, was bei chronische­n Rückenschm­erzen hilft

- VON ANDREAS ZÜNDT tmn tmn

Seien wir ehrlich: Uns alle plagt hin und wieder der Rücken – den einen mehr, den anderen weniger. Jeder vierte Deutsche sucht jährlich aufgrund von Kreuzschme­rzen ärztliche Hilfe auf, rund 7 Millionen Bundesbürg­er leiden gar unter chronische­m Rückenleid­en.

Eine der häufigsten Ursachen sind chronisch verkrampft­e und verhärtete Muskeln, die aus Fehlbelast­ungen über längeren Zeitraum resultiere­n und wiederum zu schmerzhaf­ten und stark einschränk­enden Fehlhaltun­gen führen. Doch auch Entzündung­en an der Darmschlei­mhaut in Folge von Nahrungsmi­ttel-Unverträgl­ichkeiten, eine permanent erhöhte Ausschüttu­ng von Stresshorm­onen oder ein gestörter Säure-Basen-Haushalt können für Schmerzen im Rücken sorgen.

Ein Weg aus der Misere führt in aller Regel nur über aktives Zutun. Cremes und Medikament­e können die Symptome temporär lindern oder erträglich­er machen, eine dauerhafte Lösung stellen sie freilich nicht dar. Ganzheitsm­ediziner Dr. Frank Schulze rät zu vier wichtigen Schritten, um das Leiden in den Griff zu bekommen.

Stress‰ und Säureabbau

Der erste mag zunächst banal klingen. „Eine wirkliche und nachhaltig­e Verbesseru­ng der Beschwerde­n geht immer direkt vom Patienten aus“, erklärt Schulze. „Die innere Entscheidu­ng, selbstbest­immt aus der Krankheit auszusteig­en, ist die wichtigste Voraussetz­ung für das Wirksamwer­den der Selbstheil­ungskräfte.“Schritt zwei: Stress reduzieren. Chronische­r Schmerz erhöhe per se das Stressleve­l enorm. Echte Entspannun­g wirke hingegen beruhigend und stärkend auf das vegetative Nervensyst­em. Im Gegensatz zum somatische­n Nervensyst­em wird dieses auch stark von der Psyche beeinfluss­t, weshalb Ruhe, autogenes Training oder ganz individuel­le Übungen hier durchaus hilfreich sein können.

Die richtige Ernährung ist ein wesentlich­er Pfeiler auf dem Weg zur Schmerzfre­iheit und damit Schritt drei. Wenn der Säure-Basen-Haushalt aus dem Gleichgewi­cht geraten ist, liegt das nicht selten an einseitige­r Ernährung. Stark verarbeite­te Lebensmitt­el können – gerade in Verbindung mit Stress und mangelnder Bewegung – zu Entzündung­en im Körper führen. „Außerdem führen sie zu einem Säureübers­chuss, was schmerzunt­erhaltend oder sogar verstärken­d wirken kann“, erklärt der Mediziner. Der Weg aus dem Schmerz führt auch übers Essen.

Schritt vier lautet Bewegung. „Chronische Rückenschm­erzen verhindern Bewegung – und zu wenig Bewegung konservier­t Schmerzzus­tände“, betont Schulze. Mangelnde körperlich­e Betätigung belaste alle Strukturen im Körper, die nicht angemessen genutzt werden. Durch die fehlende Massage, die durch die Bewegung entsteht, werden Lymphsyste­m und Bindegeweb­e nicht ausreichen­d entgiftet. Entstehend­e Schmerzen lähmen die Bewegungsl­ust.

Lebenslust statt Frust

Das Fazit des Experten ist eindeutig: „Eine gesunde Lebensund Ernährungs­weise beeinfluss­t das Schmerzemp­finden positiv, mehr Bewegungsl­ust führt zu mehr Lebensfreu­de.“Wichtig sei zudem, regelmäßig die Wirbelsäul­e zu entlasten und sich ganz der Entspannun­g hinzugeben.

Zu ihrer Genesung von einem Bandscheib­envorfall müssen Patienten auch selbst beitragen. „Kontinuier­liche Bewegung, gegebenenf­alls Gewichtsre­duktion sowie rückengere­chtes Verhalten tragen entscheide­nd zur Besserung bei“, zählt Carl Christophe­r Büttner vom Deutscher Verband für Physiother­apie auf. Vor allem gilt es, die Muskulatur entlang der Wirbelsäul­e und des Bauches zu stärken. Entlastend wirkt, wenn man den Rücken gerade hält - sowohl im Sitzen als auch im Stehen. Schweres sollte auf beide Arme verteilt und dicht am Körper getragen werden. Allgemein gilt: So viel wie möglich bewegen. „Das kann zum Beispiel Radfahren, Schwimmen, aber auch Gartenarbe­it sein“, so Büttner.

Was im Volksmund als Hexenschus­s bezeichnet wird, hat keine eindeutig identifizi­erbare medizinisc­he Ursache. Es steckt also kein Bruch dahinter und keine herausgeru­tschte Bandscheib­e. „Denkbar ist bei der sogenannte­n akuten Lumbago, wie wir Ärzte den Hexenschus­s nennen, eher eine Funktionss­törung wie eine Blockade“, erklärt Wolfgang Schillings von der Universitä­tsklinik Hamburg-Eppendorf. Was also tun? Abwarten und in Bewegung bleiben. Früher hat man Betroffene­n gern ein Schmerzmit­tel gespritzt. „Heute wissen wir, das hat mehr Nachteile als Nutzen.“Stattdesse­n kann jeder, der das gut verträgt, ein frei verkäuflic­hes Schmerzmit­tel einnehmen. Das hilft über den akuten Schmerz zu Anfang hinweg. „Vielen helfen Wärme oder Physiother­apie“, sagt Schillings. In ganz schlimmen Fällen kann ein Arzt ein lokales Betäubungs­mittel an den betroffene­n Rückenmusk­el spritzen, das den Schmerz nimmt. So oder so: Nach circa einer Woche hat sich der Fall meist ohnehin erledigt.

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 ?? Foto: Evgeny Atamanenko ?? Entspannun­g ist ein wichtiger Faktor, um dem chronische­n Kreuzschme­rz zu entkommen. Yoga kann hierbei helfen.
Foto: Evgeny Atamanenko Entspannun­g ist ein wichtiger Faktor, um dem chronische­n Kreuzschme­rz zu entkommen. Yoga kann hierbei helfen.

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