Ein Neustart zum Verzweifeln
Corona Gabi Esser hat vor einem Jahr in Bad Wörishofen den Gummibärchenladen eröffnet. Inzwischen steht sie mit dem Rücken zur Wand
Bad Wörishofen Zwölf Jahre lang hat Gabi Esser in Mindelheim ihren Gummibärchenladen aufgebaut, zuerst in der Kornstraße, dann in der Maximilianstraße. Mit ihrer sprühenden Energie hat sich die Geschäftsfrau auch im Werbekreis engagiert. Vor einem Jahr wagte sie einen Neustart in Bad Wörishofen. Er hätte nicht unglücklicher verlaufen können.
Das Sebastianeum liegt neben ihrem Geschäft in der Kneippstraße, das Luitpold gegenüber und auch das Kurhaus ist nicht weit. Eigentlich beste Lage, die viel Laufkundschaft verspricht. Dennoch war das erste Jahr in der Kurstadt für Esser eine Katastrophe. Die Corona-Pandemie
hat ihr fast das Wasser abgegraben. Inzwischen ist das Ladengeschäft neben ihr auch leer. Die Boutique ist umgezogen. Ein Nachmieter mochte sich nicht finden lassen.
Gabi Esser ist eigentlich ein Mensch, der andere mitreißt, der Sorgen nicht so leicht an sich heranlässt. „Aber es gab Momente, da stand ich hinten im Laden vor dem Spiegel, und mir kamen die Tränen“, erzählt sie. Die Pacht ist mehr als doppelt so hoch wie in Mindelheim, die Hoffnungen auf besseren Umsatz haben sich aber bei Weitem nicht erfüllt.
Hinzu kommt: Sie hat einen Mietvertrag über fünf Jahre unterschrieben zu einer Zeit, als von Corona noch niemand etwas gewusst hat. Jeden Monat müssen die Fixkosten also bezahlt werden. „Wenn ich gewusst hätte, was da kommt, hätte ich diesen Schritt niemals getan“, sagt sie. Sie ist zwar mit dem Vermieter im Gespräch, ob nicht zumindest vorübergehend eine Mietminderung möglich ist. Noch sind sie sich aber nicht einig geworden.
Ursprünglich wollte sie am 1. April 2020 in der Kneippstadt loslegen. Da war dann aber schon Corona ein großes Thema und sie verschob den Start um einen Monat. Geholfen hat aber auch das kaum. Der erste
Lockdown würgte das zarte Pflänzchen ab. Nichts ging mehr. Vom Staat erhielt Esser einmalig 6000 Euro. Und jetzt für den Dezember 2020 könnten weitere 1306 Euro fließen. Der Betrag ist ihr in Aussicht gestellt worden. Das sind aber nicht mehr als ein paar Tropfen auf den heißen Stein. Die Kosten sind um ein Vielfaches höher.
Ihre Ersparnisse sind inzwischen aufgezehrt. Zwei zeitweise angestellte Mitarbeiter konnte sie nicht weiterbeschäftigen. Die Familie lebt vom Einkommen ihres Mannes. Sie selbst kann keinen Euro mehr in die Familienkasse beisteuern.
Weil Gummibärchen als Lebensmittel gelten, darf das 47 Quadratmeter große Geschäft geöffnet haben. Zwei Leute gleichzeitig dürfen mit FFP2-Maske ins Geschäft. Das Problem: Es sind zu wenige Gäste in Bad Wörishofen unterwegs. Hotels sind geschlossen, der Kurbetrieb ist lahmgelegt. Ihr Sortiment ist auch eher auf Geschenke und Mitbringsel ausgelegt. Ohne Gäste geht das wenig.
Je länger die Krise dauert, desto mehr sind die Nerven angespannt.
Jeden Monat müssen die Fixkosten bezahlt werden
Das Vertrauen in die Politik ist massiv angeknackst
Da geht es Gabi Esser wie den meisten Einzelhändlern, Gastronomen und Hoteliers. Mürbe macht sie und viele andere Einzelhändler aber auch die Ungleichbehandlung, die sie stark empfinden. Während Supermärkte und Discounter immer offen bleiben durften und Rekordumsätze erwirtschaftet haben, waren sämtliche Hygienekonzepte des Einzelhandels offenbar nicht gut genug, wie Esser kritisiert. „Bei den ganzen Beschlüssen fehlen mir die Perspektiven – für alle!“Das Vertrauen in die Politik ist bei ihr jedenfalls massiv angeknackst.