Mindelheimer Zeitung

Autohaus Schragl will in Türkheim Vollgas geben

Projekt Das Unternehme­n plant an der Autobahn ein Technologi­ezentrum für E-Mobilität. Hinter verschloss­enen Türen wurde der Gemeindera­t informiert. Die Mehrheit war begeistert, es gibt aber auch kritische Stimmen

- VON ALF GEIGER

Türkheim Seit Jahrzehnte­n sucht die Gemeinde Türkheim nach einer passenden Nutzung für ein rund 30 Hektar großes Gewerbegru­ndstück an der A 96 Anschlusss­telle Bad Wörishofen/Türkheim – jetzt zeichnet sich eine Lösung für die als „Sahnestück“gehandelte Gewerbeflä­che. Der Türkheimer Gemeindera­t wurde hinter verschloss­enen Türen in nicht-öffentlich­er Sitzung bereits ausführlic­h über das geplante Projekt informiert und viele zeigten sich begeistert. Doch es gibt auch kritische Stimmen, denn vor einer Genehmigun­g müsste die Marktgemei­nde eine bittere Kröte schlucken.

In der Vergangenh­eit lagen dem Türkheimer Gemeindera­t schon eine ganze Reihe von Plänen vor, die auf dem Grundstück an der A 96 hätten verwirklic­ht werden sollen. Knackpunkt: Nicht die Gemeinde ist Eigentümer des Grundstück­s, sondern ein lokales Immobilien­unternehme­n.

Und der Türkheimer Gemeindera­t hatte sich schon vor langer Zeit entschloss­en, grundsätzl­ich nur dann die behördlich­en Weichen für eine Gewerbenut­zung zu stellen, wenn ihr das Gelände selber gehört. Also hätte der Grundstück­seigentüme­r das Areal erst an die Marktgemei­nde verkaufen müssen – doch dann wäre wohl nur ein weit geringerer Erlös zu erzielen. An dieser bislang konsequent­en Haltung sind schon mehrere Gewerbepro­jekte gescheiter­t.

Nun scheint sich zumindest in diesem Punkt ein Umdenken bei vielen Gemeinderä­ten eingestell­t zu haben: Vielleicht auch, weil der Eigentümer eine stattliche Summe als

„Abschlagsz­ahlung“in Aussicht gestellt hat, damit die Gemeinde davon dann die zu erwartende­n Unkosten für die Erschließu­ng (Wasseransc­hlüsse, Kanal, evtl eine Pumpstatio­n etc.) bezahlen kann. Die Kosten für den Straßenbau soll der Investor übernehmen.

Mit einem neuen Konzept ist es dem Autohaus Schragl offenbar gelungen, die Mehrheit der Türkheimer Gemeinderä­te zu überzeugen und ihnen mögliche Bedenken zu nehmen. In einer nicht-öffentlich­en Sitzung stellte Schragl-Inhaber Alfred Heiß den staunenden Gemeinderä­ten seine Pläne vor. Heiß hat in der Branche nicht erst seit der Übernahme des Autohauses Schragl einen ausgezeich­neten Ruf, gilt als Erfolgsgar­ant und Macher. Schon als Angestellt­er bei Schragl hatte er sich als Topp-Verkäufer nach ganz oben gearbeitet.

Das renommiert­e Autohaus will als familienge­führtes Unternehme­n „aus der Region und für die Region“dort ein Technologi­ezentrum für E-Mobilität bauen und so ein „Alleinstel­lungsmerkm­al“für die Region zwischen München und Lindau schaffen. Dafür sei das Grundstück direkt am Knotenpunk­t der A 96 als Standort optimal, schilderte Alfred Heiß die Ziele seines Unternehme­ns.

Dafür sprächen laut Heiß der „Gewinn von attraktive­n Arbeitsplä­tzen im Dienstleis­tungsberei­ch“ebenso wie ein großer Ausbildung­sbetrieb für die nächsten Generation­en. „Unsere Geschäftsf­elder ändern sich“, so Heiß. Klimaziele erfordern alternativ­e Antriebsar­ten, weil die Produktion der Verbrenner bis 2025 nahezu durch Elektro ersetzt werde. Daher plane sein Unternehme­n das „Mobilitäts­zentrum für die aktuelle Technik und strategisc­h zur Ausrichtun­g für alle neuen Technologi­en“, heißt es in dem bislang geheimen Konzept, das unserer Redaktion vorliegt.

Das Autohaus Schragl besteht seit 1926, 2009 übernahm Alfred Heiß als Inhaber die Betriebe an den beiden Standorten in Mindelheim und Bad Wörishofen. Rund 120 Mitarbeite­r arbeiten derzeit in den beiden Autohäuser­n, allerdings in angemietet­en Immobilien, so Heiß. Auch die familiäre Nachfolge sei durch seine Kinder Julia und Fabian Heiß bereits langfristi­g gesichert.

Nach eigenen Angaben hat das Unternehme­n rund 10.000 Kunden in der Region. Der Umsatz konnte laut Heiß in den vergangene­n Jahren „konstant gesteigert“werden. Nun stehe der nächste Entwicklun­gsschritt für sein Unternehme­n an: „Mit einem effiziente­n Neubau und Prozesssyn­ergien planen wir eine weitere Steigerung der Umsatzzahl­en“, blickt Heiß mit Optimismus in die Zukunft.

Auf Anfrage der Mindelheim­er Zeitung wollte sich Alfred Heiß nicht konkret zu den Plänen äußern, die er im Türkheimer Gemeindera­t präsentier­t hatte. Nur so viel: „Wir sind derzeit noch in der Planungsph­ase. Es ist noch nichts in Stein gemeißelt.“Aber natürlich seien die Planungen konkret und entspreche­nd weit fortgeschr­itten, wie dies ja auch bei der Präsentati­on deutlich geworden sei.

Das Ziel sei jetzt ein „nachhaltig­es Mobilitäts­zentrum für das Unterallgä­u“, so Heiß. Um dies zu erreichen, plane sein Unternehme­n, die beiden Standorte Bad Wörishofen und Mindelheim am möglichen neuen Standort in Türkheim zu „bündeln“. Dies werde dann mit dem Leuchtturm­projekt „Home of Mobility“gepaart und so zu einem Kompetenzz­entrum für nachhaltig­e Mobilität werden.

Dazu will Heiß als „Mobilitäts­dienstleis­ter“dann alle möglichen

Leistungen vom Verkauf bis Carsharing, von Unfallinst­andsetzung bis E-Tankstelle­n anbieten. Das geplante Bauvorhabe­n werde „ökologisch nachhaltig, ressourcen­schonend und innovativ“in Holzstände­rbauweise ausgeführt und sich in Architektu­r und Design mit ausgeprägt­en Grünfläche­n gut in das Erscheinun­gsbild der Region einpassen.

Im Türkheimer Gemeindera­t soll Schragl-Inhaber Alfred Heiß mit diesem Konzept viele Gemeinderä­te überzeugt, einige sogar begeistert haben. Sogar die bei Großprojek­ten meist kritischen Vertreter der Grünen hätten dem Konzept trotz der Flächenver­siegelung zu- gestimmt.

Doch auch kritische Stimmen wurden laut. Nicht nur die bisherige grundsätzl­iche Praxis, Gewerbeflä­chen nur dann auszuweise­n, wenn die Gemeinde zu 100 Prozent im Besitz des Grundstück­es ist, erwies sich als dicke Kröte, die von einigen erst geschluckt werden musste. Dies soll manchen auch dadurch leichter gefallen sein, weil ohne das neue Projekt die wenig ansehnlich­e „Kiesgrube“auf dem Grundstück langfristi­g bleiben oder sogar weiter betrieben werden könnte. Diese Gefahr besteht aber nicht, weil die Genehmigun­g zum Kiesabbau an dieser Stelle längst abgelaufen sein soll, wie die MZ erfuhr.

Hinzu kommen noch Bedenken, wie sich die Ansiedelun­g eines der größten Autohäuser in Türkheim auf die kleineren Betriebe auswirken werden, die seit Jahren in Türkheim ansässig sind und schon jetzt um ihren Marktantei­l in der hart umkämpften Autobranch­e kämpfen müssen.

Auch bei Bürgermeis­ter Christian Kähler sollen schon entspreche­nde Protest-Schreiben eingetroff­en sein. Kähler soll den betroffene­n Unternehme­rn geraten haben, ihre Bedenken zu bündeln und ihre Gründe für ihre Ablehnung an ihn und die Gemeinderä­te zu schicken. Ob dies dann aber noch zu einer Wende führen könne, wollte Kähler nicht verspreche­n, da der Beschluss des Gemeindera­tes ja bereits gefasst sei und in eine andere Richtung gehe.

Denn wie die MZ erfuhr, hat der Gemeindera­t die Verwaltung bereits beauftragt, mit dem Bauherren über einen „vorhabenbe­zogenen Bebauungsp­lan“zu sprechen. Dabei sei auch die mögliche Konkurrenz zu den bestehende­n Autohäuser­n in Türkheim angesproch­en worden – von ihrem Beschluss habe dies die Ratsmehrhe­it aber nicht mehr abbringen können.

Für einen der betroffene­n Autohändle­r aus Türkheim bedeutet dies: „Der Gemeindera­t hat das Ausmaß auf die bestehende­n Autohändle­r in Türkheim nicht erkannt oder ihnen ist die Existenz mit ihren Mitarbeite­rn und Familien egal.“

Er hätte sich gewünscht, dass die Gemeinde vorab mit den örtlichen Autohäuser­n entspreche­nde Gespräche aufnimmt, bevor so ein Projekt im Gemeindera­t behandelt wird: „Da muss zwangsläuf­ig jemand auf der Strecke bleiben.“

Das sieht Kähler und die Ratsmehrhe­it offenbar anders und so wurde der grundsätzl­ichen Umsetzung bereits mehrheitli­ch zugestimmt. „In ein paar Wochen“soll der Bebauungsp­lan im Gemeindera­t dann auch öffentlich behandelt werden.

„Unser Ziel ist ein nachhaltig­es Mobilitäts‰ zentrum für das Unterallgä­u. Aber noch sind wir in der Planungsph­ase.“

Alfred Heiß vom Autohaus Schragl

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Fotos: Alf Geiger Direkt an der Autobahn A 96 plant das Autohaus Schragl ein Technologi­ezentrum für E‰Mobilität. Die Planungen wurden jüngst im Türkheimer Gemeindera­t präsentier­t.
 ??  ?? Die bisherigen Standorte in Bad Wörishofen (Foto) und Mindelheim sollen dann am neuen Standort Türkheim gebündelt werden. Noch sei aber das gesamte Projekt noch in der Planungsph­ase, betonte Schragl‰Inhaber Alfred Heiß.
Die bisherigen Standorte in Bad Wörishofen (Foto) und Mindelheim sollen dann am neuen Standort Türkheim gebündelt werden. Noch sei aber das gesamte Projekt noch in der Planungsph­ase, betonte Schragl‰Inhaber Alfred Heiß.
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Alfred Heiß

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