Mindelheimer Zeitung

Die mutige Maria

„Maria 2.0“: So nennt sich eine Bewegung in der katholisch­en Kirche. Was sie wollen? Veränderun­g in der katholisch­en Kirche. Vor allem Frauen sollen mehr Rechte bekommen

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Versproche­n ist versproche­n und wird auch nicht gebrochen! Vielleicht hast du diesen Spruch schon einmal benutzt? Zum Beispiel, weil jemand dir gegenüber ein Verspreche­n gebrochen hat. In Deutschlan­d sind ziemlich viele Leute sauer. Denn sie finden, die römisch-katholisch­e Kirche habe genau das gemacht: ihr Verspreche­n gebrochen.

„Die Kirche soll für alle Menschen offen sein. Niemand soll ausgeschlo­ssen oder ausgegrenz­t werden. Kirche sein heißt, sich um Menschen zu kümmern. Das ist das Verspreche­n. Aber die römisch-katholisch­e Kirche kümmert sich nur um sich selbst“, sagt Lisa Kötter. Sie gehört zu einer Gruppe, die sich „Maria 2.0“nennt. Die Initiative ist vor rund zwei Jahren entstanden. Damals schlossen sich mehrere gläubige Frauen zu einer Gruppe zusammen. Ihr Ziel: Sie wollen in der Kirche etwas verändern.

Mittlerwei­le haben sich Männer und Frauen in ganz Deutschlan­d dieser Bewegung angeschlos­sen. Sie stört etwa, wie die katholisch­e Kirche mit Frauen umgeht. Daher kommt auch der Name „Maria 2.0“. Der Name bezieht sich auf die Mutter von Jesus Christus: Maria. Sie wird in der katholisch­en Kirche sehr verehrt, sie ist eine Heilige. Der Bewegung gefällt nicht, wie Maria wahrgenomm­en wird – und hat eine eigene Vorstellun­g von der Frau.

„Das Bild von Maria sieht so aus: Sie ist demütig, unterwürfi­g, brav und gehorsam“, erklärt Lisa Kötter. Das Problem daran sei, dass viele in der katholisch­en

Kirche meinten, alle Frauen müssten wie Maria sein. „Wir sehen Maria aber anders. Für uns ist sie mutig und eigenständ­ig. Sie entscheide­t selbst über ihr Schicksal“, sagt Lisa Kötter.

Aktuell dürfen Frauen in der römisch-katholisch­en Kirche viele Aufgaben übernehmen: Sie

dürfen zum Beispiel Religion unterricht­en oder Seelsorge. Bestimmte Ämter sind für sie aber verboten. Zum Beispiel dürfen Frauen keine Priesterin­nen werden. Die katholisch­e Kirche erklärt das vor allem so: Jesus habe damals nur männliche Apostel ausgewählt. Apostel waren so etwas wie die engsten Anhänger und Freunde von Jesus. Diese hätten seine Ideen weitergetr­agen und verbreitet. Sie seien also seine Nachfolger oder Stellvertr­eter gewesen. Weil das alles nur Männer waren, dürften heute auch nur Männer etwa Priester werden.

Das sehen nicht alle in der katholisch­en Kirche so. Aber eben doch einige. Der Papst als Chef der katholisch­en Kirche etwa ist gegen die Priesterwe­ihe von Frauen. Vor etwa einem Jahr erklärte er dazu: „Die Frauen leisten ihren Beitrag zur Kirche auf ihre eigene Weise und indem sie die Kraft und Zärtlichke­it der Mutter Maria weitergebe­n.“

Die Anhänger dieser Auffassung sagen, dass sie sich weiter streng nach den Vorgaben und dem Vorbild Jesu in der Bibel richten wollen. Andere finden: Die Kirche muss offener werden. Auch für sie bleibt Jesus ein Vorbild. Doch sie sagen auch: Die Welt hat sich verändert.

Vor einiger Zeit sorgte „Maria 2.0“für viel Aufsehen. Sie befestigte­n an den Türen vieler katholisch­er Kirchen ein Papier mit Forderunge­n. Das Ganze nannten sie Thesen-Anschlag. Eine Forderung war, dass alle Menschen in der Kirche die gleichen Rechte haben sollten.

Der Thesenansc­hlag sorgte auch deshalb für so viel Aufsehen, weil es so etwas vor rund 500 Jahren schon einmal gegeben haben soll. Damals soll Martin Luther an der Kirche der Stadt Wittenberg seine Thesen angeschlag­en haben. Auch er wollte einige Dinge in der Kirche verändern.

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Foto: dpa Lisa Kötter, Mitinitiat­orin von „Maria 2.0“. Die Bewegung setzt sich für mehr Rechte für Frauen in der Kirche ein.

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