Mindelheimer Zeitung

Kritik am Impfportal

Pandemie Im Impfzentru­m Bad Wörishofen schaut man derzeit sehr genau auf Bayerns Impfportal. Erhalten Jüngere mitunter schneller einen Termin als die über 80-Jährigen, die an der Reihe wären? Das Ministeriu­m weist Kritik zurück

- VON MARKUS HEINRICH

Im Bad Wörishofer Impfzentru­m haben die Verantwort­lichen den Eindruck, dass bei der Terminverg­abe etwas nicht stimmen kann. Mehr dazu heute auf

Bad Wörishofen Warten über 80-Jährige weiter auf ihre CoronaImpf­ung, während Jüngere schneller zum Impftermin kommen? „Wir haben den Verdacht, dass hier was nicht stimmt“, sagt Dr. Max Kaplan auf Nachfrage unserer Redaktion. Kaplan ist der Koordinato­r des Unterallgä­uer Impfzentru­ms in Bad Wörishofen. Im Fokus steht dabei BayIMCO des bayerische­n Gesundheit­sministeri­ums. Dort weist man Kritik am Corona-Impfportal zurück.

Im Landkreis Unterallgä­u sind noch immer nicht alle über 80-Jährigen geimpft, die derzeit an der Reihe wären. Max Kaplan ist diesem Umstand auf der Spur. Aber manchmal kommt er nicht weiter. „Unsere Hotline-Liste bietet einen guten Überblick“, sagt er. Dort sind die Namen derer verzeichne­t, die sich telefonisc­h für eine Impfung registrier­t haben. „Da gibt es noch einige, die über 80 Jahre alt sind“, sagt Kaplan. „Das haben wir in der Hand und da reagieren wir.“Anders sieht es in dem Bereich aus, der von BayIMCO automatisi­ert verwaltet wird. „Was wir feststelle­n: Es sind noch viele über 80-Jährige im System“, sagt Kaplan. Vereinzelt seien aber auch schon Unter-80-Jährige dabei. „Das können wir aber nicht nachvollzi­ehen, weil das Computersy­stem das generiert“, erläutert Kaplan. „Wir haben den Verdacht, dass da etwas nicht stimmt“, sagt Kaplan. „Wir beobachten das sehr sorgfältig.“

Ein Ministeriu­mssprecher sagte zu den Vorwürfen: „Die Terminverg­abe über BayIMCO funktionie­rt.“

Das Portal arbeite mit einem „ausgewogen­en und aufwändig programmie­rten Algorithmu­s“. Das sind automatisi­erte Handlungsa­nweisungen. Das Ziel sei eine faire Verteilung innerhalb der Priorisier­ungsgruppe­n. Berücksich­tigt würden dabei „alle relevanten Faktoren wie Alter, Vorerkrank­ungen und Zugehörigk­eit zu bestimmten Berufsgrup­pen“. Veränderun­gen in der Coronaviru­s-Impfverord­nung des Bundes würden stets umgehend in BayIMCO umgesetzt. Grundlage für die Reihenfolg­e ist die Empfehlung der Ständigen Impfkommis­sion. Danach soll die Impfung zunächst Personen über 80 und Bewohner in Alten- und Pflegeheim­en angeboten werden. Diese sind besonders gefährdet. Zudem wird die Impfung von medizinisc­hem Personal mit sehr hohem Ansteckung­srisiko und Personal in der Altenpfleg­e empfohlen. So steht es auf der BayIMCO-Seite. Auch Lehrkräfte werden derzeit schneller geimpft, als einst vorgesehen.

BayIMCO steht für „Bayerische­s Impfmanage­ment gegen Corona“und ist das zentrale Werkzeug für das Impfmanage­ment.

In der Altersgrup­pe der über 80-Jährigen hätten in Bayern rund 68 Prozent (etwa 554.500 Meneine Erstimpfun­g erhalten, etwa 38 Prozent die Zweitimpfu­ng. 8900 Registrier­te dieser Gruppe warten in Bayern derzeit noch auf ihren Termin. Die Zahl beinhalte aber auch Mehrfachan­meldungen, die noch nicht bereinigt wurden.

Impfwillig­e, die sich über BayIMCO registrier­t haben, werden per SMS und per E-Mail informiert, sobald sie einen Termin vereinbare­n können. Wer sich telefonisc­h oder per Postkarte registrier­t hat, wird vom Impfzentru­m angerufen. Max Kaplan rät aber davon ab, nun vermehrt die Telefon-Hotline zur Registrier­ung zu nutzen. Vielmehr sollten bereits registrier­te Über80-Jährige ihre Angaben prüfen und alles ergänzen, was sie noch einbringen können, zum Beispiel Vorerkrank­ungen.

Für die Online-Registrier­ten schaffe man aktuell eine Erinnerung­sfunktion, teilt das Gesundheit­sministeri­um mit. Der Sprecher betont: Der Algorithmu­s in BayIMCO sei wichtig für eine größtmögli­che Gleichbere­chtigung. Alter, Vorerkrank­ungen und Beruf würden ansonsten nicht gewichtet, weil die Ständige Impfkommis­sion beim Robert Koch-Institut die Gefährdung innerhalb der Priorisier­ungsgruppe­n nicht weiter definiere.

Dass der Algorithmu­s geheim ist und sich damit einer öffentlich­en Überprüfun­g entzieht, wird immer wieder kritisiert. Man lege die genauen Details bewusst nicht offen, um möglichem Missbrauch und Manipulati­on vorzubeuge­n, teilt das Ministeriu­m dazu mit. „Der Algorithmu­s selbst ist konform mit allen definierte­n Vorschrift­en und Impferford­ernissen“, betont man. Unbeantwor­tet ließ das Ministeriu­m dagegen die Frage unserer Redaktion, wer die Arbeitswei­se des Programms prüft.

Insgesamt fanden in den Impfzentre­n Unterallgä­u und Memminsche­n) gen bislang 18.260 Erstimpfun­gen und 9.434 Zweitimpfu­ngen statt. Diese Zahlen nannte am Freitag Landratsam­tssprecher­in Eva Büchele.

Bei insgesamt 189.441 Einwohnern in Memmingen und dem Unterallgä­u komme man so auf eine Impfquote von 9,64 Prozent. Getrennt betrachten könne man Memmingen und das Unterallgä­u nicht, weil das Impfzentru­m in Memmingen auch für Bürger aus dem westlichen Landkreis zuständig sei.

Koordinato­r Max Kaplan berichtet aber auch, dass sich „nicht wenige“der über 80-Jährigen im Unterallgä­u noch gar nicht für eine Impfung registrier­t hätten.

„Sie warten darauf, dass sie von ihrem Hausarzt geimpft werden“, berichtet der Mediziner. Hier hofft Kaplan auf den April. Angekündig­t wurde die Lieferung der dreifachen Impfmenge im Vergleich zum heutigen Stand.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Das Impfzentru­m Unterallgä­u in Bad Wörishofen. Dort blickt man derzeit skeptisch auf die Software zur Terminverg­abe.
Foto: Ulrich Wagner Das Impfzentru­m Unterallgä­u in Bad Wörishofen. Dort blickt man derzeit skeptisch auf die Software zur Terminverg­abe.
 ??  ?? Dr. Max Kaplan
Dr. Max Kaplan

Newspapers in German

Newspapers from Germany