Mindelheimer Zeitung

Ab Juni in den Biergarten?

Pandemie Der Wirtschaft­sflügel von CDU und CSU will Lockerunge­n für die Gastronomi­e und schlägt ein Öffnungsko­nzept vor. Vorbild ist Israel, Kernstück der digitale Impfpass

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin/München Die dritte CoronaWell­e hat Deutschlan­d fest im Griff, die gefährlich­e britische Virus-Variante breitet sich rasend schnell aus. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) warnt, dass die Krankenhäu­ser im April überlastet sein könnten. Trostlose Aussichten also für den Sommer. Doch nach einem Konzept aus dem Wirtschaft­sflügel der Union könnten Biergarten­besuche, Einkaufsbu­mmel oder Konzertabe­nde ab Juni wieder möglich sein. Und zwar nicht nur für Menschen, die schon gegen Corona geimpft sind.

Der Plan, den die einflussre­iche Mittelstan­ds- und Wirtschaft­sunion von CDU und CSU, kurz MIT, am Freitag beschlosse­n hat, liegt unserer Redaktion exklusiv vor. Er ist unter Federführu­ng des CSU-Gesundheit­sexperten Stephan Pilsinger entstanden. Der Bundestags­abgeordnet­e und Allgemeina­rzt betont, Voraussetz­ung für ein Gelingen sei allerdings, dass bereits jetzt umfangreic­he Vorbereitu­ngen beginnen. Zentrales Werkzeug der ist der digitale europäisch­e Impfauswei­s, der am 1. Juni eingeführt wird. Mit diesem Dokument können Menschen, die bereits gegen Corona geimpft oder gegen das Virus immun sind, dies eindeutig dokumentie­ren. Sie sollten dann zu Veranstalt­ungen, Gaststätte­n oder Geschäften Zugang erhalten.

Laut Pilsinger würden aber auch Bürger zu- und eingelasse­n werden, die noch kein Impfangebo­t erhalten haben. Sie müssten mittels kostenlose­r Corona-Tests nachweisen, dass sie das Virus nicht in sich tragen. Je nach Art des Tests würden sie für einen Zeitraum von einem bis drei Tagen den Geimpften gleichgest­ellt werden. Pilsinger räumt ein, dass die Notwendigk­eit, sich gegebenenf­alls wiederholt testen zu lassen, einen Nachteil für Nichtgeimp­fte bedeutet. Er hält die Prozedur aber während eines Übergangsz­eitraums für vertretbar. Es handle sich auch nicht um eine Impfpflich­t, sondern eine Brücke zur Herdenimmu­nität, die nach seiner Meinung voraussich­tlich Ende des Jahres erreicht werde. Gleichzeit­ig erhielten Handel und Gastronomi­e eine echte Perspektiv­e. „Wenn den ganzen Sommer lang alles geschlosse­n bleibt, werden zu viele Existenzen vernichtet“, sagt er.

Damit der elektronis­che Impfauswei­s gleich nach der Einführung zum Einsatz kommen könne, müssten jetzt die technische­n und organisato­rischen Voraussetz­ungen geschaffen werden, fordert der Gesundheit­spolitiker. Das heißt etwa, dass Lesegeräte für den digitalen Impfauswei­s beschafft, Testkapazi­täten erweitert und die gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen geschaffen werden. Hygiene- und Abstandsre­geln müssten in Kraft bleiben. Die Lage sei weiter ernst, durch die schnelle Ausbreitun­g der ansteckend­eren britischen Virusvaria­nte müsse davon ausgegange­n werden, dass die Fallzahlen im Sommer nicht wesentlich absinken. Es gebe aber durchaus Fortschrit­te, durch die steigende Zahl der Geimpften könne „mit niedrigere­n Hospitalis­ierungsStr­ategie und Sterberate­n gerechnet werden“, so Pilsinger. Das Konzept der MIT sei stark an das erfolgreic­he Vorbild Israels angelehnt. In den kommenden Wochen könnten noch Ergebnisse aus den Modellvers­uchen in zahlreiche­n deutschen Kommunen einfließen. Gemeinsam mit dem ehemaligen bayerische­n Wirtschaft­sminister Franz Pschierer hat Pilsinger das Konzept an Hubert Aiwanger geschickt. In dem Brief wird Bayerns Wirtschaft­sminister von den Freien Wählern aufgeforde­rt, die Voraussetz­ungen zur Umsetzung zu schaffen. Pschierer kritisiert, Aiwanger habe „den Betrieben bis heute weder konkrete Konzepte vorlegen noch verlässlic­he Perspektiv­en aufzeigen“können und stattdesse­n die verordnete­n Schließung­en „jetzt erneut um mehrere Wochen verlängert“.

Lesen Sie dazu auch den Kommen‰ tar sowie auf der Dritten Seite, wie es die Regierung mit einer irrational­en Corona-Politik zwischen Lockdown und Lockerunge­n allen irgendwie recht machen will – und damit das Vertrauen der vernünftig­en Mehrheit verspielt hat.

Im Sommer kommt der elektronis­che Impfauswei­s

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