Zehn Fakten und Irrtümer über (Oster)Hasen
Natur Was sie überhaupt mit Ostern zu tun haben, warum sie keine Kaninchen sind, aber sich so vermehren und was man sonst noch über die Feldhasen wissen sollte, die durchs Unterallgäu hoppeln
Unterallgäu Mit der christlichen Lehre hat der Osterhase genauso viel oder wenig gemein wie der Weihnachtsmann. Trotzdem ist er hierzulande an Ostern nicht wegzudenken. Selbst in Zeiten einer Pandemie hoppelt er fröhlich durch die Gärten und verteilt bunte Eier. Warum der Feldhase auch außerhalb der Osterzeit ein interessanter Zeitgenosse ist, welche Irrtümer über ihn richtiggestellt werden sollten und wie es um seine Zukunft steht, erfahren Sie hier.
Häschen in der Grube
Was im Volksmund als Grube bezeichnet wird, nennt man korrekterweise „Sasse“. In dieser Erdmulde macht sich Meister Lampe tagsüber einen Lenz, seine kulinarischen Streifzüge macht er in der Regel erst abends. Den Weg zu seiner Ruhestätte geht er niemals direkt an, um etwaige Fressfeinde abzuschütteln.
Tausche Löffel gegen Brille
Der Feldhase hat durch seine seitlich am Kopf sitzenden Augen zwar ein großes Sehfeld, aber bei der Auflösung hat der Pixel-Gott leider gespart. Seinen mäßig ausgeprägten Sehsinn kompensiert Meister Lampe mit den sogenannten Löffeln. Die langen, wie Löffel anmutenden Ohren ermöglichen es ihm, Geräusche aus weiter Ferne wahrzunehmen und auf der Hut zu bleiben.
Häschen hüpf, Häschen hüpf
Was für uns wie ein unkoordiniertes Herumspringen aussehen mag, ist in Wahrheit eine ausgeklügelte Ablenkungsstrategie von Meister Lampe. Denn der Hase umkreist seine Sasse in weiten Bögen, schlägt Haken und macht erst am Ende einen großen Satz in die Erdmulde. Fressfeinde wie der Marder oder der Fuchs können dann mit dem Ofenrohr ins Gebirge schauen, da es schier unmöglich ist, der Duftspur des Hasen zu folgen.
Ein Hase ist kein Kaninchen …
Wer glaubt, einen Hasen als Haustier zu haben, irrt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit und hat stattdessen ein Kaninchen. Hasen sind keine Schmusetiere. Sie lieben die Freiheit und sind nicht domestizierbar. Zwar gehören Kaninchen und Feldhasen beide zur Familie der Hasenartigen, doch im Unterschied zum Kaninchen ist der Feldhase wesentlich größer und hat längere Ohren. Hasen bringen bis zu sechs Kilo auf die Waage, Kaninchen – wenn nicht zum Verzehr gezüchtet – nur zwei. Außerhalb der Paarungszeit ist der Feldhase ein Einzelgänger, während Kaninchen in Kolonien unter der Erde hausen.
… vermehrt sich aber wie eins
Bis zu viermal im Jahr können Feldhasen bis zu fünf Junge kriegen. Die Häsin hat zwei Gebärmütter, was ihr ermöglicht, erneut befruchtet zu werden, während der erste Wurf noch im Bauch heranwächst. Aufgrund seiner Fruchtbarkeit wurde der Hase zum Symbol des Lebens – und passt deshalb hervorragend zu Ostern. Volkskundlern zufolge versinnbildlicht er die erwachende Natur.
Mit Heckantrieb durchs Gelände
Bis zu 70 Kilometer pro Stunde bringt der Feldhase auf den Tacho, wenn er denn muss. Dabei dienen seine Vorderbeine lediglich als Lenkvorrichtung, denn wäre der Hase ein Auto, hätte er einen klassischen Heckantrieb. Seine Hinterbeine haben es mächtig in sich und sorgen für das schnelle Vorankommen.
Der Speiseplan
Während im Winter eher Brombeerbestände, Rinde und Zweige auf dem Speiseplan stehen, ernährt sich der Feldhase im Sommer am liebsten von Klee, Gräsern und Feldfrüchten. Meister Lampe ist also ein Veganer par excellence und braucht seine vielfältige KräuterApotheke, um ein wohliges Dasein zu führen.
Die Hasenscharte
Was bei Menschen als kosmetischer Makel gilt, ist beim Hasen ein Geniestreich der Natur. Die Oberlippe des Hasen ist zweigeteilt. Wenn er einen Zweig mit seinen Hasenzähnen angeht, kann er eine Hälfte der Lippe einfach wegklappen und ungehindert knabbern.
Harte Zeiten für Hasen
Anton Huber (69) aus Egelhofen, der vor dem Generationenwechsel einen Land- und Forsttechnikbetrieb führte und leidenschaftlicher Jäger ist, hat Mitleid mit dem Feldhasen. „Der Arme hat bei uns richtig zu kämpfen“, sagt Huber und verweist auf die intensive Landwirtschaft, unter deren Einsatz von Pestiziden der Feldhase stark leide. Ihm fehle zudem die natürliche Äsung, zu der auch Kräuter gehören, deren Bestand durch chemische Spritzmittel zunehmend zurückgeht. Dr. Hermann S. Walter, Leiter des Staatsforstbetriebs Ottobeuren, bestätigt dies, beteuert jedoch, dass es der Hase im Staatsforst vergleichsweise gut habe. Hier treffe Meister Lampe auf hervorragende Äsungs- und Deckungsverhältnisse. Entsprechend stabil seien die Bestände. Da der Verbiss durch den langohrigen Gesellen nicht tragisch ist, sei auch die Bejagung eher moderat.
Der Bund Naturschutz setzt sich für den Hasen ein und fordert von der Staatsregierung eine Ökologisierung der Agrarzahlungen, weniger Flächenverbrauch und eine konsequente Umsetzung des Volksbegehrens Artenvielfalt. Der ökologische Landbau verzichte auf Mineraldünger und chemische Spritzmittel, baue viele verschiedene Kulturen an und sehe Wildkräuter nicht nur als Unkraut an. All dies käme Meister Lampe sehr entgegen.
Dem Hasen helfen
Was kann man selbst für Meister Lampe tun? Konsumenten könnten ihren Beitrag zu verbesserten Lebensbedingungen für den Osterhasen leisten, erklärt der Bund Naturschutz, etwa, indem man Erzeugnisse aus ökologischem Landbau oder lokalen Naturschutzprojekten kauft, da dort die Artenvielfalt unterstützt wird. Wenn wir Menschen draußen unterwegs sind, sollten wir immer daran denken, dass wir uns im „Wohnzimmer“der Wildtiere bewegen und sich gerade ab dem Frühjahr überall in Wald, Feld und Flur „Tierkinderstuben“befinden, erklärt die Kreisjägerschaft Mindelheim. Ein alleinsitzender junger, unverletzter Hase ist meist nicht in Not. Ein unbedachtes Aufnehmen könnten ihn erst richtig in eine Notsituation bringen. Auch Hunde, die ungehemmt durch Feld und Wiesen tollen, können eine ernste Gefahr für Jungtiere aller Art darstellen. „Was für unseren Vierbeiner Spiel und Spaß bedeutet, versetzt das Wild sehr oft in Angst und Schrecken und führt nicht selten auch zum Tod“, so die Kreisjägerschaft. Es sollte daher für jeden Halter selbstverständlich sein, seinen Hund in Feld und Wald anzuleinen.