Sehnsucht nach dem eigenen Becken
Schwimmen Eine Abteilung des TSV Mindelheim hat es in den vergangenen zwölf Monaten besonders getroffen: Denn nicht nur die Corona-Pandemie sorgt dafür, dass die Schwimmer nicht am Ort trainieren können
Mindelheim Dort, wo sich sonst die Schwimmer des TSV Mindelheim für ihr Training treffen, ist seit Anfang dieser Woche alles anders. Schwarz-gelbe Markierungsstreifen auf dem Boden weisen auf die entsprechenden Abstände hin, Schilder fordern zum Tragen von Masken auf und Pfeile und Absperrbänder weisen den richtigen Weg – zur Corona-Teststation im städtischen Hallenbad.
Da das Hallenbad seit November 2020 aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen ist, wird es nun als Testzentrum genutzt. Abstrich statt Abtauchen. Für die Schwimmabteilung des TSV Mindelheim ist das nur ein weiteres Kapitel in der düsteren Corona-Historie. Diese ist nun schon über ein Jahr alt. Ein Jahr, das für die Schwimmer des TSV Mindelheim zu einer Geduldsprobe wurde. Denn nicht nur die Einschränkungen im Zuge der jeweiligen Lockdowns waren Gift für den Trainingsbetrieb. Auch die Sanierung des Mindelheimer Freibads sorgte dafür, dass im Sommer 2020 – als wieder trainiert werden durfte – das heimische Becken trocken lag.
„Im ersten Lockdown im vergangenen Frühjahr haben wir gar nicht trainiert“, sagt Carolin Eckers. Die Leiterin der Schwimmabteilung beim TSV Mindelheim meint mit „wir“sämtliche Aktiven – von den Schwimmküken, die eben erst den Schwimmkurs absolviert haben, bis hin zur Leistungsklasse 1, die um Meisterschaften und Medaillen schwimmt. Für alle hieß es im Frühjahr 2020: nichtstun.
Im Sommer gab es dann jedoch einen Lichtblick. Als die CoronaBeschränkungen aufgehoben wurden, durften auch die Schwimmer wieder ins Becken. Allerdings nicht in Mindelheim, denn dort wurde das Freibad saniert. „Wir bekamen glücklicherweise das Angebot aus Bad Wörishofen, dass wir im Freibad nach Geschäftsschluss noch trainieren durften“, sagt Eckers. Die Leistungsklassen 1 bis 3 fanden damit „die besten Trainingsbedingungen vor – das Bad gehörte abends praktisch uns“, sagt Eckers. Bis Mitte September habe man das Angebot nutzen können. „Die Trainingsbedingungen waren wirklich gut“, sagt auch Robert Brettschneider. Der 28-Jährige ist Schwimmer und Trainer der Leistungsklasse 1. Die Mindelheimer haben das Angebot im Sommer entsprechend genutzt, „auch wenn es für die Mindelheimer aufwendiger war, nach Bad Wörishofen zu kommen“, so Brettschneider.
Allzu lange aber konnten sich die Schwimmer nicht an der komfortablen Situation erfreuen. Im September ging es zwar wieder ins Hallenbad nach Mindelheim, wo ab Oktober auch wieder mit den Anfängern geschwommen wurde. Allerdings eben nur bis Anfang November. „Seitdem ist wieder alles zu“, sagt Carolin Eckers. Sie hofft nun darauf, dass ihre Schwimmer im Sommer – sollte es das Pandemiegeschehen zulassen – möglicherweise wieder nach Bad Wörishofen ausweichen können, bis das eigene Freibad wiedereröffnet.
Die älteren Schwimmer halten sich mit Trockentraining fit. Zwei Mal pro Woche sehen sie sich in rund 90-minütigen Videokonferenzen. Zwei von ihnen, Robert Brettschneider und Sasha Bähr, haben dank ihrer Platzierung in der Bestenliste einen Kaderplatz ergattert und dürfen zwei Mal pro Woche in Sonthofen trainieren. Und wenn es die Zeit erlaubt, schlüpft Brettschneider in seinen Neoprenanzug und geht in einen See schwimmen. „Das hat aber weniger mit Training zu tun. Da geht es derzeit eher ums Überleben“, sagt er und lacht. Eine Leistungsdelle wird es trotzdem bei allen Schwimmern geben, vermutet Brettschneider. „Das Wassergefühl wird fehlen. Bis das zurückkommt, dauert es wohl zwei Monate.“Gerade bei Anfängern werde das schwierig werden. Das Gute aber ist: Da es allen Vereinen genauso ergeht, wird der TSV Mindelheim bei Wettkämpfen nicht unbedingt abgehängt werden. Zumal diese noch in den Sternen stehen. „Aktuell werden die deutschen Meisterschaften geplant. Aber wie es aussieht, werden dort wohl nur Nationalkader- oder Olympiakaderschwimmer teilnehmen können“, sagt Brettschneider. Ende August soll zudem die deutsche Meisterschaft der Masters, also der Senioren, anstehen. „Aber für Schwimmer, die keinen Profistatus haben, wird die Teilnahme schwer.“
Ein Jahr ohne Wettkampf zehrt auch an der Motivation. Schließlich fehlt damit das Ziel, für das man regelmäßig trainiert. Wenn dann auch noch aufgrund der langen Pause die Zeiten über die einzelnen Strecken schlechter sind, als vor dem CoronaLockdown, könne es passieren, dass der eine oder andere die Badehose an den Nagel hängt. „Wenn es dann auch noch Stress in der Schule gibt oder einfach nur die Pubertät kommt, in der sich vieles verändert, dann kann es schon sein, dass der eine oder andere aufhört“, meint Brettschneider. Glücklicherweise sei ein Mitgliederschwund in der Schwimmabteilung noch nicht zu verzeichnen, sagt Carolin Eckers: „Wir hoffen natürlich, dass das so bleibt.“Auch wenn an Wettkämpfe wohl noch nicht zu denken sein wird. Obwohl der Schwimmsport laut Eckers mit der sicherste Sport sei, weil kontaktlos und mit dem nötigen Abstand. In jedem Fall freuen sich die Mindelheimer darauf, im Sommer die ersten Bahnen im sanierten Freibad ziehen zu können. Leistungsdelle hin oder her.