Sie sollen nur spielen
Kai Hospelt hatte einen miserablen Ruf im Augsburger Eishockey. Diva lautete noch die schmeichelhafteste Bezeichnung. Im Fußball vertritt Neymar die Göttlichen. Sein Markenzeichen: Sieht ein Gegenspieler den Brasilianer zu scharf an, vollführt er unvermittelt die 19-fache Rolle auf dem Rasen – und die Frisur sitzt. Im Eishockey geht es nicht minder graziös zu. Wenn der Gegenspieler beim geringsten Luftzug auf dem Eis dahinschmilzt wie einst Zsa Zsa Gabor auf dem Diwan, pflegen die Augsburger zu lästern: Er macht den Hospelt.
Strafzeiten-Schinder sind geächtet in einer Männergesellschaft, die nach jedem geblockten Schuss den humpelnden Kollegen mit Schulterklopfen belohnt. Der Schmerz wird weggeatmet und der Schlittschuh erst dann geöffnet, wenn Blut herausquillt. Bloß nicht vorher aussteigen. Ein geschwollener Fuß lässt sich nur schwer noch in den Schuh pressen.
Eishockeyspieler sind hart im Nehmen, doch was die Deutsche Eishockey-Liga ihren Angestellten in den kommenden Wochen abverlangt, geht an die Schmerzgrenze. Es pressiert, sie sollen nur noch spielen. Da die Liga erst Ende Dezember den Spielbetrieb aufnahm, drängt die Zeit. Vor der Weltmeisterschaft ab dem 21. Mai muss der Meisterpokal vergeben werden. Für 14 Spiele der jetzt beginnenden
Einfachrunde bleiben 29 Tage Zeit. Jeden zweiten Tag schnüren sie die Schlittschuhe. Ein Beispiel: Am Dienstag (30. März) gehen die Augsburger Panther um 18.30 Uhr in Wolfsburg auf das Eis. 26 Stunden später fahren die AEV-Profis im 250 Kilometer entfernten Bremerhaven zum Eröffnungsbully.
Kai Hospelt muss sich das nicht mehr antun. Der 35-Jährige stürmt inzwischen in der zweiten Liga. Gewiss würde er kommentarlos mitmachen. Der verdiente Nationalspieler kennt den Rhythmus mit sieben Partien in zehn Tagen von zahlreichen WM-Einsätzen. Auf die Frage nach dem Spielemarathon antworten Eishockeyspieler kurz und knackig: Lieber spielen als trainieren.