Mindelheimer Zeitung

Rational bleibt vorsichtig optimistis­ch

Bilanz Essen müssen die Menschen auch in der Krise. Darum ist der Landsberge­r Großküchen-Ausrüster von der Corona-Vollbremsu­ng nicht ganz so stark betroffen wie befürchtet. Die Kurzarbeit soll aber noch weitergehe­n

- VOn mATTHIAS ZImmERmAnn Archivfoto: Ulrich Wagner

Landsberg am Lech Zum Start gleich eine Feuerprobe. Jörg Walter, seit März 2021 neuer Finanzvors­tand des Landsberge­r Großküchen-Ausrüsters Rational und schon seit 2011 im Unternehme­n, hätte sich seinen ersten großen Auftritt wohl angenehmer vorstellen können. Bei der Vorlage der Bilanz für das vergangene Geschäftsj­ahr musste Walter zusammen mit Rational-Chef Peter Stadelmann gleich einmal Zahlen vorlegen, die in normalen Zeiten eher für die Ablösung eines ChefContro­llers sprechen würden: 23 Prozent weniger Umsatz, ein Ergebnis vor Steuern (EBIT), das mit 107 Millionen Euro nicht einmal mehr halb so groß ist wie im Jahr zuvor. Dazu eine Marge, die von beeindruck­enden 26,5 auf 16,4 Prozent zusammenge­schnurrt ist. Doch normal ist in diesen Tagen wenig.

Die Krise mit den daraus folgenden Schließung­en und Kontaktbes­chränkunge­n hat die Kernkundsc­haft von Rational ins Mark getroffen. In diesem Licht betrachtet fangen die Zahlen, die Walter am Mittwoch erläuterte, dann doch wieder Rational-typisch zumindest ein wenig zu glänzen an. Stadelmann erklärte den Einbruch, der weniger ausfiel als befürchtet, auch mit Verschiebu­ngen im Gastronomi­e-Markt. Nach Schätzunge­n könnte einer von fünf Betrieben in der Gastronomi­e zwar pleitegehe­n. Aber dafür gewinnen Lieferdien­ste, die Systemgast­ronomie, Ketten und Supermärkt­e bei der Außer-HausVerpfl­egung – alles auch potenziell­e Rational-Kunden. Zudem gibt es auch in der Gastronomi­e Betriebe, die die Zwangspaus­e als Chance zur Erneuerung nutzen und in eine neue Küche investiere­n.

Die Bremsspure­n in der Bilanz von Rational sind auch so kräftig genug ausgefalle­n. Zum ersten Mal seit 2009 ist der Umsatz des Unternehme­ns, der oft genug gar zweistelli­g gewachsen war, zurückgega­ngen, auf nun 650 Millionen Euro. Am schlimmste­n war das zweite Quartal, in dem sich der Umsatz mit minus 43 Prozent beinahe halbierte. Doch auch da verdiente Rational noch Geld, wie Finanzchef Walter betonte. Längst ist Rational weltweit aktiv. Nur leider ist das auch das Kennzeiche­n einer Pandemie. Verluste in einem Markt konnten darum nicht mit Gewinnen in einem anderen kompensier­t werden. Am schlimmste­n getroffen hat es Amerika. 48 Prozent weniger Umsatz in Lateinamer­ika, minus 29 Prozent in dazu dann noch 16 Prozent weniger in Asien. Der Kernmarkt Europa mit 45 Prozent Umsatzante­il gab um 22 Prozent nach. Wie schnell es wieder aufwärtsge­ht, wagten Wagner und Stadelmann nicht vorherzusa­gen.

Mittelfris­tig rechne man in jedem Fall mit einer Rückkehr zu früherer Stärke. Die Nachfrage nach den Profi-Küchen-Geräten könnte auch schnell wieder anziehen. Denn viele Menschen sehnen sich ja danach, endlich wieder zu verreisen, auszugehen und im Restaurant zu essen. Dazu kommen Rekordausg­aben der Staaten weltweit zur Rettung und Ankurbelun­g der Wirtschaft. Indidrasti­sch rekt könnte so sogar der neue USPräsiden­t Joe Biden die Produktion in Landsberg und im elsässisch­en Wittenheim kräftig ankurbeln: 25 Milliarden Dollar habe der in seinem Rekord-Konjunktur­paket allein für Bars und Restaurant­s versproche­n. Auch in anderen Märkten, wie etwa in Italien, wo Investitio­nen in Digitaltec­hnik besonders gefördert werden, könnten die Außendiens­tler demnach bald wieder ihre Bestellbüc­her für die mittlerwei­le auch vernetzten Küchen-Alleskönne­r füllen.

Dass Rational jederzeit lieferfähi­g ist, habe man bewiesen, erklärte Stadelmann. Um sich gegen unzuNordam­erika, verlässige Lieferkett­en abzusicher­n, hat das Unternehme­n den Lagerbesta­nd an Produktion­smitteln aufgestock­t. Außerdem werden mehr fertige Geräte zum Verkauf vorrätig gehalten. Wenn es losgeht, will man ganz vorne dabei sein. Schließlic­h hat man auch neue Produkte, die mit hohem Aufwand entwickelt wurden, aber wegen der Pandemie nicht standesgem­äß auf Messen und bei Kunden präsentier­t werden konnten. Für das laufende Jahr sind die Aussichten aber noch verhalten. Das erste Quartal brachte erneut ein Minus von zehn Prozent – allerdings im Vergleich zu einem noch starken Anfangsqua­rtal 2020. Für das Gesamtjahr rechnet Stadelmann mit einem Umsatzwach­stum im mittleren einstellig­en Bereich.

An der Kurzarbeit am Standort Landsberg werde man wohl noch bis Ende des Jahres festhalten. Doch das neue weltweite Logistikze­ntrum dort, für das der Löwenantei­l der 31 Millionen Euro Investitio­nsmittel 2020 eingesetzt wurde, werde im Mai in Betrieb gehen. Und noch ein Stück weit Normalität kehrt zurück: Mit einem Dividenden­vorschlag von 4,80 Euro kehrt Rational zu seiner hohen Ausschüttu­ngsquote zurück. Ein Punkt mehr, der Walter über die Zahlen trösten kann.

 ??  ?? Rational‰Chef Peter Stadelmann sieht weiter viel Potenzial.
Rational‰Chef Peter Stadelmann sieht weiter viel Potenzial.

Newspapers in German

Newspapers from Germany