Mindelheimer Zeitung

Pschierer auf dünnem Eis

- VON JOHANN STOLL johann.stoll@mindelheim­er‰zeitung.de

Franz Josef Pschierer ist ein Mann deutlicher Worte. Das ist in der Politik, wo Vieles weichgespü­lt scheint, grundsätzl­ich kein verkehrter Zug. Dann weiß man wenigstens, woran man ist.

Jetzt hat der Mindelheim­er Abgeordnet­e mal wieder einen rausgehaue­n. Anders mag man diese Polemik gegen Lehrer generell kaum beschreibe­n. Pschierer beließ es nicht dabei, die Präsidenti­n des Lehrerinne­n- und Lehrerverb­ands Simone Fleischman­n für ihren unangebrac­hten Ton gegenüber der Staatsregi­erung zu rüffeln. Er attackiert­e die Lehrer insgesamt als verwöhnt, faul und mit viel zu vielen Privilegie­n versehen.

Das ist unteres Stammtisch­niveau. Die Rahmenbedi­ngungen, unter denen Unterricht in Bayern stattfinde­t, hat ja die Politik geschaffen, und war über Jahrzehnte CSU-geprägt. Dass ausgerechn­et ein CSU-Politiker sich derart aus dem Fenster lehnt, ist schon erstaunlic­h. Und auch dass Lehrer Beamte sind, ist Idee der Politik. Da wagt sich einer auf ganz dünnes Eis, der über Jahre kein Problem darin gesehen hat, seine Frau mit Steuergeld­ern anzustelle­n. Wenn von Privilegie­n die Rede ist, dürften den meisten Menschen Politiker einfallen, die in schöner Regelmäßig­keit ihre Bezüge selbst anheben. Dazu kommt noch der aktuelle Maskenskan­dal.

Auch so mancher Zusatztopf gehört wie selbstvers­tändlich zum Politikerl­eben. Die Verwaltung­sräte der Sparkassen sind da besonders beliebt. Pschierer erhält dafür monatlich 664,35 Euro. Der Aufwand ist überschaub­ar. Sieben Sitzungen im Jahr plus einzelne Klausursit­zungen zu aktuellen Themen.

Statt verbaler Prügel verdienen die Lehrkräfte in der Corona-Zeit Anerkennun­g für ihren Einsatz. Wie in jedem Beruf mag es schwarze Schafe geben. Insgesamt aber versuchen sie, die Kinder so gut es geht durch die Pandemie zu lotsen. Der zeitliche Aufwand dafür ist immens. Lehrer pauschal derart zu verunglimp­fen wie das Pschierer tut, fällt auf den Absender zurück.

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