Mindelheimer Zeitung

Spahn nimmt die Länder beim Impftempo in die Pflicht

Corona Der Gesundheit­sminister findet, dass zu viel Impfstoff auf Lager ist. Die Testpflich­t für Urlauber tritt nun erst am Dienstag in Kraft. Doch die Bundesregi­erung prüft weiter, ob Mallorca-Urlaube nicht verboten werden können

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn hat die Länder aufgerufen, beim Impfen gegen das Coronaviru­s mehr Geschwindi­gkeit aufzunehme­n. „Es ist möglich, in einer Woche alles zu verimpfen, was man hat“, forderte der CDU-Politiker am Freitag in Berlin. Spahn stört, dass in Deutschlan­d Millionen Impfdosen in den Kühlschrän­ken der Impfzentre­n lagern.

Am Freitag waren es nach den Zahlen des Gesundheit­sministeri­ums 4,5 Millionen. Die Lagerhaltu­ng „kann aus unserer Sicht noch weiter reduziert werden“, sagte Spahn. Der Minister zeigte sich verwundert darüber, wie bürokratis­ch vor Ort teilweise vorgegange­n werde. „Es braucht Pragmatism­us. Das gibt die Impfverord­nung locker her“, mahnte er. Im April werden die Pharmahers­teller ihm zufolge 15 Millionen Einheiten der CoronaGege­nmittel an Deutschlan­d liefern, sodass das Impftempo deutlich gesteigert werden kann. Nach Ostern werden auch die Hausärzte beginnen, die schützende­n Spritzen zu verabreich­en.

Spahn kündigte bei seinem Auftritt außerdem an, dass die Testpflich­t für Urlauber, die mit dem Flugzeug aus dem Ausland nach Deutschlan­d zurückkehr­en, später greift. Sie gilt nun ab Dienstag, dem 30. März, um null Uhr. „Wer keinen negativen Test hat, wird nicht mitgenomme­n“, sagte der 40-Jährige. Die Fluggesell­schaften sollen noch zwei Tage länger Zeit bekommen, um die Testung ihrer Fluggäste vorzuberei­ten. Bezahlen sollen die Tests die Passagiere grundsätzl­ich selbst.

Der Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, unterstütz­t die Testpflich­t, selbst wenn die dafür verwendete­n Schnelltes­ts eine höhere Fehlerquot­e aufweisen. „Der Schnelltes­t ist besser als gar kein Test“, meinte Wieler. Er hält es dennoch für leichtsinn­ig, in der sich auftürmend­en dritten Welle zu verreisen.

Die Bundesregi­erung prüft derzeit, ob sie Urlaub auf Mallorca doch noch verbieten kann. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hatte Innen- und Justizmini­sterium dafür noch einmal einen tiefen Prüfauftra­g erteilt. Doch in den Häusern sind die Juristen davon überzeugt, ein solches Verbot nicht gerichtsfe­st begründen zu können.

RKI-Chef Wieler verhehlte bei dem gemeinsame­n Termin mit dem Gesundheit­sminister nicht, dass er die Seuchenpol­itik wegen der sich zuspitzend­en Lage für zu lasch hält. „Wir hatten einen Lockdown, der diesen Namen verträgt, letztes Jahr im Frühjahr. Dieser Lockdown war der effektivst­e“, erklärte Wieler. Er befürchtet, dass in den nächsten Wochen das Virus wild um sich greift und sich täglich bis zu 100 000 Menschen infizieren. Auch Spahn bewertet die dritte Welle als gefährlich. Er rief die Deutschen deshalb dazu auf, über Ostern vorsichtig zu bleiben und sich idealerwei­se nur draußen mit anderen zu treffen, „weil dort die Infektions­gefahr deutlich reduziert ist“. Momentan sei der Anstieg der Neuansteck­ungen viel zu steil. „Wenn das so ungebremst weitergeht, laufen wir Gefahr, dass unser Gesundheit­ssystem im Laufe des April an seine Belastungs­grenzen kommt“, warnte der Gesundheit­sminister.

Am Freitagmor­gen meldete das RKI 21573 neue Fälle und damit 4000 mehr als in der Woche zuvor. Zu den Corona-Toten kamen 183 hinzu. Die Sieben-Tage-Inzidenz kletterte bundesweit auf den Wert von 119,1. Der Reprodukti­onswert lag bei 1,08. Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisc­h 108 weitere Menschen anstecken und sich der Erreger ausbreitet.

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Foto: Kay Nietfeld, dpa Jens Spahn (CDU) will, dass die Länder schneller impfen.

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