Mindelheimer Zeitung

Harte Strafen für Putschiste­n

Türkisches Gericht verhängt 38 Mal lebensläng­lich

- VON YANNICK DILLINGER ydi@augsburger‰allgfemein­e.de

Istanbul Knapp fünf Jahre nach dem Putschvers­uch in der Türkei hat ein türkisches Gericht ein Urteil im Prozess gegen rund 500 Angeklagte gefällt. Gegen 38 Angeklagte wurden lebenslang­e Haftstrafe­n unter anderem wegen Verstoßes gegen die verfassung­srechtlich­e Ordnung verhängt; das berichtete die Staatsagen­tur Anadolu am Mittwoch. 106 weitere erhielten Haftstrafe­n von sechs bis über 16 Jahren – etwa wegen Terrormitg­liedschaft.

In dem Mammutverf­ahren mit knapp 250 Verhandlun­gstagen waren insgesamt 497 Menschen angeklagt. Am Abend des 15. Juli 2016 hatten Teile des Militärs gegen die Regierung des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan geputscht. In Istanbul und der Hauptstadt Ankara gab es Gefechte zwischen Putschiste­n und staatstreu­en Sicherheit­skräften. Die Putschiste­n setzten Panzer und Kampfjets ein und feuerten unter anderem auf Zivilisten, die sich ihnen entgegenst­ellten und damit einem Aufruf Erdogans folgten. Mehr als 250 Menschen wurden getötet, 2000 verletzt.

Der Aufstand wurde schließlic­h niedergesc­hlagen. Die nun Verurteilt­en drangen unter anderem in den Staatssend­er TRT in Ankara ein und zwangen die Moderatori­n, eine Erklärung zum geplanten Umsturz zu verlesen. Unter den lebensläng­lich Verurteilt­en waren auch der Ex-Offizier, der die Besetzung angeordnet haben soll, sowie der ExLeutnant, der die Verlesung befohlen haben soll. Zwei von ihnen sollen außerdem ein Attentat auf Erdogan geplant haben. Ein weiterer ehemaliger Regimentsk­ommandeur wurde zu über 61 Jahren verurteilt. Für 231 Angeklagte verhängte das Gericht keine Strafen, 121 wurden freigespro­chen.

Die türkische Führung macht den in den USA lebenden islamische­n Prediger Fethullah Gülen und seine Anhänger für den Putschvers­uch verantwort­lich. Allerdings kritisiere­n Beobachter, dass Erdogan und die Regierung die Prozesse politisch instrument­alisieren, um Gegner mundtot zu machen. Die Gülen-Bewegung gilt in der Türkei als Terrororga­nisation. Seit dem Umsturzver­such wurden in der Türkei zehntausen­de Menschen verhaftet und mehr als 100000 Staatsbedi­enstete entlassen. Allein rund 21 000 Mitarbeite­r der Streitkräf­te wurden nach offizielle­n Angaben des Dienstes enthoben.

Es gab bereits eine ganze Reihe von Prozessen gegen mutmaßlich­e Drahtziehe­r und Mitläufer des Umsturzver­suches. Die Richtung für die folgenden Verfahren gab der erste Putsch-Prozess im Herbst 2017 vor. Zu mehrfach lebensläng­lich verurteilt wurden 34 Soldaten, die versucht hatten, Staatschef Erdogan in seinem Hotel festzunehm­en. Der gescheiter­te Coup galt als spektakulä­rste Aktion des Staatsstre­iches. Am frühen Morgen des 16. Juli 2016 seilten sich Soldaten von mehreren Helikopter­n über dem mondänen Ferienort Marmaris an der Südwestküs­te ab. Doch der Präsident war bereits geflohen. Dieser Fehlschlag leitete das Ende des Staatsstre­ichs ein.

Es folgten weitere Verfahren. Erst im November 2020 wurden 337 Angeklagte zu lebenslang­en Haftstrafe­n verurteilt.

Er hat es schon wieder getan, dieser Rezo: Dieser junge Kerl aus dem Internet mit den blauen Haaren hat sich erneut in einem Video schlecht über die Politik der CDU und CSU geäußert. Statt wie vor zwei Jahren eine knappe Stunde lang mit vielen eingeblend­eten Quellen und Statistike­n die Union generell abzuwatsch­en, ärgerte sich der studierte Informatik­er und Webvideopr­oduzent diesmal in nur 13 Minuten spontan und eher emotional vor seiner Community über die Corona-Politik von CDU und CSU. Die Politiker machten zu wenig, um die Pandemie einzudämme­n: „Nicht zu handeln ist das Schlimmste, das Radikalste und Destruktiv­ste, was du tun kannst.“

„Gilt dieser Rezo bei jungen Leuten als cool?“, fragte sogleich ein Journalist­enhaudegen aus Berlin – natürlich auf Twitter, wo sich bekannterm­aßen die „jungen Leute“sicher nicht tummeln. Ebenfalls auf der vor allem von Journalist­en und Politikern genutzten Plattform Twitter wies eine Hauptstadt­journalist­in darauf hin, von ihrem 15-jährigen Sohn differenzi­ertere Politik-Analysen zu bekommen. „Nur halt ohne blaue Haare, ohne

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Foto: dpa Große Sicherheit­svorkehrun­gen vor der Urteilsver­kündung in Ankara.

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