Was am Allgäu Airport anders läuft
Flughäfen Während Mitbewerber wegen Corona in schwere Turbulenzen geraten sind, kommt Memmingen vergleichsweise gut durch die Pandemie. Das hat der Airport vor allem einer Airline zu verdanken. Ein Ortsbesuch
Memmingen Flug W 67790 soll Gewissheit bringen. Angespannt warten Adriatik (28) und Aishe (27) frühmorgens am Allgäu Airport auf den Abflug um 9.10 Uhr. Die WizzAir-Maschine soll sie in zwei Stunden nach Pristina, die Hauptstadt ihrer Heimat Kosovo, fliegen. Dort wird das Paar, das in Türkheim in der Gastronomie arbeitet, sehnlichst erwartet. Aishes Vater hatte vor wenigen Tagen eine Herzattacke. „Es geht ihm nicht gut. Wir müssen ihn unbedingt sehen“, sagen die beiden. Mit einem unbeschwerten Urlaub hat ihre Reise nichts zu tun. Der Besuch von Verwandten und Familien steht an erster Stelle. Genau wie bei den meisten anderen Fluggästen, die in eines der drei Flugzeuge vom Typ A320 mit jeweils 180 Sitzplätzen einstiegen. Sie flogen neben Pristina nach Tuzla (Bosnien und Herzegowina) und Varna (Bulgarien). Von den jeweiligen Orten aus hatten die
Maschinen zuvor das Allgäu angesteuert. Immerhin 600 Passagiere verzeichnete der Allgäu Airport auf diese Weise gestern.
Corona ist dort das beherrschende Thema. „Dazu erreichen uns die meisten Anfragen“, sagt FlughafenSprecherin Marina Siladji, die gebetsmühlenartig erklärt: Wer aus einem Corona-Risikogebiet einreist, muss spätestens nach seiner Einreise einen Covid-19-Test vornehmen lassen. Zudem besteht eine Quarantänepflicht. Ankommende und abfliegende Passagiere können sich am Flughafen testen lassen.
Noch strenger sind die Regeln für Einreisende aus einem sogenannten Hochinzidenz- oder Virus-Variantengebiet: Die Passagiere müssen bereits bei der Einreise einen negativen Covid-19-Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist. Anschließend gilt auch hier eine Quarantänepflicht.
Andrang beim gestrigen Boarding bewies einmal mehr: Die Südosteuropa-Flüge der ungarischen Billig-Fluggesellschaft Wizz Air sind nicht nur für viele Menschen mit Migrationshintergrund von großer Bedeutung. Sie tragen auch dazu bei, dass der Allgäu Airport in der Corona-Krise besser dasteht als andere Flughäfen. Nach Dortmund verzeichnete Memmingen im vergangenen Jahr die geringsten Flugrückgänge. 2020 gab es allerdings auch dort durch Corona ein Minus von 60 Prozent bei den Fluggästen. Die Zahl der Fluggäste sank von 1,72 Millionen auf knapp 000. Zum Vergleich: Der Flughafen München verzeichnete im selben Zeitraum einen Einbruch von 77 Prozent beim Passagieraufkommen. Der Allgäu Airport sei bislang „mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt Airport-Geschäftsführer Ralf Schmid. Speziell die Wizz Air, die seit über zehn Jahren am Allgäu Airport abhebt, habe sich in der Krise als „Glücksfall“erwiesen. Sie steuere ihre Ziele weiterhin stabil und zuverlässig an. Zumal die Auslastung auf ihren SüdosteuropaRouten hoch genug sei. Familienbesucher oder Pendler tragen dazu bei.
Dagegen haben andere FluggeDer sellschaften am Allgäu Airport, von dem aus vor Corona 55 Ziele angeflogen wurden, reihenweise Flüge gestrichen. Zum einen, da wie im Fall von Großbritannien, Marokko oder Israel Einreiseverbote gelten. Zum anderen, weil die Fluggesellschaften bestimmte Ziele zwar anfliegen dürften, aber so gut wie keine Fluggäste verzeichnen. „Wenn in einem Flugzeug mit 150 Plätzen nur zehn belegt sind, rentiert sich das nicht“, erklärt Schmid.
Einige Flughäfen bringt die Corona-Krise in schwere Turbulenzen. So versucht der Bodensee Airport in Friedrichshafen über ein sogenann700 tes „Schutzschildverfahren“, das Aus wegen Überschuldung abzuwenden. Diese Gefahr droht in Memmingen laut Schmid nicht. Der Flughafen habe 2020 Kredite in Höhe von vier Millionen Euro aufgenommen. „Mit diesem Geld kommen wir durch den Sommer. Danach rechnen wir wieder mit mehr Verkehr sowie mit den Finanzhilfen vom Staat.“
Ein erster Hoffnungsschimmer: Ab 26. März will Ryanair wieder nach Mallorca fliegen, nachdem vergangene Woche die Balearen-Insel von der Liste der Risikogebiete gestrichen worden war.
Für die Passagiere am Allgäu Airport gelten strenge Regeln