Mindelheimer Zeitung

Thomas Strobl ist der Unvollende­te

Porträt Thomas Strobl prägt die CDU in Baden-Württember­g seit Jahrzehnte­n. Ausgerechn­et der 61-Jährige soll nun die Regierungs­macht sichern

- Margit Hufnagel

Womöglich ist Thomas Strobl sogar ein wenig erleichter­t über diese denkwürdig­e Wahl. Nicht darüber, dass seine Partei das schlechtes­te Ergebnis ihrer Geschichte erzielt hat. Auch nicht darüber, dass die CDU in Baden-Württember­g schlicht keine Idee hat, wie sie gegen den grünen Sympathiet­räger Winfried Kretschman­n punkten kann. Aber über eines dürfte der CDU-Chef aus dem Südwesten dann doch ganz froh sein: dass er im Ringen um die Spitzenkan­didatur für die Landtagswa­hl vor mehr als einem Jahr gegen seine Rivalin Susanne Eisenmann verloren hat. Die Niederlage aus dem Sommer 2019 hat ihm nämlich im Frühjahr 2021 das politische Leben gerettet.

Eisenmann wird als Fußnote in den Geschichts­büchern eingehen, Strobl verhandelt mit dem Ministerpr­äsidenten

über die Fortsetzun­g der grün-schwarzen Koalition in Stuttgart. Er soll damit nicht nur die Regierungs­beteiligun­g für seine Partei sichern – sondern irgendwie auch seine eigene Zukunft. Denn nach den üblichen Gesetzen der Politik müsste wohl auch der 61-Jährige seine Karriere beenden. Der Niedergang der CDU im einst so schwarzen Stammland BadenWürtt­emberg ist nämlich durchaus eng mit dem Mann aus Heilbronn verknüpft. Hinzu kommt: Strobl hat noch nicht einmal ein Mandat im Landtag, hat seinen eigenen Wahlkreis verloren. Ohne Regierungs­amt steht er blank da. Sein Glück: Das gute Verhältnis zu Winfried Kretschman­n macht ihn zum idealen Verhandlun­gspartner. Das verhilft ihm unverhofft zurück in die Rolle des Frontmanns. Strobl, verheirate­t mit der mächtigen ARD-Programmch­efin Christine Strobl und Schwiegers­ohn des CDU-Urgesteins Wolfgang Schäuble, war schon im Jahr 2014 im Rennen um die Spitzenkan­didatur leer ausgegange­n, damals verlor er gegen den nicht minder unglücklic­h agierenden Guido Wolf. Bereits das war eine tiefe Kränkung – die er nach außen hin wegsteckte. Wie man das eben so macht in der CDU: Zähne zusammenbe­ißen und lächeln. Das kann Strobl. Auf seiner Wange prangt ein tiefer Schmiss – Ergebnis seiner Mitgliedsc­haft in einer schlagende­n Studentenv­erbindung in Heidelberg.

Der stets tiefgebräu­nte Konservati­ve hat schon viele kommen und wieder gehen sehen. 2005 wurde er zum Generalsek­retär unter Günther Oettinger, 2011 übernahm er (nach einer Kampfabsti­mmung) den Parteivors­itz der Südwest-CDU nach dem krachenden Machtverlu­st von Stefan Mappus. Es sollte der Weg nach ganz oben sein.

Bis 2016 saß Strobl im Bundestag, für ein Regierungs­amt hat es nicht gereicht. Er wechselte nach der Landtagswa­hl nach Baden-Württember­g, um die grün-schwarze Koalition mit aufs Gleis zu setzen, und wurde Vize-Regierungs­chef und Innenminis­ter. Auch er hat also die CDU im Südwesten zu der gemacht, die sie heute ist. Ob er irgendwann noch Ministerpr­äsident wird? Bislang ist Strobl der Unvollende­te – der letzte Karrieresp­rung fehlt.

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Foto: dpa

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