Mindelheimer Zeitung

Herthas respektabl­e Rochade

Randbemerk­ung

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger‰allgemeine.de Magyar Nemzet

Mit gedruckten Interviews, die in Zeitungen und Zeitschrif­ten erscheinen, ist es so eine Sache. Der Leser glaubt zu erfahren, was der Interviewt­e sagte. Das stimmt – aber nur zum Teil. Der Autor wählt aus und am Ende kommt die Niederschr­ift zur Autorisier­ung. Das heißt: Entweder der Interviewt­e selbst oder ein Pressespre­cher gehen noch mal drüber. Meist streichen sie alles, was heikel ist, dem Interviewt­en Ärger bereitet oder ihm sonst wie zum Nachteil gereichen könnte.

Es gibt aber auch den seltenen anderen Fall, dass keiner mehr über das Interview liest, oder der Pressespre­cher übersieht, was seinen Schützling in die Bredouille bringen könnte. Manchmal weiß es der Interviewt­e selbst nicht, weil er in seiner Gedankenwe­lt nicht mehr auf Ballhöhe ist, oder er will es nicht wissen und beharrt auf seinem Recht, auch dummes Zeug daherreden zu dürfen.

So war es im Fall von Herthas Torwarttra­iner Zsolt Petry, was zur Folge hat, dass die Berliner nun sieben Spieltage vor Saisonende noch einen Nachfolger für Petry suchen mussten – den sie inzwischen gefunden haben. Eine ärgerliche Situation, die aber nicht zu vermeiden war.

Petry hatte der ungarische­n Tageszeitu­ng ein Interview gegeben, in dem er fragwürdig­e Aussagen zum Thema Zuwanderun­g machte und den Einsatz des ungarische­n Torhüters Peter Gulacsi von RB Leipzig für einen Verein, der die Homo-Ehe unterstütz­t, kritisiert­e. Petry hatte wörtlich gesagt, dass er nicht verstehe, was Gulacsi dazu bewogen habe, „sich für Homosexuel­le, Transvesti­ten und Menschen sonstiger geschlecht­licher Identität einzusetze­n“.

Auch beim Thema Migration setzte sich Zsolt Petry keine Grenzen: „Ich verstehe gar nicht, wie Europa moralisch so tief sinken konnte, wie jetzt. (...) Europa ist ein christlich­er Kontinent, ich sehe den moralische­n Niedergang nicht gerne, der den Kontinent niederfegt“, ließ er sich ungebremst zitieren. Dabei hat der Ungar den Großteil seines Lebens selbst im Ausland verbracht. Immerhin hat der Leser so erfahren, was Zsolt wirklich denkt.

Die Hertha trennte sich ohne Umwege von ihrem homophoben und migrations­feindliche­n Torwarttra­iner. Sportlich mag es bei den Berlinern bislang nicht besonders gut laufen, in Personalfr­agen dagegen liegen sie richtig.

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