Mindelheimer Zeitung

Beichtvate­r und Pfarrherr von St. Justina

Jubiläum Vor 140 Jahren übernahm Pfarrer Sebastian Kneipp neben seinen Aufgaben im Kloster auch noch die Pfarrei von St. Justina als Pfarrherr

- VON HELMUT BADER

Bad Wörishofen Bei den zahlreiche­n Jubiläen, die Bad Wörishofen gerade feiern kann, ist es fast schon verständli­ch, dass manche davon beinahe übersehen werden. So war der gestrige 7. April ebenfalls ein denkwürdig­es Jubiläum. An diesem Tag im Jahre 1881, also genau vor 140 Jahren, übernahm Pfarrer Sebastian Kneipp neben seinen Aufgaben im Kloster auch noch die Pfarrei von St. Justina als Pfarrherr.

Sein Vorgänger im Amt, Michael Ziegler war am 31. Oktober 1880 gestorben und so lag die Nachfolge durch Kneipp nahe. Da Pfarrer Ziegler schon lange krank war, hatte er diesem bereits viele Aufgaben abgenommen. Ziegler war im übrigen exakt dieser Pfarrer, der damals in Stefansrie­d Kneipps Vater sagte: „Wenn Sebastian Pfarrer werden wolle und er 2000 Gulden übrig hätte, dann könne er das Vorhaben umsetzen.“Dass damit der Wunsch des Buben zunächst gestorben war und was daraus wurde, ist ja bekannt.

Doch ganz so einfach gestaltete sich die Übernahme der Pfarrei nicht, wie im Buch von Dr. Alfred Baumgarten nachgelese­n werden kann. Bezirksamt­mann Wilhelm Spengler aus Mindelheim hatte Kneipp ein „bedenklich­es“Zeugnis ausgestell­t. Dennoch war Kneipp durchaus auch woanders als Pfarrherr begehrt. Nicht zuletzt Türkheim hatte sich schon seit längerer Zeit erkundigt, ob diese Aufgabe für ihn einmal in Frage käme.

Doch Kneipps Verbindung­en reichten damals schon bereits nach München und zur Bezirksreg­ierung nach Augsburg. In München lag der Referent des 1. Kultusetat­s Dr. Anton Schmid krank darnieder. Dieser wiederum kannte Minister Dr. Lutz, der Kneipp für Wörishofen beim Regierungs­präsidente­n von Schwaben, Wilfried von Hörmann, empfahl. Dessen Sekretär hatte Kneipp persönlich kennengele­rnt. Auf einen „Wink von oben“wurde ein anderes Zeugnis ausgestell­t und von Hörmann ernannte Sebastian Kneipp zum Ortspfarre­r.

Wie ernst Kneipp auch diese neue Aufgabe nahm, lässt sich nicht zuletzt im Buch von Ludwig Burghardt, dem früheren Kurdirekto­r, nachlesen. Bereits ein Jahr nach der Übernahme, machte sich der neue Pfarrer an die Renovierun­g der Pfarrkirch­e. Geld dazu war kaum eines vorhanden, doch dies hielt ihn nicht ab. Er finanziert­e die Kosten großteils selber und bat von der Kanzel herab um Spenden: „Wer etwas geben will, sei herzlich willkommen, wer dies nicht will, soll den Mund halten“, so seine Worte. Auch eine einwöchige Mission stand gleich am Beginn seiner Amtszeit und später kümmerte er sich um die Erneuerung des Geläutes in St. Justina.

Wert legte der Pfarrherr sehr auf Pünktlichk­eit und wichtige Aufgaben wie Gottesdien­ste, Taufen, Trauungen oder Begräbniss­e führte er am liebsten selbst durch, obwohl durch seine Heilungsau­fgaben oft andere Geistliche vor Ort gewesen wären. Erst in späteren Jahren erhielt er einen Kaplan zur Unterstütz­ung.

Sein Aufgabenbe­reich war nämlich enorm geworden: Geistliche­r und wirtschaft­licher Leiter im Kloster, Pfarrer der 950-Seelengeme­inde, Religionsl­ehrer in Wörishofen und Türkheim, Vikar in Dorschhaus­en, Rammingen und Schlingen, sowie begehrter Fest- und Missionspr­ediger. Dies alles schaffte er neben seiner Betreuung der Kranken, deren Zustrom Ende der 1880erJahr­e ja enorm zunahm.

Nicht vergessen werden sollte in diesem Zusammenha­ng, dass Kneipp bei der Übernahme 1881 bereits 60 Jahre alt war. Doch seine Energie schien schier unerschöpf­lich, begann sein Tagwerk doch meist zwischen vier und fünf Uhr morgens und endete selten vor 10 Uhr abends.

„Wer etwas geben will, sei herzlich willkommen, wer dies nicht will, soll den Mund halten.“

Sebastian Kneipp

 ?? Foto: Helmut Bader ?? Sebastian Kneipp wurde später in seiner Kirche von St. Justina sogar auf einem Deckengemä­lde verewigt. Nach der Übernahme der Pfarrei wechselte Sebastian Kneipp seinen Wohnsitz in den Pfarrhof an der Hauptstraß­e.
Foto: Helmut Bader Sebastian Kneipp wurde später in seiner Kirche von St. Justina sogar auf einem Deckengemä­lde verewigt. Nach der Übernahme der Pfarrei wechselte Sebastian Kneipp seinen Wohnsitz in den Pfarrhof an der Hauptstraß­e.

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