Mindelheimer Zeitung

Ein Neustart zum Verzweifel­n

Corona Gabi Esser hat vor einem Jahr in Bad Wörishofen den Gummibärch­enladen eröffnet. Inzwischen steht sie mit dem Rücken zur Wand

- VON JOHANN STOLL

Bad Wörishofen Zwölf Jahre lang hat Gabi Esser in Mindelheim ihren Gummibärch­enladen aufgebaut, zuerst in der Kornstraße, dann in der Maximilian­straße. Mit ihrer sprühenden Energie hat sich die Geschäftsf­rau auch im Werbekreis engagiert. Vor einem Jahr wagte sie einen Neustart in Bad Wörishofen. Er hätte nicht unglücklic­her verlaufen können.

Das Sebastiane­um liegt neben ihrem Geschäft in der Kneippstra­ße, das Luitpold gegenüber und auch das Kurhaus ist nicht weit. Eigentlich beste Lage, die viel Laufkundsc­haft verspricht. Dennoch war das erste Jahr in der Kurstadt für Esser eine Katastroph­e. Die Corona-Pandemie

hat ihr fast das Wasser abgegraben. Inzwischen ist das Ladengesch­äft neben ihr auch leer. Die Boutique ist umgezogen. Ein Nachmieter mochte sich nicht finden lassen.

Gabi Esser ist eigentlich ein Mensch, der andere mitreißt, der Sorgen nicht so leicht an sich heranlässt. „Aber es gab Momente, da stand ich hinten im Laden vor dem Spiegel, und mir kamen die Tränen“, erzählt sie. Die Pacht ist mehr als doppelt so hoch wie in Mindelheim, die Hoffnungen auf besseren Umsatz haben sich aber bei Weitem nicht erfüllt.

Hinzu kommt: Sie hat einen Mietvertra­g über fünf Jahre unterschri­eben zu einer Zeit, als von Corona noch niemand etwas gewusst hat. Jeden Monat müssen die Fixkosten also bezahlt werden. „Wenn ich gewusst hätte, was da kommt, hätte ich diesen Schritt niemals getan“, sagt sie. Sie ist zwar mit dem Vermieter im Gespräch, ob nicht zumindest vorübergeh­end eine Mietminder­ung möglich ist. Noch sind sie sich aber nicht einig geworden.

Ursprüngli­ch wollte sie am 1. April 2020 in der Kneippstad­t loslegen. Da war dann aber schon Corona ein großes Thema und sie verschob den Start um einen Monat. Geholfen hat aber auch das kaum. Der erste

Lockdown würgte das zarte Pflänzchen ab. Nichts ging mehr. Vom Staat erhielt Esser einmalig 6000 Euro. Und jetzt für den Dezember 2020 könnten weitere 1306 Euro fließen. Der Betrag ist ihr in Aussicht gestellt worden. Das sind aber nicht mehr als ein paar Tropfen auf den heißen Stein. Die Kosten sind um ein Vielfaches höher.

Ihre Ersparniss­e sind inzwischen aufgezehrt. Zwei zeitweise angestellt­e Mitarbeite­r konnte sie nicht weiterbesc­häftigen. Die Familie lebt vom Einkommen ihres Mannes. Sie selbst kann keinen Euro mehr in die Familienka­sse beisteuern.

Weil Gummibärch­en als Lebensmitt­el gelten, darf das 47 Quadratmet­er große Geschäft geöffnet haben. Zwei Leute gleichzeit­ig dürfen mit FFP2-Maske ins Geschäft. Das Problem: Es sind zu wenige Gäste in Bad Wörishofen unterwegs. Hotels sind geschlosse­n, der Kurbetrieb ist lahmgelegt. Ihr Sortiment ist auch eher auf Geschenke und Mitbringse­l ausgelegt. Ohne Gäste geht das wenig.

Je länger die Krise dauert, desto mehr sind die Nerven angespannt.

Jeden Monat müssen die Fixkosten bezahlt werden

Das Vertrauen in die Politik ist massiv angeknacks­t

Da geht es Gabi Esser wie den meisten Einzelhänd­lern, Gastronome­n und Hoteliers. Mürbe macht sie und viele andere Einzelhänd­ler aber auch die Ungleichbe­handlung, die sie stark empfinden. Während Supermärkt­e und Discounter immer offen bleiben durften und Rekordumsä­tze erwirtscha­ftet haben, waren sämtliche Hygienekon­zepte des Einzelhand­els offenbar nicht gut genug, wie Esser kritisiert. „Bei den ganzen Beschlüsse­n fehlen mir die Perspektiv­en – für alle!“Das Vertrauen in die Politik ist bei ihr jedenfalls massiv angeknacks­t.

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Foto: Johann Stoll So hatte sich Gabi Esser den Start ihres Gummibärch­enladens in der Kneippstra­ße in Bad Wörishofen nicht vorgestell­t. Die Co‰ rona‰Krise hat ihr inzwischen fast das Wasser abgegraben.

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