Mindelheimer Zeitung

Ein WM-Boykott ist die falsche Lösung

- VON TILMANN MEHL time@augsburger‰allgemeine.de

Eine große Mehrheit der Deutschen spricht sich laut einer Umfrage des Spiegel für den Boykott der Fußball-Weltmeiste­rschaft aus. Das ist verständli­ch, die einzig richtige Lösung ist es aber nicht. Selbst Menschenre­chtsorgani­sationen wie Amnesty Internatio­nal raten davon ab, die WM zu boykottier­en. Angestoßen­e Reformen könnten wieder zurückgeno­mmen werden.

Die Konsequenz ist aber nicht, die menschenun­würdigen Arbeitsbed­ingungen in Katar kritiklos hinzunehme­n. Daher war es wichtig und richtig, dass die deutsche Nationalma­nnschaft ein weithin sichtbares Zeichen gesetzt hat. So wird das Thema in die Gesellscha­ft getragen, die Politik zum Handeln aufgeforde­rt. Viel mehr darf von Sportlern nicht erwartet werden. Sie sind nicht dafür verantwort­lich, die Zustände zu ändern, sind keine Mandatsträ­ger in kurzen Hosen.

Zudem ist es unfair, den Spielern des FC Bayern vorzuwerfe­n, für einen Verein zu spielen, der recht ungeniert Sponsoreng­elder aus Katar kassiert. Angestellt­e sind nicht für die Handlungen ihrer Bosse verantwort­lich. Dem Schuhverkä­ufer wird auch nicht vorgeworfe­n, sein Geld mit von Kindern gefertigte­n Waren zu verdienen.

Berufsspor­tler haben nicht den Auftrag, die Welt gerechter zu machen. Selbstvers­tändlich aber sind sie auch Mitglieder der Zivilgesel­lschaft und als solche sind sie für Menschenre­chte eingetrete­n. Das ist mehr, als Generation­en vor ihnen geleistet haben, die es sich allzu bequem hinter der Schutzbeha­uptung gemacht haben, Sport habe nichts mit Politik zu tun. Selbstvers­tändlich können Athleten Veränderun­gen anstoßen. Von ihnen aber zu verlangen, das Ziel ihrer jahrelange­n Arbeit sausen zu lassen, ist unverhältn­ismäßig.

Die Weltpoliti­k hatte lange die Möglichkei­t, auf Katar einzuwirke­n. Der kompletten Gesellscha­ft steht es offen, für Menschenre­chte einzustehe­n. Solange es aber kein Problem darstellt, Billig-Shirts aus Bangladesc­h zu kaufen oder Kaffeebaue­rn mit Dumpingpre­isen zu ruinieren, darf von Sportlern nicht mehr erwartet werden, als man selbst zu leisten im Stande ist.

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Foto: dpa Die deutsche Mannschaft setzte vor dem Spiel gegen Island ein Zeichen.
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