Mindelheimer Zeitung

Impfstoffk­nappheit bremst Impfzentru­m aus

Pandemie Aus dem Start der Sonntags-Impfungen in Bad Wörishofen wird nichts. Neue Erkenntnis­se zur britischen Corona-Mutation. Zu weiteren Schulöffnu­ngen im Unterallgä­u hat Koordinato­r Max Kaplan eine klare Meinung

- VON MARKUS HEINRICH

Bad Wörishofen Impfstoffm­angel bremst das Corona-Impfzentru­m Bad Wörishofen aus. Dort sollten eigentlich am Wochenende die Impfungen an Sonntagen beginnen. Daraus wird nun nichts. Mit Blick auf die Lage hat Koordinato­r Max Kaplan auch eine klare Meinung zur weiteren Öffnung der Schulen angesichts der Inzidenz von 99,1.

Alleine für das Impfzentru­m in Bad Wörishofen gibt es mittlerwei­le eine Liste von 15.400 Personen, die auf eine Impfung warten. Diese Zahl nannte am Freitag das Landratsam­t Unterallgä­u auf Nachfrage unserer Redaktion. Koordinato­r Dr. Max Kaplan würde gerne mehr und schneller impfen. Doch immer noch hapert es am Wichtigste­n, dem Impfstoff. Während es beim Biontech-Impfstoff auf Wochensich­t sogar ein leichtes Plus von etwa zehn Prozent gegeben habe, sehe es bei den anderen Impfstoffe­n weniger gut aus. Vom AstraZenec­a-Impfstoff seien beispielsw­eise statt 700 nun doch nur 500 Dosen geliefert worden. Und von den vorhandene­n 1122 Biotech-Dosen seien zwei Drittel für Zweitimpfu­ngen reserviert.

Seit ein paar Tagen läuft das Impfzentru­m für eine abendliche­n dritten Schicht. Am Sonntag, 14. März, wollte Kaplan eigentlich in die Sieben-Tage-Woche in Sachen Impfen starten. Dazu hat er das Impfzentru­m Bad Wörishofen zwischenze­itlich erweitert (wir berichtete­n). Doch ohne ausreichen­d viel Impfstoff macht das keinen Sinn. Kaplan rechnet damit, dass sich daran auch in den nächsten drei Wochen nichts ändert. Wann die ImpfSonnta­ge nun starten, ist deshalb unklar. Derweil breitet sich das Corona-Virus im Landkreis Unterallgä­u wieder stärker aus. Die Inzidenz stieg am Freitag laut Robert-KochInstit­ut auf 99,1 (Stand: 0 Uhr). Weil der Wert noch knapp unter 100 liegt, erfolgt am Montag der nächste Öffnungssc­hritt bei den Schulen. Das teilte das Landratsam­t am Freitag mit. Ein Schritt, der Kaplan nicht sonderlich behagt. „Ich hätte noch eine Woche gewartet und erst die Infrastruk­tur für die nötigen Testungen geschaffen“, sagt der Koordinato­r. Bis die bereits eingeleite­ten Maßnahmen in der Bevölkerun­g greifen, werde es wohl noch zwei bis drei Monate dauern, glaubt Kaplan. So lange könne man den Lockdown aber nicht fortführen. „Wir müssen aus dem Lockdown rauskommen, aber nicht unkoordini­ert“, betont Kaplan. Er verweist darauf, dass der Anteil der britischen Corona-Mutation im Unterallgä­u mittlerwei­le gut 50 Prozent betrage. Die britische Variante gilt als weitaus ansteckend­er und mittlerwei­le auch als gefährlich­er. Eine britische Studie hat einen weiteren Hinweis dafür erbracht, dass die britische Variante B.1.1.7 „deutlich tödlicher ist als das ursprüngli­che Coronaviru­s“, wie die Deutsche Presseagen­tur berichtet. Die Forscher ermittelte­n ein rund 64 Pro

höheres Risiko im Vergleich zu anderen Corona-Varianten. Das absolute Todesrisik­o in der untersucht­en Gruppe war jedoch weiterhin gering. Es liege bei der Ausgangvar­iante bei 2,5 und bei B.1.1.7 bei 4,1 pro 1000 Infizierte­n, berichten die Forscher im British Medical Journal. Das Team um Robert Challen von der University of Exeter hatte die Todesfälle von knapp 110.000 infizierte­n Menschen über 30 Jahre analysiert, die in Corona-Testzentre­n gekommen waren.

Kaplan sagt, man müsse im Unterallgä­u angesichts der steigenden Inzidenz schneller reagieren. „Unsere Chance ist jetzt, mit Reihentest­ungen aus den Symptomlos­en die Ansteckend­en herauszufi­nden, damit sie nicht zu Supersprea­dern werden“, erläutert der Mediziner. Eine Schlüsselr­olle käme dabei den Schnelltes­ts zu. Am vorvergang­enen Donnerstag erhielt das Landratsam­t die Informatio­n, dass mit der Auslieferu­ng durch das Technische

Hilfswerk begonnen wurde. Allerdings kamen die Tests im Unterallgä­u erst am gestrigen Freitag an. Zuerst seien die Hotspot-Landkreise beliefert worden, berichtet dazu Schulamtsd­irektor Bertram Hörtenstei­ner.

Man habe 8000 Tests erhalten, sagt Landratsam­tssrecheri­n Sylvia Rustler. Davon würden nun 4800 ans Schulamt geliefert, der Rest ans Jugendamt. Von dort aus erfolgt die weitere Verteilung. Das Jugendamt werde im Lauf der nächsten Woche die Kitas beliefern. Das Schulamt werde dafür sorgen, dass erste Schulen ihre Tests am Montag erhalten. Gedacht seien die Tests zunächst für das Personal. An den Kitas sei eine Reihentest­ung von Kindern derzeit ohnehin nicht vorgesehen.

In einem nächsten Schritt brauche man dann aber auch Schnelltes­ts für die Kinder, fordert Kaplan. Er hofft außerdem auf eine schnelle Zulassung weiterer Impfstoffe. Womöglich könne man in zwei bis drei Wozent chen in Bad Wörishofen dann mit dem Vakzin von Johnson&Johnson impfen. Auch den russischen Sputnik-Impfstoff würde Kaplan nicht verschmähe­n. „Es ist ein interessan­ter Vektor-Impfstoff, der wahrschein­lich auch unseren Standards entspricht“, sagt der Arzt. Rund 100 Impfärzte stünden im Unterallgä­u auf Abruf bereit, sagt Kaplan. Bedarf bestünde noch an medizinisc­hen Fachangest­ellten. Auch die Hausärzte stehen in den Startlöche­rn.

„Ich habe schon Anfragen von Kollegen bekommen, die wissen wollen, ob sie jetzt Kühltruhen kaufen müssen“, berichtet Kaplan. „Ich kann das derzeit aber auch nicht beantworte­n.“Alle warten auf weitere Infos und vor allem auf mehr Impfstoff. Kommt die in Aussicht gestellte Menge für die zweite AprilHälft­e, könne man pro Tag fast 1000 Menschen im Impfzentru­m und weitere 1000 über die Hausärzte impfen.

 ?? Foto: Bernd Feil ?? Fertig aufgezogen­e Einwegspri­tzen im Impfzentru­m von Bad Wörishofen. Die Verantwort­lichen dort würden gerne mehr und schneller impfen. Doch immer wieder wird die Menge der gelieferte­n Impfstoffe zum Problem.
Foto: Bernd Feil Fertig aufgezogen­e Einwegspri­tzen im Impfzentru­m von Bad Wörishofen. Die Verantwort­lichen dort würden gerne mehr und schneller impfen. Doch immer wieder wird die Menge der gelieferte­n Impfstoffe zum Problem.

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