Endlich wieder Gottesdienst
Glaube Seit Corona ist es keine Selbstverständlichkeit, dass sich die Gläubigen treffen. In der Seniorenresidenz Maximilian ist jetzt wieder ein Stück Normalität zurück. Was das den Senioren bedeutet
Bad Wörishofen Es ist viel von Hoffnung die Rede, als Diakon Filip Bäder an diesem Donnerstag in der Seniorenresidenz Maximilian einen Gottesdienst feiert. Dass in einer Unterkunft für Senioren überhaupt ein Gottesdienst gefeiert wird, wäre in normalen Zeiten im christlich geprägten Bayern eine Selbstverständlichkeit gewesen.
Nach einem Jahr der strengsten Abschottung von Alten- und Seniorenheimen ist es eine hervorzuhebende Besonderheit. Über Monate hinweg hatte Filip Bäder im Freien, vor den Bad Wörishofer Senioreneinrichtungen, Gottesdienste gefeiert, die Bewohnerinnen und Bewohner hatten von Balkonen oder am Fenster die Gottesdienste mitgefeiert. „Das war sehr schön“, erinnert sich eine Bewohnerin der Residenz Maximilian.
Einmal hätte sogar der Mindelheimer Trompeter Johannes Steber Weihnachtslieder gespielt. Roswitha Kreutzer oder Karl Stepper gestalteten die Freiluftgottesdienste musikalisch. Dass nun oft das Wort Hoffnung fällt, liegt auch an den österlichen biblischen Texten, die eine Bewohnerin im Gottesdienst verliest. Diakon Filip Bäder erklärt, dass die Jünger dem Auferstehungsereignis zunächst nicht so recht trauen konnten. „Sie wollten es erleben“, sagt er.
Sie hätten Zeichen der Gegenwart gebraucht. „Beim Brotbrechen haben sie erlebt, der Auferstandene ist keine Illusion“, erklärt Diakon Bäder und versucht, den Senioren Hoffnung zu machen. Mehr noch: Er ermutigt das gute Dutzend an Gottesdienstteilnehmern, selbst „Zeugen der Hoffnung“zu sein. Filip Bäder erklärt seine Anliegen: „Wir brauchen in diesen Tagen der Pandemie auch gute Nachrichten.“Er wolle den Menschen Mut machen.
Dazu eignen sich die österlichen Aussagen. Allein schon den Besuch des jungen Diakons und das Ereignis des Gottesdienstes begrüßen die vergleichsweise rüstigen Senioren, die am Gottesdienst teilnehmen können. Seit über einem Jahr fehlen den Heimbewohnern die Feiern der großen Feste mit musikalischer Begleitung.
Es geht ihnen die Geselligkeit ebenso ab, wie der lockere und unbeschwerte Umgang mit Angehörigen, Freunden und Bekannten. Umso mehr ist die Feier des Gottesdienstes für viele ein Höhepunkt im Alltag, der nach wie vor von größter Vorsicht, oft auch von Angst und
Sorge vor einer Corona-Infektion geprägt ist.
Um Ansteckungen zu vermeiden, legen Diakon Filip Bäder von der Pfarreiengemeinschaft Bad Wörishofen und Einrichtungsleiter Jürgen Stegmann auf größtmögliche Hygiene Wert. „Ich betrete die Senioreneinrichtungen nur, wenn ich einen aktuellen negativen Coronatest vorlegen kann“, betont Bäder. Von den Bewohnerinnen und Bewohnern der Seniorenresidenz seien inzwischen fast neunzig Prozent geimpft, teilt Stegmann mit und erinnert sich an die professionelle Durchführung der Impfungen im „Maximilian“, wofür er das Bad Wörishofer Impfzentrum in höchsten Tönen lobt.
Die hohe Impfquote unter den Senioren erlaube manche Freiheiten, zum Beispiel die Feier von Gottesdiensten. „Zwischen den Angehörigen und unseren Senioren können wir einen geregelten und einen gelenkten Kontakt wieder zulassen“, sagt der Einrichtungsleiter und weist darauf hin, dass sämtliche Pflegeeinrichtungen weiterhin sehr wachsam und vorsichtig bleiben müssten.
Er bedauert es, dass sich bislang weniger als 50 Prozent seines Personals impfen lassen habe. Die noch schleppende Impfbereitschaft führt Stegmann auf kursierende Gerüchte, Falschinformationen, aber auch die seltenen schweren Nebenwirkungen bei der Verimpfung des Impfstoffs des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca zurück. Der Bad Wörishofer Einrichtungsleiter begegnet den Einwänden von Impfskeptikern mit offenen Gesprächen, in denen er um Vertrauen für das Impfen wirbt. Außerdem weist er auf seriöse Quellen und Informationen hin – zum Beispiel auf die Internetseiten des Paul-EhrlichInstituts und des Robert-Koch-Instituts.
Der Leiter des „Maximilian“versteht das Impfen als einen „Dienst an der Herdenimmunität und an den konkreten Mitmenschen.“Stegmann selbst weiß um die unvergleichbar höheren Gefahren, die mit einer Corona-Infektion verbunden sind.
Seit November leitet er das Maximilian in Bad Wörishofen, weil er als gebürtiger Kemptener wieder ins Allgäu wollte. Zuvor hatte er in einer dramatischen Situation aushelfen müssen. In einer Einrichtung hatte sich ein Großteil der Senioren und des Personals infiziert. Manche seiner einstigen Mitarbeiterinnen litten noch nach einem Jahr unter den Langzeitfolgen ihrer Infektion. Eine frühere Mitarbeiterin sei bis heute arbeitsunfähig. „So eine Situation möchte ich nie wieder erleben“, warnt Stegmann mit Blick auf seine tragischen Erlebnisse und begründet gleichzeitig die behördlich angeordnete Vorsicht.
Angehörige dürfen nach wie vor nur mit negativem Testergebnis die Senioreneinrichtung betreten. Die Besucher müssen, ebenso wie die Bewohner, durchgehend medizinische Masken oder FFP-2-Masken tragen. Besuche dürfen nur hinter einer Plexiglaswand in der Besucherecke empfangen werden. Da die Infektion nicht nur über Tröpfchen, sondern auch über Aerosole, also kleinste Partikel, die jeder Mensch
„Wir brauchen in diesen Tagen der Pandemie auch gute Nachrichten.“
Diakon Filip Bäder
über die Atmung in die Luft freisetzt, geschehe, hält Stegmann die Kombination aus Maskenpflicht, Abstand, Lüften und Hygienemaßnahmen für die einzig sinnvolle Prävention.
Dass es im „Maximilian“bislang keinen Coronaausbruch gegeben hat, gibt dem Einrichtungsleiter recht. Stegmann und Eva Ehrhart, die Pflegedienstleiterin, wissen aber, dass sie jeden Tag aufs Neue auf das Verantwortungsbewusstsein und das Mitmachen aller Bewohner, der Besucher und des ganzen Personals angewiesen sind. Hoffnung macht dem gelernten Krankenpfleger die Perspektive, dass diese besonders für den Pflegebereich in Heimen und Krankenhäusern schwere Zeit irgendwann überstanden sein wird.
Deswegen denkt er zusammen mit Diakon Filip Bäder bereits über die Zukunft nach. Stegmann will im „Maximilian“einen Gebetsraum errichten, einen Ort der Hoffnung: „Einen Rückzugsraum für die persönliche Andacht würden wir uns nicht nur für unsere Bewohner wünschen.“