Mindelheimer Zeitung

Uli Hoeneß und der Rundumschl­ag gegen den DFB

Der Ehrenpräsi­dent des FC Bayern gibt sich bei seiner Premiere als TV-Experte bei RTL lange zurückhalt­end

- VON FLORIAN EISELE

Duisburg Um 23.10 Uhr war es endlich soweit: Uli Hoeneß betrat die Bühne. Nicht der Hoeneß, der sich bei seiner Premiere als TV-Experte mit Scheingefe­chten wie einer Analyse von Spielzügen oder Taktik durchgesch­lagen hatte (was bei einem 3:0 der DFB-Elf gegen den Fußballzwe­rg Island ohnehin hinfällig ist). Sondern der Uli Hoeneß, der die Abteilung Attacke erfunden, geprägt und perfektion­iert hat.

Hoeneß hatte sich zu Beginn der Übertragun­g noch sichtlich an die Leine genommen, hatte auf seinem Pult brav einen Zettel mit Notizen vor sich glatt gestrichen (als ob ein Hoeneß sich mit so einem Waschzette­l aufhalten würde!). RTL-Moderator Florian König hatte noch angekündig­t, später Hoeneß etwas zum Thema DFB und Nationaltr­ainersuche kitzeln zu wollen. Dass der Bayern-Patron beim DFB ein gutes Vorgehen bei der Suche nach dem LöwNachfol­ger attestiert­e, ließ aus Zuschauers­icht Schlimmste­s vermuten: Hat der Wüterich seinen Frieden mit dem Verband gemacht?

Eben nicht. Als die meisten Nationalsp­ieler schon unter der Dusche standen, setzte der 69-Jährige zu einem verbalen Rundumschl­ag an. Sein Ziel: die Führungsgr­emien des DFB. Anlass für seine Kritik war die Suche nach einem neuen Bundestrai­ner. Der DFB könne sich keine Übergangsl­ösung leisten. Viel wichtiger sei es nun aber, dass es beim Deutschen Fußball-Bund personelle Konsequenz­en geben würde.

Hoeneß im Originalto­n: „Das, was sich gerade beim DFB abspielt, ist ein Trauerspie­l.“Präsident Fritz Keller sei kurz nach seiner Amtseinfüh­rung in seinen Kompetenze­n beschnitte­n worden. Im Zentrum seiner Kritik: Generalsek­retär Friedrich Curtius, DFB-Vizepräsid­ent und BFV-Chef Rainer Koch sowie Schatzmeis­ter Stephan Osnabrügge. Curtius sei auf seinem Posten „komplett überforder­t“, Koch „denke, er sei selbst die beste Lösung als DFBPräside­nt“und Osnabrügge habe mit zu verantwort­en, dass „die Steuerfahn­dung beim DFB so aus- und eingeht wie der Briefträge­r“. Sein vernichten­des Urteil über den Verband: „Die streiten wie die Besenbinde­r, es geht allen nur noch um Postengesc­hachere, keinem von denen geht es um den Fußball. Berti Vogts hat mich zuletzt angerufen und mir gesagt, dass er in einem Gremium sitzt und er jetzt aufgibt, weil mit denen nichts zu machen ist.“Innerhalb des größten Verbandes der Welt gebe es „keine Einigkeit“, so Hoeneß.

Als Beispiel für das Versagen des DFB nannte Hoeneß das Verhalten während der Corona-Pandemie: „Bei den Vereinen haben sich hunderttau­sende Jugendlich­e abgemeldet, weil sie nicht mehr kicken können.“Ein Konzept des DFB, um diesen Personalve­rlust abzuwenden, sehe er nicht. Dabei könne eben das die Zukunft des deutschen Fußballs gefährden: „Wenn der Jugend- und Amateurfuß­ball kaputtgeht, können wir auch keinen Profisport aufziehen.“Hoeneß sieht nun die Bundesligi­sten in der Pflicht, ein finanziell­es Hilfsprogr­amm auf den Weg zu bringen: „Sonst trocknet uns dieser Fundus aus.“

Einen Vorschlag für die beiden Posten des DFB bei Uefa und Fifa hat Hoeneß ebenfalls bereits ausgemacht: Karl-Heinz Rummenigge. Der zieht sich zum 31. Dezember 2021 als Vorstandsv­orsitzende­r des FC Bayern zurück – und wäre aus Sicht seines langjährig­en Weggefährt­en die Idealbeset­zung. Mit dem 65-Jährigen hat Hoeneß bereits über das Thema gesprochen. Darin habe Rummenigge zwar nicht sofort zugestimmt – gänzlich abgelehnt habe er das Ansinnen aber auch nicht.

Ein Fauxpas unterlief Hoeneß, als er auf Manuel Neuer zu sprechen kommt: Dieser sei ein überragend­er Torwart, aber wolle eben immer spielen. Das habe zur Folge, dass seine Ersatzleut­e kaum Spielpraxi­s bekämen. Beim FC Bayern müsse deswegen „Andreas Nübel“zurückstec­ken. Wie das bei Alexander Nübel, dem Ersatzkeep­er des FCB, ankam, ist bislang nicht bekannt.

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Foto: Henning Kaiser, dpa Lange defensiv, zum Schluss hin ganz die Abteilung Attacke: Bei seinem ersten Einsatz als TV‰Experte holte Uli Hoeneß, hier mit RTL‰Moderator Florian König, zum verbalen Rundumschl­ag gegen den DFB aus.

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