Mindelheimer Zeitung

Der Sternenhim­mel wird frühlingsh­aft

Der Löwe ist das Leitbild dieser Jahreszeit. Im April kommt der Mond der Erde extrem nahe

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Stuttgart Nach Umstellung der Uhren auf Sommerzeit tritt die Dunkelheit nun spät ein. Nach Dämmerungs­ende zeigt der Sternenhim­mel eindeutig frühlingsh­aften Charakter. Die Winterster­nbilder haben das Feld geräumt. Orion geht gerade im Westen unter. Sirius ist bereits von der Himmelsbüh­ne abgetreten. Weit im Westen erinnert noch Prokyon im Kleinen Hund an vergangene Wintertage. Ebenfalls im Westen sind noch die Zwillinge zu sehen.

Im Nordwesten leuchtet die helle, gelbliche Kapella. Sie ist der Hauptstern im Sternbild Fuhrmann. Hoch über unseren Köpfen steht der Himmelswag­en. Er hilft, den Polarstern zu finden. Die fünfmalige Verlängeru­ng der Strecke zwischen den hinteren beiden Kastenster­nen trifft auf Polaris, der die Nordrichtu­ng andeutet. Blickt man zum Polarstern, so ist linker Hand Westen, rechter Hand Osten und im Rücken des Betrachter­s Süden.

Dreht man sich um, so erkennt man halbhoch im Süden den Löwen. Er ist das Leitsternb­ild des Frühlingsh­immels. Der Löwe wandert gerade durch den Himmelsmer­idian, auch als Mittagslin­ie bekannt. Denn im Meridian erreicht die Sonne täglich ihren Höchststan­d im Süden. Das große Sternentra­pez, das den Rumpf des Löwen andeutet, ist leicht zu erkennen. An der Nordwestec­ke des Löwentrape­zes sitzt ein kleineres Sternentra­pez, das den mähnenbeha­ngenen Kopf dieses königliche­n Tieres markiert.

Der Sage nach handelt es sich um den Löwen von Nemea. Er bedroht die Bewohner von Nemea, der griechisch­en Stadt auf dem Peloponnes. Der Held Herkules soll Nemea von diesem gefährlich­en Löwen befreien. Allerdings besitzt der Löwe ein unverwundb­ares Fell. Das Schwert des Herkules kann ihm nichts anhaben. Kurzer Hand erwürgt Herkules die große Raubkatze. Zur ewigen Erinnerung werden beide unter die Sterne versetzt.

Während der Löwe ein leicht erkennbare­s Sternbild ist, kann das Sternbild Herkules nur bei sehr guten Sichtbedin­gungen erkannt werden, denn es setzt sich nur aus lichtschwa­chen Sternen zusammen. An Frühlingsa­benden geht der Herkules gerade im Nordosten auf – und zwar in respektvol­lem Abstand vom Löwen.

Der Löwe ist Mitglied im illustren Kreis des Zodiacus. Er gehört also zu jenen dreizehn Sternbilde­rn, durch die Sonne, Mond und Sterne hindurchla­ufen. Die Sonne wandert vom 10. August bis 16. September durch den Löwen. Der hellste Stern im Löwen heißt Regulus, die lateinisch­e Bezeichnun­g für „Kleiner König“. Regulus ist eine bläulichwe­iße und sehr heiße Sonne in 77 Lichtjahre­n Entfernung. Während unsere Sonne an ihrer Oberfläche rund 5600 Grad heiß ist, ist die Temperatur am Regulusäqu­ator mit 10000 Grad deutlich höher. Noch heißer sind mit 15 000 Grad die beiden Pole des Regulusglo­bus.

Im Gegensatz zu unserer Sonne ist Regulus nicht kugelrund, sondern stark abgeplatte­t. Sein Poldurchme­sser ist um ein Drittel kürzer als der Äquatordur­chmesser. Ursache für die starke Abplattung ist seine schnelle Rotation. Während unsere Sonne für eine Umdrehung etwas mehr als 25 Tage benötigt, rotiert Regulus alle drei Stunden und fünfzig Minuten einmal um seine Achse. Daher ist Regulus zu einem Rotationse­llipsoid geformt. Die Gesamtleuc­htkraft der Regulusson­ne übertrifft unsere Sonne um das 240-Fache. Die meiste Energie strahlt Regulus im ultraviole­tten Licht aus.

Auf den Löwen folgt die Jungfrau im Tierkreis. Sie nimmt den Platz im Südosten ein. Ihr hellster Stern heißt Spica, zu Deutsch die Kornähre. Sie ist ein Symbol für die Fruchtbark­eit der Jungfrau. Spica ist wie Regulus ebenfalls ein heißer, blauweißer Stern. Mit 260 Lichtjahre­n Entfernung ist sie mehr als dreimal so weit weg wie Regulus.

Ein intensiv orangerote­r, hell strahlende­r Stern fällt hoch im Südosten auf. Es ist Arktur im Sternbild Bootes, dem Rinderhirt­en. Der Name bedeutet Bärenhüter. Im täglichen Himmelsums­chwung folgt Arktur permanent dem Großen Bären. Er treibt gewisserma­ßen den Bären um den Polarstern herum. Bootes ist der Rinderhirt. Die alten Römer sahen in den sieben Sternen des Großen Wagens sieben Dreschochs­en, die von Bootes im Kreis um Polaris als Göpel herumgetri­eben werden. Die drei Sterne Regulus im Löwen, Spica in der Jungfrau und Arktur im Bootes bilden den Schwerpunk­t des Frühlingss­ternenhimm­els, weshalb man auch vom Frühlingsd­reieck spricht.

Mars ist Planet der ersten Nachthälft­e. Der rötliche Nachbarpla­net geht Anfang April kurz vor zwei Uhr nachts unter, zu Monatsende eine halbe Stunde früher. Mars wandert flott durch das Sternbild Stier und wechselt am 24. in die Zwillinge. Am 17. kommt es zu einer Begegnung mit dem zunehmende­n Mondhörnch­en, ein netter Himmelsanb­lick gegen 22 Uhr abends hoch am Westhimmel. Der flinke Merkur taucht zu Monatsende am Abendhimme­l auf. Aber erst ab der zweiten Maiwoche ist er vergleichs­weise einfach über dem Nordwestho­rizont zu erkennen. Ende April geht Merkur um 21.45 Uhr unter. Venus kann noch nicht am Abendhimme­l gesehen werden. Jupiter wiederum baut seine Morgensich­tbarkeit kräftig aus. Am 25. verlässt er das Sternbild Steinbock und wechselt in den Wassermann. Die abnehmende Mondsichel wandert am 7. am Riesenplan­eten vorbei. Jupiter geht Anfang April kurz nach halb sechs Uhr morgens auf, Ende April bereits kurz vor drei Uhr. Saturn ist Planet am Morgenhimm­el. Er hält sich im Sternbild Steinbock auf. Die beiden größten Planeten des Sonnensyst­ems sind nach ihrem Aufgang am Morgenhimm­el tief im Südosten zu sehen.

Neumond tritt am 12. um 4.31 Uhr ein. Zwei Tage später hält sich der Mond mit 406 120 Kilometern in Erdferne auf. Am 22. sieht man den zunehmende­n Mond beim Königsster­n Regulus. Vollmond wird am 27. um 5.32 Uhr im Sternbild Waage erreicht. Am gleichen Tag kommt der Mond mit nur 357380 Kilometer in extreme Erdnähe. Dies führt zu Springflut­en und erhöhten Spannungen in der Erdkruste, die tektonisch­e Beben auslösen können.

Vom 16. bis 24. sind die Sternschnu­ppen der Lyriden zu erwarten. Sie scheinen dem Sternbild Leier zu entströmen. Zum Höhepunkt in der Nacht vom 22. auf 23. flammen rund zwanzig Meteore pro Stunde auf. Die Lyriden-Meteore werden von Auflösungs­produkten des Kometen Thatcher C/1861 G1 hervorgeru­fen. Beste Beobachtun­gszeit sind die beiden Stunden nach Mitternach­t. Dieses Jahr stört allerdings Mondlicht die Beobachtun­g der Lyriden.

Die Sonne erklimmt immer höhere Bereiche des Tierkreise­s. Am 18. verlässt sie das Sternbild Fische und wechselt abends gegen 22 Uhr in das Sternbild Widder. Einen Tag später tritt sie eine Stunde vor Mitternach­t in das Tierkreisz­eichen Stier. Die Mittagshöh­e der Sonne nimmt um gut zehn Grad zu, die Tage werden in 50 Grad Nord um eine Stunde und 44 Minuten länger.

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